eine Pfandleihe, und als sie sie verließen, hatte Billy eine Handvoll rasselndes Silbergeld in der Tasche.
Er war ausgelassen wie ein Schuljunge, und sie war ebenso froh und heiter wie er. Vor dem Zigarrengeschäft an der Ecke blieb er stehen, um eine Tüte Bull Durham zu kaufen, änderte aber plötzlich seinen Entschluss und kaufte statt dessen Imperialzigaretten.
»Ach, ich bin heute ganz toll«, lachte er. »Nichts ist zu gut – nicht einmal fertiggekaufte Glimmstengel. Und ich will nichts von billigen Speisehäusern oder japanischen Wirtschaften hören. Wir gehen zu Barnum.«
Sie schlenderten nach dem großen Restaurant, wo sie an ihrem Hochzeitstage gegessen hatten.
»Du kannst bestellen, wozu du Lust hast«; sagte Billy freigebig, als sie sich gesetzt hatten. »Hier gibt es Lendenbraten für einen Dollar fünfzig. Was meinst du dazu?«
»Ja«, sagte sie eifrig, »und nachher Mokka, und vorher Austern – ich möchte sie gern mit den Austern vom Rock Wall vergleichen.«
Billy las die Theateranzeigen. Dann sah er von der Zeitung auf. »Matinée in Bells Theater. Für fünfundzwanzig Cent können wir reservierte Plätze haben – Teufel auch!« Sein Ausruf war so gekränkt und erbittert, dass sie ein ganz erschrockenes Gesicht machte. »Wenn ich doch nur daran gedacht hätte«, sagte er ärgerlich, »dann hätten wir zum Essen ins Forum gehen können. Das ist das feine Restaurant, wo Burschen wie Roy Blanchard verkehren und das Geld vergeuden, für das wir anderen uns abrackern müssen.«
Sie kauften sich numerierte Plätze für Bells Theater; aber die Vorstellung begann erst etwas später, und so gingen sie den Broadway hinab und in das Electric-Theater, um sich die Zeit mit einem Film zu vertreiben. Sie sahen zuerst einen Cowboyfilm, dann ein französisches Lustspiel, und dann kam ein ländliches Drama, das im Mittelwesten spielte. Es begann mit einer Szene in einem Bauernhof. Die Sonne schien warm auf die Ecke einer Scheune und einen Zaun, während der Boden von großen Bäumen beschattet wurde. Da waren Hühner und Enten und Truthähne, die auf dem Hofe scharrten und herumwatschelten. Eine große Sau marschierte, von einem prächtigen Wurf sieben kleiner Ferkel gefolgt, majestätisch durch den Kükenschwarm, dass er beiseite stob, während die Hühner sich an den Ferkelchen rächten und nach ihnen hackten, sobald sie sich von ihrer Mutter entfernten. Und hinter dem Zaun stand ein Pferd, das schlaff und schläfrig zusah, und hin und wieder, in gleichmäßigen Zwischenräumen, träge mit dem Schweif schlug.
»Es ist ein warmer Tag, da sind Fliegen – merkst du?« flüsterte Saxon.
»Gewiss. Und der Pferdeschweif! Das ist das lebendigste, was man sich vorstellen kann.«
Jetzt kam ein Hund auf die Szene. Die Muttersau machte kehrt und verschwand mit lächerlichen kurzen Sprüngen in Begleitung ihrer Nachkommenschaft, eifrig verfolgt von dem Hunde. Ein junges Mädchen erschien. Ein breitrandiger Strohhut hing ihr im Nacken, und die Schürze war vorn aufgesteckt und voller Körner für das unruhige Federvieh. Tauben flogen vom Bildrand herab und schlossen sich dem geschäftigen Schwarm an, und alle stritten sich um ihren Anteil am Futter. Der Hund kam wieder und drängte sich durch die gefiederten Geschöpfe hindurch zu dem jungen Mädchen, das er, mit der Rute wedelnd, anlachte. Und dahinter stand das Pferd, nickte über den Zaun und schlug mit dem Schweif.
Ein junger Mann erschien, und das Publikum wusste gleich, was er wollte. Aber Saxon hatte keinen Sinn für die Liebesszene, für die leidenschaftlichen Bitten des jungen Mannes und die schamhafte Zurückhaltung des jungen Mädchens. Ihr Blick suchte immer wieder die Küken, die Sonne und die Schattenflecken unter den Bäumen, die sonnenbeschienene Scheunenmauer und das schläfrige Pferd, das mit dem Schweif schlug.
Sie schmiegte sich enger an Billy, und ihre Hand, die sie unter seinen Arm gesteckt hatte, suchte die seine.
»Ach, Billy«, seufzte sie. »Ich würde vor Freude sterben, wenn ich an einem solchen Ort wohnen könnte.« Und als der Film zu Ende war, sagte sie: »Wir haben noch sehr viel Zeit, ehe das Theater anfängt. Lass uns bleiben und den Bauernhof noch einmal sehen.«
Sie blieben sitzen und sahen die ganze Vorstellung noch einmal, und als sie zu der Szene im Bauernhof kamen, wurde Saxon immer begeisterter, je länger sie sie sah. Diesmal erfasste sie noch mehr Einzelheiten. Sie sah die Felder um den Hof, die wellenförmigen Hügel im Hintergrund, den bewölkten Himmel. Sie erkannte einige von den Hühnern wieder, namentlich ein altes, aufsässiges Huhn, das böse war, weil die Sau es mit ihrem Rüssel fortschob. Saxon ließ den Blick wieder über die Felder bis zu den Höhen und zum Himmel schweifen und atmete den großen, freien Raum und die Zufriedenheit ein, die darüber ruhte. Ihre Augen füllten sich mit Tränen, und sie weinte still vor lauter Freude.
»Und jetzt weiß ich auch, wo wir hinwollen, wenn wir Oakland verlassen«, sagte sie.
»Wohin denn?«
»Dorthin.«
Er sah sie an und folgte dann der Richtung ihres Blicks, der sich immer noch auf die Leinwand heftete.
»So«, sagte er und fügte nach kurzem Bedenken hinzu: »Nun ja, warum nicht?«
»Ach, Billy willst du wirklich?«
Ihre Lippen bebten, so eifrig war sie, und ihre Stimme zitterte so stark, dass er ihr leises Flüstern kaum hören konnte.
»Aber gewiss«, sagte er. Es war ihr großer Tag, und er wollte mit königlicher Freigebigkeit schenken. »Was du dir wünschst, sollst du haben, und wenn ich mir die Nägel von den Fingern arbeiten muss, um es dir zu geben. Und ich habe selbst immer große Lust gehabt, auf dem Lande zu wohnen.«
*
Es war früh am Abend, als sie an der Ecke der Pine Street auf dem Heimweg vom Bell Theater aus der Straßenbahn stiegen. Zuerst machten sie gemeinsam Einkäufe, und dann trennten sie sich an der Ecke – Saxon sollte heimgehen und das Abendessen bereiten, und Billy wollte nach den Kameraden, den streikenden Fuhrleuten, sehen, die in dem Monat, den er aus allem herausgewesen war, getreulich weitergekämpft hatten.
»Nimm dich in acht, Billy«, rief sie ihm nach.
»Gewiss«, sagte er und blickte zurück.
Ihr Herz klopfte heftig, als sie sein Lächeln sah. Das war das alte, unbefleckte, verliebte Lächeln, das sie stets auf seinem Gesicht zu sehen gewünscht, das Lächeln, das sich zu bewahren, sie – bewaffnet mit ihrem eigenen Wissen und dem, das Mercedes ihr geschenkt hatte – bis zum äußersten kämpfen wollte. Der Gedanke hieran flog ihr durch den Kopf, und mit einem stolzen kleinen Lächeln erinnerte sie sich all der hübschen kleinen Dinge, die sie daheim im