Günter Dönges

Butler Parker Jubiläumsbox 7 – Kriminalroman


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Sie Calderhan gefaßt? Er ist der Boß der Gangster.«

      »Sieht nicht danach aus«, sagte Criswood. »Miß Malone hat die Gangster identifiziert, soweit sie’s konnte. Calderhan war nicht darunter.«

      »Das ist ungemein bedauerlich«, sagte Parker. »Darf ich mir die Frage erlauben, wie Sie auf die Insel gekommen sind, Sir?«

      »Moment, erst wollen wir mal die Suche nach Calderhan organisieren«, meinte Criswood. Er wandte sich an die übrigen Zivilisten und erteilte ihnen Weisungen, woraufhin sie die Palmstammhütte verließen.

      Judy Malone betrat die Hütte. Sie winkte Parker lächelnd zu. Sie sah heil und unversehrt aus.

      »Meine Kollegen kamen gerade richtig«, sagte sie dann.

      »Womit ich wieder bei meiner unziemlich neugierigen Frage bin«, sagte der Butler.

      »Wir sind von einem U-Boot hergebracht und ausgesetzt worden«, berichtete Criswood. »Bis auf die Landung verlief alles glatt. Sie wissen doch, daß Sie den Peilsender in Betrieb gesetzt hatten, oder?«

      »Das könnte man eine durchaus prompte Bedienung nennen«, gab der Butler zurück. »Damit dürfte die ›Insel der Haie und Schatzsuchen nicht mehr existieren.«

      »Sie haben vergessen, von den A-Geschossen zu sprechen.«

      »Sie befinden sich hier in einem provisorischen Keller«, erwiderte der Butler und deutete auf die Bohlen.

      »Lassen Sie mich nachsehen«, gab Criswood zurück. »Ich muß wissen, woran wir sind!«

      Während er in die Grube stieg, wandte Parker sich an Judy Malone und nickte ihr würdevoll zu.

      »Ich möchte mich noch nachträglich für Ihre Aktion bedanken«, sagte er.

      »Ich hatte fürchterliche Angst«, gestand sie.

      »Denken Sie bitte nicht mehr daran«, bat der Butler freundlich. »Jetzt ist ja alles überstanden.«

      »In jeder Beziehung«, gab sie mit überraschend leiser Stimme zurück und senkte den Kopf.

      Parker verstand.

      »Clive Hilton?« fragte er leise und bedauernd.

      »Clive«, gab sie zurück. »Wir haben ihn in einem Gebüsch an der Innenlagune gefunden. Er ist erschossen worden.«

      »Von wem?«

      »Clem und Andy schieben sich gegenseitig diesen Mord in die Schuhe. Aber einer von ihnen hat es getan.«

      »Wo sind sie jetzt?«

      »Bei den übrigen Gangstern, die bisher festgesetzt wurden. Aber sie waren nur das Werkzeug, der wirkliche Mörder heißt Calderhan!«

      »Auch ihn wird man finden«, sagte Parker. »Er verfügt schließlich nicht wie die CIA-Agenten über ein U-Boot, um die Insel zu verlassen. Man wird ihn nach dem Abflauen des Sturms finden, dessen bin ich sicher.«

      In diesem Augenblick kam Criswood aus der Grube, wo er sich mit den schmalen, rechteckigen Holzkisten befaßt hatte.

      »Hat mein Geigerzähler mich nun getäuscht oder nicht?« wollte Parker wissen.

      »Das Ding hat richtig angezeigt.« Criswood sah dennoch nicht sehr begeistert aus.

      »Sie sind nicht zufrieden, Sir?« wollte der Butler wissen.

      »Wie man s nimmt«, entgegnete der CIA-Agent. »Vier A-Geschosse wurden gestohlen, nicht wahr?«

      »Durchaus richtig, Sir, falls man mich richtig informiert hat.«

      »Man hat Sie richtig informiert, Parker, aber in der Grube befinden sich nur drei A-Geschosse!«

      »Fehlt nach Adam Riese, wenn ich diesen bedeutenden Mathematiktheoretiker richtig zitiere, eine Bombe, nicht wahr?«

      »Stimmt, Parker... Ein A-Geschoß fehlt...! Und ich möchte wissen, wo dieses verdammte Ding geblieben ist. Wenn wir es nicht finden, geht das verdammte Theater weiter. Dann kann Calderhan uns weiterhin Unter Druck setzen!«

      *

      »Mister Criswoods Verdacht hat sich leider bestätigt«, sagte Parker anderthalb Tage später, als er seinem jungen Herrn Bericht erstattete. Parker befand sich in Key West, genauer gesagt, im Krankenzimmer von Mike Rander.

      »Demnach sind Calderhan und ein A-Geschoß noch unterwegs«, meinte Anwalt Rander nachdenklich. »Das ist eine Nuß, die nur schwer zu knacken ist. Hat man von Calderhan keine Spur gefunden?«

      »Er muß die Insel noch während des Sturms im Schlauchboot verlassen haben«, berichtete der Butler. »Ob er noch lebt, steht auf einem anderen Blatt, wie es so treffend heißt. Calderhan kann auch durchaus im Sturm umgekommen sein.«

      »Rechnen wir besser damit, daß er noch lebt«, sagte Mike Rander. »Das würde bedeuten, daß er hier auf dem Festland über ein A-Geschoß verfügt.«

      »Ich erlaube mir, Sir, Ihre Ansicht zu teilen«, erwiderte der Butler. »Die Herren der CIA sind übrigens auch dieser Ansicht. Schon aus Gründen der Sicherheit.«

      »Aber wo, zum Henker, soll man denn nach Calderhan suchen?« Mike Rander richtete sich im Bett etwas auf und bettete sein eingegipstes Bein neu.

      »Im Augenblick wüßte ich nicht, wo man den berühmten, sprichwörtlichen Hebel ansetzen sollte«, meinte auch Parker. »Die beiden Vertrauten Calderhans, Sir, Andy und Clem, schweigen sich aus. Sie wollen angeblich von nichts wissen. Die übrigen Gangster sind uninteressant, zumal sie eigentlich nur Handlanger ihres Chefs waren.«

      »Was sagt Criswood?« wollte Mike Rander wissen.

      »Er läßt das Seegebiet zwischen den Bermudas und Key West nach Mr. Calderhans Leiche absuchen. Sicherheitshalber ist eine genaue Personenbeschreibung an alle Behörden gegangen. Zusätzlich dazu auch einige Fotos, die ich von Mr. Calderhan machen konnte. Vielleicht kann man ihn auf diesem gewöhnlichen Weg doch noch finden.«

      »Falls er lebt«, warf Rander ein.

      »Falls er überhaupt noch lebt«, sagte auch Parker. »Die Erfahrung spricht dafür, daß er die Fahrt im Schlauchboot während des Sturms nicht überstanden hat.«

      Die Unterhaltung wurde unterbrochen.

      Stew Criswood, der CIA-Agent, betrat das Krankenzimmer, grüßte nur flüchtig und ließ sich dann am Fußende des Bettes nieder.

      »Neue Nachrichten«, sagte er dann.

      »Ob Sie s glauben oder nicht: Calderhans Leiche ist gefunden worden. Seeaufklärungsflugzeuge haben sie gesichtet und geborgen.«

      »Sind Sie sicher, daß es sich um Calderhan handelt?« fragte Mike Rander zweifelnd.

      »Sieht so aus«, gab Criswood zurück. Er lehnte sich zurück und zündete sich eine Zigarette an. »Jetzt brauchen wir nur noch dieses verdammte A-Geschoß zu suchen.«

      »Vielleicht ist es zusammen mit Calderhan aus dem Schlauchboot gekippt, Criswood«, sagte Rander optimistisch.

      »Das wäre die beste Lösung«, erwiderte Criswood. »Dann kann es kein Unheil anstiften. Wie denken Sie darüber, Parker?«

      »Ich werde mir erlauben, meinen Urlaub zu nehmen, der mir tariflich zusteht«, erwiderte der Butler; seinem jungen Herrn einen schnellen Blick zuwerfend. »Ich möchte mich von den Strapazen etwas erholen.«

      Rander, der seinen Butler nur zu gut kannte, hatte genug gehört. Jetzt wußte er, daß Parker nach wie vor mit Calderhan und mit dem A-Geschoß rechnete. Jetzt wußte er, daß der Butler sich ohne Verzug wieder einmal auf den Kriegspfad begeben würde. Und zusätzlich ahnte Mike Rander, daß der Butler eine Spur kannte, die von der CIA bisher übersehen wurde, oder überhaupt noch unbekannt war.

      Rander seufzte.

      Er ahnte, daß ihm wieder einmal einige aufregende Wochen bevorstanden, ob sein Bein nun eingegipst war oder nicht...!