in den Spalt, und die Strömung riss ihre Körper mit solcher Kraft mit, dass sie auch den Leithund ins Wasser zogen. Und als die drei Körper unter der Eiskruste den Strom hinabgezogen wurden, wurden auch die beiden letzten winselnden Hunde, die noch übriggeblieben waren, fortgerissen. Die Männer hielten aus allen Kräften den Schlitten zurück, aber auch sie wurden langsam mitgezogen. Das alles spielte sich im Laufe weniger Sekunden ab. Daw durchschnitt die Sielen des letzten Hundes mit seinem Fahrtenmesser, und das unglückliche Tier schoss über den Eisrand ins Wasser und verschwand. Die Eisfläche, auf der sie standen, zerbrach und wurde zu einer großen, rotierenden Scholle, die gegen das Eis und die Klippen am Ufer geschleudert und dort zersplittert wurde. Aber es gelang ihnen doch noch, den Schlitten ans Land zu ziehen und in Sicherheit zu bringen, unmittelbar bevor die Eisscholle, auf der sie gestanden hatten, umkippte, sank und unter dem Packeis aus ihrem Gesichtskreis verschwand.
Aus Fleisch und Schlafsäcken machten sie jetzt große Bündel und ließen den Schlitten zurück. Linday ärgerte sich, dass Daw das größere Bündel nahm, aber Daw setzte seinen Willen durch.
»Sie müssen, sobald wir da sind, an die Arbeit. Nur weiter!«
Es war gegen ein Uhr nachmittags, als sie zu klettern begannen. Um acht Uhr abends hatten sie den Kamm erreicht, und die nächste halbe Stunde blieben sie liegen, wo sie hingesunken waren. Dann machten sie Feuer, setzten den Kaffeetopf auf und verschlangen eine ungeheure Menge Elchfleisch. Vorher aber hatte Linday die beiden Bündel gehoben und dabei festgestellt, dass das seine um die Hälfte leichter war als dasjenige Daws.
»Sie sind aus Eisen, Daw«, sagte er bewundernd.
»Wer? Ich – Quatsch! Da sollen Sie Rocky erst sehen. Er ist aus Platin gemacht, eine Panzerplatte, das pure Gold und alles, was es an Stärke und Kraft gibt. Ich bin Gebirgler, aber er schlägt mich glatt knockout. In Curry County pflegte ich die anderen Burschen totzulaufen, wenn wir auf die Bärenjagd gingen. Und als ich Rocky auf unsere erste gemeinsame Jagd mitnahm, dachte ich mir wunder, was ich ihm zeigen würde. Ich gebrauchte meine Beine, kann ich Ihnen sagen, und hielt mich fast die ganze Zeit neben den Hunden, aber Rocky war mir immer auf den Fersen. Ich wusste, dass er auf diese Weise noch durchhalten würde. Ich legte mich deshalb noch mehr ins Geschirr und tat mein Allerbestes. Als aber eine weitere Stunde vergangen war, war er noch immer da und trat mir auf die Fersen. Es war zum Knochenkotzen! ›Vielleicht willst du lieber vorangehen und mir das Laufen beibringen‹, sagte ich zu ihm. Und das tat er, so wahr ich hier stehe. Ich konnte natürlich Schritt mit ihm halten. Aber ich gestehe Ihnen gern, dass ich, als wir den Bären schließlich gestellt hatten, ganz ausgepumpt war.
Es gibt nichts, was den Mann halten kann. Angst kennt er nicht. Letzten Herbst waren wir beide nach dem Lager unterwegs. Es war um die Dämmerung vor Beginn der Schneeschmelze. Ich hatte alle meine Patronen verbraucht – wir hatten Schneehühner geschossen –, aber er hatte noch eine in seiner Kammer. Und die Hunde witterten eine Bärin. Eine kleine freilich. Sie hatte nur ein Gewicht von dreihundert Pfund, aber Sie wissen ja, wie Grizzlybären sind. ›Tu es lieber nicht‹, sagte ich, als er anlegte. ›Du hast nur den einen Schuss, und es ist zu dunkel, um ordentlich zielen zu können.‹
›Kannst ja auf einen Baum klettern‹, sagte er. Das tat ich natürlich nicht; als der Bär aber mitten in die Hunde hineinsauste und mit den Vordertatzen herumfuchtelte, da – das kann ich Ihnen sagen – guckte ich mich doch nach einem ordentlichen Baum um. Es gab eine nette Bescherung! Es ging natürlich gleich schief. Der Bär rutschte den Hang hinunter bis zu einem dicken Baumstumpf. Auf der Rückseite war der vielleicht vier Fuß hoch und ganz senkrecht. Von dort aus konnten die Hunde nicht an den Bären heran. Vorn war ein schroffer Kiesabhang, und über den rutschten die Hunde dem Bären direkt in die Arme. Zurück konnten sie nicht mehr, und das Biest hatte daher nichts anderes zu tun, als sie sich einen nach dem anderen, so schnell sie kamen, vorzunehmen. Und dabei war es im dichten Busch und begann schon verdammt dunkel zu werden, und wir hatten keine Patronen …
Und was, glauben Sie, tat Rocky? Er ging von hinten heran, hob die Hand mit dem Messer über den Baumstumpf und stach von dort auf das Tier los. Aber er konnte ja nur den Rücken erreichen, und inzwischen wurden die Hunde eins, zwei, drei erledigt. Rocky wurde wild. Es passte ihm nicht, dass seine Hunde so behandelt wurden. Er sprang auf den Baumstumpf, packte den Bären am Pelz und zog das Biest nach hinten über den Stumpf … und dann rutschten sie alle zusammen, in einem wüsten Haufen, den Hang hinunter – Hunde und Bär und Rocky, mindestens zwanzig Fuß tief, rutschten und glitten, plumps, in den Fluss, der zehn Fuß tief war. Jeder von ihnen schwamm schleunigst seiner Wege. Na, den Bären kriegte er also nicht, aber er rettete doch jedenfalls die Hunde. So ist Rocky. Wenn der erst mal losgeht, ist er nicht zu halten.«
Als sie das nächste Mal lagerten, erfuhr Doktor Linday, wie Rocky verwundet worden war.
»Ich war ein Stück gegangen – ungefähr eine Meile von unserer Hütte, um mir eine Birke auszusuchen, die ich für einen Axtstiel verwenden konnte. Als ich zurückkam, hörte ich schon aus der Ferne einen wilden Radau von der Stelle, wo wir eine Bärenfalle aufgestellt hatten. Irgendein Jäger hatte die Falle in einem alten Versteck zurückgelassen, Rocky hatte sie dort gefunden und wieder aufgestellt. Aber einen Radau machten sie jetzt – es waren Rocky und sein Bruder Harry! Zuerst hörte ich den einen brüllen und lachen und dann den anderen, als sei es ein Spiel. Und worin, glauben Sie, bestand das verrückte Spiel? Ich habe viele verfluchte Streiche in Curry County erlebt, aber das war doch das tollste Stück! Sie hatten einen riesigen Panther in der Falle gefangen, und jetzt schlugen sie dem Biest abwechselnd mit einem leichten Stock über die Schnauze. Aber das nicht allein! Ich kam gerade rechtzeitig, um Harry schlagen zu sehen. Als er es getan hatte, schnitt er mit seinem Messer sechs Zoll von dem Stock ab und gab ihn dann Rocky. Sie verstehen: Sie verkürzten den Stock nach jedem Schlage. Das ist nicht ganz so einfach, wie Sie es sich vielleicht denken. Der Panther krümmte sich, schnellte dann vor, fauchte und zischte und war mörderisch gewandt, wenn es galt, dem Stock zu entgehen. Er wurde an dem einen Hinterbein festgehalten, was ganz lächerlich aussah, aber sich krümmen und vorwärtsschnellen, das konnte er, das kann ich Ihnen sagen. Das Ganze war ja nur ein Spiel, um zu zeigen, wie tollkühn sie waren. Und der Stock wurde immer kürzer und der Panther immer wilder. Schließlich war kein Stock mehr da, nur ein kleines Stäbchen, kaum vier Zoll lang. Und jetzt war die Reihe zu schlagen an Rocky. ›Lass es lieber‹, sagte Harry. ›Warum denn?‹ fragte Rocky. ›Weil kein Stock mehr für mich übrigbleibt, wenn du geschlagen hast‹, antwortete Harry. ›Dann brauchst du ja nur aufzugeben, und ich habe gewonnen‹, sagte Rocky und lachte und ging auf den Panther los.
Und ich möchte, beim lebendigen Gott, nicht zum zweiten Male so etwas mit ansehen. Die Katze krümmte