Leni Behrendt

Leni Behrendt Staffel 4 – Liebesroman


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bin nämlich ich immer noch der Herr im Hause und kann darin aufnehmen, wen ich will. Und wenn ihr da noch so sehr Gift und Galle speit – das Mädchen bleibt! Es hat nämlich ganz genau dasselbe Recht, hier zu sein, wie ihr beiden Mißgünstigen.«

      »Na, hör mal, Papa, das ist nun wohl ein Irrtum!« widersprach Ilona aufgebracht. »Ich bin die junge Herrin hier und Thea die Tochter des Hauses…«

      »Und Silje Berledes ist die Stieftochter meines ältesten Sohnes«, klang es hart dazwischen. »Also rechtlich gesehen meine Stiefenkelin. Noch etwas?«

      »Ach, es hat ja gar keinen Zweck, mit dir darüber zu reden«, trotzte Ilona, und ihr Schwiegervater lachte grimmig.

      »Eben darum laß es gefälligst bleiben. Schweigen soll ja Gold sein, wie ein Sprichwort sagt. Also beherzigt es in allem, was Silje Berledes betrifft.«

      Damit wandte er sich dem Sohn zu, der dem allen schweigend gefolgt war.

      »Hör zu, Eike. Ich habe mich entschlossen, die junge Dame in unserem Betrieb zu beschäftigen. Und zwar zuerst einmal als Hilfe meiner Sekretärin, die eine solche gut gebrauchen kann, weil ihr die Arbeit oft zuviel wird.«

      »Mir schon recht, Vater«, entgegnete der Sohn ruhig. »Da kann die junge Dame wenigstens nichts verpatzen.«

      »Wie meinst du das?«

      »Nun, sie ist immerhin Anfängerin – und soviel ich weiß, aus ihrer Arbeitsstelle fristlos entlassen.«

      »Jetzt fängst du auch schon an!« brauste der ohnehin schon tiefgereizte Mann auf. »Warum wurde sie wohl entlassen, he? Da zuckst du natürlich mit den Schultern.«

      »Was sollte ich denn wohl sonst tun, Vater?«

      »Erst einer Sache auf den Grund gehen und dann urteilen. Fräulein Berledes wurde deshalb fristlos entlassen, weil sie die Belästigung des Juniorchefs mit einer Ohrfeige beantwortete.«

      »Woher weißt du das denn?«

      »Aus dem Abschiedsschreiben von Thomas. Und angesichts des Todes pflegt man nicht zu lügen.«

      »Dann allerdings…«

      »Na also. Und nun Schluß mit den Anfeindungen gegen das Mädchen!«

      Damit ging er hinaus, und Ilona lachte hämisch hinter ihm her.

      »Das Interesse an diesem Mädchen – na, ich will nichts gesagt haben.«

      Doch jetzt fuhr die Hausherrin, die vieles still und sanftmütig über sich ergehen ließ, denn doch empört auf.

      »Pfui, Ilona, schäm dich! Du hast einen ganz minderwertigen Charakter.«

      »Na, das ist denn doch die Höhe!« zeterte die junge Frau in den höchsten Tönen. »Und du sitzt da und läßt deine Frau

      beleidigen, mein Herr Gemahl?«

      »Verteidige dich doch, du hast ja sonst so ein gutes Mundwerk«, gab er achselzuckend zurück.

      Zuerst starrte sie ihn an, dann sprang sie auf und schrie: »Jetzt hab ich aber genug! Ich fahr zu meinen Eltern!«

      »Glückliche Reise«, wünschte der Gatte mit unerschütterlichem Gleichmut.

      Da raufte sie sich die Haare, drehte sich wie ein Wirbel um ihre eigene Achse und rannte davon.

      »Oh, mein Gott, das ist ja einfach nicht mehr zu ertragen!« jammerte Thea los. »Mit diesem Mädchen ist das Unheil unter unser Dach gekommen. Auch ich gehe – gehe mit meinem Kind hinaus in die Fremde.«

      Auch sie entschwand, aber nicht wutentbrannt wie vorhin die Schwägerin, sondern langsam, sehr wehleidig, wie gebrochen.

      Schmunzelnd wandte Eike sich an die Mutter, die verstört dasaß. »Na, Muttchen, willst du nicht auch diese Stätte der Tragik verlassen?«

      »Ach, Junge«, klagte sie. »Ich komm mir so vor, als wäre ich unter lauter Irre geraten. Hätte Vater das Mädchen doch nie hierher gebracht! Seinetwegen muß meine eigene Tochter nun das Elternhaus verlassen.«

      »Aber Muttchen, wie kannst du dich nur so einschüchtern lassen! Thea wird sich hüten, ihr Drohnendasein aufzugeben. Du kennst sie doch. Wenn sie nicht theatralisch werden kann, ist ihr nicht wohl.«

      »Leider ist es so«, seufzte die Mutter. »Und Ilona?«

      »Auch sie wird sich besinnen. Wenn nicht, mag sie gehen, daran sind wir nun wahrlich schon gewöhnt. Einige Wochen später ist sie ja doch wieder hier.«

      Nun verließ auch er das Zimmer, die Mutter folgte – und so hätte man sagen können: Die Tragikomödie ist aus, der Vorhang fällt.

      *

      Indes saß Silje in ihrem Zimmer und hatte keine Ahnung davon, welch einen Streit ihr bloßes Erscheinen unten entfacht hatte. Müde saß sie da, hatte den Arm aufs Knie gestützt, die Hand im Haar vergraben, und sann wehmütig vor sich hin. Bis Philchen eintrat, die sich in ihrem Schlafzimmer, das neben dem Siljes lag, zu schaffen gemacht hatte. Da war es aus mit der Grübelei.

      »Na, nun mal nicht so trübsinnig, mein Mädchen!« sagte sie munter. »Du wirst doch nicht so töricht sein und etwas aufgeben wollen, das noch gar nicht richtig begonnen hat! Komm, wir ziehen uns an und gehen in ein Lokal, um dort Mittag zu essen. Denn auch ich habe keine Lust mich unten an den Tisch zu setzen. Laß sie sich in die Haare kriegen, das machen wir nicht mit.«

      »Ach, Tante Philchen, es geschieht doch nur meinetwegen!«

      »Na, wenn schon. Die Gemüter werden sich schon langsam beruhigen.«

      »Es paßt mir aber nicht, hier als Eindringling betrachtet zu werden. Am liebsten ginge ich gleich auf und davon.«

      »Ei du, das wage nicht! Dein Vormund holt dich unter Garantie zurück. Der gehört nämlich nicht zu den Menschen, welche die letzte Bitte eines schon vom Tode Gezeichneten einfach ignorieren. Zumal dann nicht, wenn dieser Mensch noch sein Sohn ist, dem gegenüber er so etwas wie ein böses Gewissen hat. Also wirst du dich schon den Anordnungen deines Vormunds gutwillig fügen müssen. Wie alt bist du überhaupt?«

      »Silvester werde ich neunzehn.«

      »Ach, sieh mal an, da haben dir deine Eltern nicht den richtigen Namen gegeben. Eigentlich müßtest du Silvesta heißen.«

      Da mußte Silje denn doch lachen, so wenig ihr auch danach zumute war.

      »Ach, Tante Philchen, wenn ich dich nicht hätte!«

      »So freu dich darüber, und höre auf mich. Ich weiß nämlich in unserer lieben Familie gut Bescheid und kann dir somit ratend und helfend zur Seite stehen. Im großen und ganzen sind sie gar nicht so, die Leutchen. Sie wollen sich nur nicht unter den Willen des ›Despoten‹, wie Ilona ihren Schwiegervater zu bezeichnen beliebt, zwingen lassen und mucken auf, sofern er etwas über ihren Kopf hinweg bestimmt. Aber dann haut er mit der Faust auf den Tisch und sagt: ›Ich bin der Herr im Haus!‹ – und schon ducken sich alle wieder, weil sie viel zu feige sind, um seinem Zorn standzuhalten. Was willst du überhaupt, du dummes Ding? Geht es dir hier nicht gut?«

      »Das schon – aber ich möchte kein Gnadenbrot essen.«

      »Gnadenbrot – wenn ich das schon höre! Das ist doch eine abgedroschene Phrase. Du wirst schon hier kein Gnadenbrot essen, sondern dir dein Brot regelrecht verdienen, indem du im Betrieb deines Vormundes arbeitest. Und daß Angestellte im Hause des Chefs wohnen und auch dort verpflegt werden, der Fall ist doch gar nicht mal so selten.«

      »Meinst du, Tante Philchen, daß mein Vormund damit einverstanden sein wird, wenn ich Kost und Logis hier bezahle?«

      »Das wird er bestimmt sein. Denn er pflegt den berechtigten Stolz eines Menschen stets anzuerkennen.«

      »Hoffentlich verdiene ich so viel, um diese Unterkunft überhaupt bezahlen zu können«, wurde Silje nun wieder zaghaft. »Denn ich gab ja schon für das Zimmer bei der Pfefferkorn fünfundzwanzig Mark im Monat. Und das war an diesem hier gemessen einfach