Джек Лондон

Gesammelte Werke


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bat mich drin­gend, auf kei­nen Fall zu sa­gen, wie es zu­ge­gan­gen war.«

      »Ist er ver­rückt?« frag­te Lin­day in sei­nem ge­rech­ten Zorn.

      »Sie sind bei­de ver­rückt. Er und sein Bru­der het­zen sich ge­gen­sei­tig im­mer in die tolls­ten Ge­schich­ten hin­ein. Vor nichts schre­cken sie zu­rück. Und sie ist bei­na­he eben­so toll. Kennt kei­ne Furcht, wenn es sie sel­ber gilt. Sie tut al­les, wenn Rocky es ihr nur er­laubt. Aber er ist in die­ser Be­zie­hung mäch­tig vor­sich­tig und be­dacht­sam. Be­han­delt sie wie eine Kö­ni­gin. Sie darf nicht die ge­rings­te La­ger­ar­beit tun. Des­halb ha­ben sie mich und noch einen für gu­tes Geld en­ga­giert. Geld ha­ben sie über­haupt schef­fel­wei­se und schmei­ßen es bei­de mit vol­len Hän­den hin­aus. ›Sieht aus, als ob die Jagd hier gut sein wür­de‹, sag­te Rocky, als sie im letz­ten Herbst in die­se Ge­gend ka­men. ›Dann wol­len wir hier un­ser La­ger auf­schla­gen‹, er­klär­te Har­ry. Und ich hat­te im­mer ge­glaubt, dass sie Gold such­ten! Den gan­zen Win­ter ha­ben sie nicht ein ein­zi­ges Mal eine Gold­pfan­ne aus­ge­wa­schen.«

      Lin­days Zorn wur­de noch grö­ßer durch die­sen Be­richt.

      »Für Ver­rück­te hab’ ich nichts üb­rig«, sag­te er. »Ich wür­de glatt um­keh­ren, und wenn man mir nur zwei Cent gäbe.«

      »Nein, das wür­den Sie nicht tun«, ver­si­cher­te Daw ihm ver­trau­lich. »Sie ha­ben nicht Le­bens­mit­tel ge­nug, um um­zu­keh­ren, und mor­gen sind wir schon da. Wir brau­chen nur noch die letz­te Was­ser­schei­de zu über­que­ren und rut­schen dann di­rekt in die Hüt­te hin­ein. Und au­ßer­dem gib­t’s noch einen bes­se­ren Grund. Sie sind viel zu weit von Hau­se weg, und ich wür­de Sie auch gar nicht um­keh­ren las­sen.«

      So er­schöpft Lin­day auch war, zeig­te das Fun­keln der schwar­zen Au­gen Daw den­noch, dass er zu weit ge­gan­gen war. Er streck­te die Hand aus.

      »Es war dumm von mir, Dok­tor. Ver­ges­sen Sie es, bit­te. Ich glau­be, der Ver­lust der Hun­de hat mir die Lau­ne ver­dor­ben.«

      Nicht am nächs­ten, son­dern erst am vier­ten Tage schrit­ten die bei­den Män­ner, die auf den Ber­gen von ei­nem Schnee­sturm über­fal­len wor­den wa­ren, zur Hüt­te hin­ab, die in ei­nem frucht­ba­ren Tal am Ufer des brül­len­den Klei­nen Peco stand. Als sie aus dem grel­len Son­nen­schein in den dunklen Raum tra­ten, konn­te Lin­day zu­nächst nur we­nig von ih­ren Be­woh­nern se­hen. Das ein­zi­ge, was er er­kann­te, war, dass zwei Män­ner und eine Frau drin­nen wa­ren. Er in­ter­es­sier­te sich nicht für sie. Er trat so­fort an das Bett, in dem der Ver­wun­de­te un­ter­ge­bracht war. Er lag auf dem Rücken, und sei­ne Au­gen wa­ren ge­schlos­sen. Aber Lin­day be­merk­te gleich den fei­nen Schwung der Au­gen­brau­en und den sei­di­gen Glanz des leicht ge­well­ten brau­nen Haa­res. Das Ge­sicht war ein­ge­fal­len und fahl und schi­en zu klein für den mus­ku­lö­sen Hals, aber trotz dem elen­den Zu­stand, in dem der Mann sich be­fand, sah man, dass die fei­nen Züge fest und ener­gisch wa­ren.

      »Wo­mit ha­ben Sie des­in­fi­ziert?« frag­te Lin­day die Frau.

      »Mit Sub­li­mat, nor­ma­le Lö­sung«, lau­te­te die Ant­wort.

      Er warf ihr einen schnel­len Blick zu. Dann einen noch schnel­le­ren auf den Ver­wun­de­ten. Er blieb ste­hen, ohne sich zu rüh­ren. Die Frau at­me­te schwer, nahm sich aber dann mit ei­ner star­ken Wil­lens­an­span­nung zu­sam­men und hielt den Atem an. Lin­day wand­te sich zu den Män­nern.

      »Geht hin­aus – schlagt Holz, oder tut, was ihr sonst wollt! Ver­schwin­det!«

      Ei­ner von ih­nen murr­te.

      »Es ist ein erns­ter Fall«, fuhr Lin­day fort. »Ich wün­sche mit sei­ner Frau al­lein zu spre­chen.«

      »Ich bin aber sein Bru­der«, sag­te der, wel­cher ge­murrt hat­te. Die Frau warf ihm einen bit­ten­den Blick zu. Er nick­te un­wil­lig und ging zur Tür.

      »Ich auch?« frag­te Daw von der Bank, wo er sich so­eben hin­ge­wor­fen hat­te.

      »Sie auch.«

      Um sich, wäh­rend die an­de­ren den Raum ver­lie­ßen, zu be­schäf­ti­gen, un­ter­warf Lin­day den Ver­wun­de­ten ei­ner ober­fläch­li­chen Un­ter­su­chung.

      »Nun«, sag­te er, »das ist also dein Rex Strang …« Sie senk­te den Blick und sah den Mann im Bett an, als ob sie sich noch ein­mal sei­ner Iden­ti­tät ver­ge­wis­sern woll­te. Dann blick­te sie Lin­day stumm in die Au­gen.

      »Wa­rum sagst du nichts?«

      Sie zuck­te die Ach­seln. »Wa­rum soll ich et­was sa­gen? Du weißt ja, dass es Rex Strang ist.«

      »Ich dan­ke. Im üb­ri­gen muss ich dich wohl dar­an er­in­nern, dass ich Rex Strang heu­te zum ers­ten Mal sehe. Setz dich.« Er wies auf einen Stuhl, wäh­rend er selbst auf der Bank am Fens­ter Platz nahm.

      »Ich bin wirk­lich ein biss­chen lan­ge un­ter­wegs ge­we­sen, weißt du. Es ist eben kein Sonn­tags­spa­zier­gang vom Yu­kon hier­her.«

      Er nahm sein Fe­der­mes­ser her­aus und be­gann sich einen Dorn aus dem Dau­men zu zie­hen.

      »Was willst du ma­chen?« frag­te sie, nach­dem sie eine Mi­nu­te ver­ge­bens ge­war­tet hat­te.

      »Es­sen und mich aus­ru­hen, be­vor ich zu­rück­ge­he.«

      »Und was willst du mit …« Sie zeig­te mit dem Kopf nach dem be­wusst­lo­sen Mann im Bett.

      »Gar nichts.«

      Sie trat an das Bett und leg­te ihre Hand lei­se auf das lo­cki­ge Haar.

      »Du willst ihn also tö­ten«, sag­te sie lang­sam. »Ihn tö­ten, in­dem du nichts tust – denn du kannst ihn ret­ten, wenn du willst.«

      »Mei­net­we­gen kannst du es so auf­fas­sen.« Er über­leg­te einen Au­gen­blick und be­kräf­tig­te dann sei­nen Ge­dan­ken durch ein bar­sches Lä­cheln. »Seit un­denk­li­chen Zei­ten war es in die­ser bö­sen al­ten Welt Brauch, Män­ner so zu be­han­deln, die an­de­ren ihre Frau­en steh­len.«

      »Du bist un­ge­recht, Grant«, ant­wor­te­te sie sanft. »Du ver­gisst ganz, dass ich ihm frei­wil­lig folg­te, dass ich selbst den Wunsch hat­te zu ge­hen. Ich han­del­te selbst­stän­dig. Rex hat mich nie ge­stoh­len. Du hat­test mich ver­lo­ren. Ich ging mit ihm, frei­wil­lig und freu­dig, ein Lied auf den Lip­pen. Eben­so gut kannst du mich an­kla­gen, ihn ge­stoh­len zu ha­ben. Wir gin­gen zu­sam­men.«

      »Eine ori­gi­nel­le und be­que­me Art, die Sa­che zu be­trach­ten«, räum­te Lin­day ein. »Ich sehe, du denkst noch eben­so scharf­sin­nig wie frü­her, Mad­ge. Das muss ihm manch­mal ein biss­chen un­be­quem sein.«

      »Wer gut denkt, kann auch gut lie­ben …«

      »Je­den­falls nicht so tö­richt«, un­ter­brach er sie.

      »Dann räumst du also ein, dass ich klug ge­han­delt habe.«

      Er hob ent­rüs­tet die Hän­de. »Das ist ja eben das Ver­fluch­te, dass man mit ge­schei­ten Frau­en nicht re­den kann. Ein Mann ver­gisst sich stets und geht in sei­ne ei­ge­ne Fal­le. Ich wür­de mich nicht wun­dern, wenn du ihn durch eine lo­gi­sche Schluss­fol­ge­rung er­obert hät­test.«

      Die ein­zi­ge Ant­wort, die er be­kam, war eine An­deu­tung von Lä­cheln in den kla­ren, of­fen bli­cken­den blau­en Au­gen. Ihr gan­zes