Ödön von Horváth

Die wichtigsten Dramen von Ödön von Horváth


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Sache! Ich habe einen inneren Feind!

      MÜLLER

      Legt an! Feuer!

      STRASSER

      Rührt euch! Was soll ich tun? Stille.

      EMANUEL

      Wenn ich raten soll, so muß ich erzählen, wie es bei uns Sitte war. Wir haben seinerzeit auf der Universität zwei Kommilitonen vor dem Alimentenzahlen gerettet. Den Grafen Hochschlegel und den Baron Krottenkopf, bleibt natürlich unter uns – Der Hochschlegel Franzi ist verwandt mit dem Kohlenmagnaten, und der Krottenkopf ist der bekannteste Rennstall, Sie spielen ja auch, kurzum: die hatten je eine Liaison mit Folgen, und da haben wir sie gerettet, indem wir klipp und klar behaupteten, wir hätten auch etwas mit den Mädels gehabt. Sie verstehen mich? Etwas stimmt ja immer. Das Leben ist zu eintönig, um nicht zu sagen: langweilig –

      MAX

      unterbricht ihn: Sie, das ist Meineid!

      KARL

      Quatsch!

      EMANUEL

      Ach, es kam ja gar nicht vor Gericht! Wir haben sie schon derart eingeschüchtert. Der einen haben wir mit der Kontrolle gedroht!

      MÜLLER

      Da hat sie aber zum Rückzug geblasen! Fluchtartig, was?

      EMANUEL

      Na! Davor haben diese kleinen Mäuschen nämlich Höllenangst. – Später hörte ich, daß die andere ihr Kind umgebracht hätte –

      ADA

      unterbricht ihn: Nur nicht unappetitlich werden.

      EMANUEL

      Du hast eine rege Phantasie.

      MÜLLER

      Man könnte doch ruhig einige Millionen Menschen vernichten! Wir haben ja Übervölkerung, nicht?

      KARL

      Wo man hintritt, schnauft ein Mensch.

      MÜLLER

      Wir brauchen einen neuen Krieg. Und Kolonien!

      STRASSER

      Ich verzichte auf Kolonien! Die kann ja jeden Augenblick herunter, hierher – sie wollte sich nur die Händchen waschen, und dann will sie die Leitung übernehmen, die Leitung!

      Stille.

      EMANUEL

      sieht sich um; flüstert: So etwas muß genau besprochen, daß keiner aus der Rolle fällt, und das Stichwort – Das war damals Theater, ein richtiges Theater, vom Krottenkopf raffiniert einstudiert, ich wundere mich noch heute über unser Talent! – Freilich Sie! Sie als anerkannter Mime – Sie müssen berücksichtigen, daß wir nur Laien – Pst! Sonst zerstört uns noch jemand die Komödie – Er erklärt unhörbar.

       Alle stecken die Köpfe zusammen. Beratung.

       Karl räuspert sich.

      MAX

      Wo?

      Beratung.

      Wann?

      Beratung.

      Was?

      Beratung.

      Wieso? In die Finsternis?

      STRASSER

      Jaja!

       Ada nickt begeistert; wirft den Kopf in den Nacken; lacht lautlos.

       Beratung.

       Müller lacht kurz auf und schlägt sich auf den Schenkel.

       Alle erheben sich.

      EMANUEL

      gedämpft: So. Und dann alle fort, nur der bleibt zurück.

      MAX

      hat den Finger in der Nase: Ich?

      STRASSER

      Frag nicht so untalentiert!

       Alle Gläser und Flaschen kommen auf den weißgedeckten Tisch, der lautlos in den finsteren Hintergrund geschafft wird.

      ADA

      zu Emanuel: Talentiert! Bubi, du bist ja ein Genie! Dir gebührt das ewige Leben!

      EMANUEL

      Vergiß nicht, daß ich zum Tode verurteilt bin, daß ich punkt fünf Uhr früh geköpft werde.

      ADA

      Dieser Galgenhumor! Wenn es ein charmanter Henker ist, so will ich ihn bestechen.

      EMANUEL

      Ada!

      KARL

      zu Emanuel: Ruhe!

      ADA

      zu Emanuel: Du Sensation!

      MÜLLER

      zu Strasser: Einen Augenblick! Wo hat die das Muttermal?

      STRASSER

      Schräg rechts.

      MÜLLER

      Von mir aus oder von ihr aus?

      STRASSER

      Von uns aus.

       Karl verschwindet.

      ADA

      zu Müller: Herr Generaldirektor!

      MÜLLER

      Baronin!

      ADA

      lächelt: Werden Sie sich in Ihre Rolle hineinleben können?

      MÜLLER

      Hineinknien, Baronin! In alles, was ich anfasse, knie ich mich hinein!

      ADA

      Sympathisch –

       Müller reicht ihr den Arm.

      Ada hängt sich ein. Die echten Männer sterben nämlich aus, Herr Generaldirektor.

       Müller schlägt einigemal die Hacken zusammen; ab mit Ada in den Hintergrund.

       Emanuel folgt ihnen.

       Strasser will auch ab.

      MAX

      Halt! – Ich tu nicht mit.

      STRASSER

      unterdrückt: Bist du wahnsinnig geworden?!

      MAX

      Nein, aber ich habe schon einmal geschworen – und ich fürchte, ich werde wieder schwören müssen. Schwörst du mir, daß ich nicht wieder schwören muß?

       Christine erscheint.

      Strasser erblickt sie; setzt sich.

      CHRISTINE

      Ich dachte, du würdest mich holen, ich habe am Zimmer gewartet. Du weißt doch, daß ich mich fürchte: allein durch so dunkle Treppenhäuser.

      STRASSER

      Nein, das weiß ich nicht.

      CHRISTINE

      Ich habe es dir doch zuvor gesagt, und du hast es schon vergessen?

      STRASSER

      Ich habe ein ganzes Hotel im Kopf. Er erhebt sich. Hast du dich sehr gefürchtet? Ich meine, du bist doch nun allein – Stille.

      CHRISTINE

      Warum bist du nicht gekommen?

      STRASSER