meinen...?« Parker sah hoch und musterte den jungen, elegant gekleideten Mann, dessen scharfgeschnittenes Gesicht tiefgebräunt war.
»Sie sind doch Ployers, oder...?« Breitbeinig blieb der junge Mann vor Parker stehen.
»Was kann ich für Sie tun?« erkundigte sich Parker höflich. Wenn es nicht sein mußte, widersprach er nur selten.
»Mann, Sie sind vielleicht ’ne ulkige Type...!« Der junge Mann grinste etwas abfällig. Gleichzeitig griff er aber in die Tasche seines Jacketts und zog einen schmalen weißen Schein hervor, den er Parker reichte.
Parker sah mit einem winzigen, schnellen Blick, daß es sich um einen Gepäckschein handelte. Er behielt ihn unentschlossen in der Hand.
»Ich weiß durchaus Ihr Vertrauen zu schätzen, Sir«, meinte Parker schließlich. »Doch sehe ich mich gezwungen, einen kleinen Irrtum aufzuklären, zumal ich auf keinen Fall...«
Der junge Mann ließ den Butler nicht ausreden.
»Über Einzelheiten reden wir heute abend«, sagte er, Parker das Wort abschneidend. »Sausen Sie sofort los und besorgen Sie sich die Unterlagen aus dem Schließfach! Wir sehen uns um 20.00 Uhr im ›Miraflores‹, klar?«
»Wenn Sie darauf bestehen!« seufzte Butler Parker.
»Und passen Sie auf, damit man Sie nicht beschattet, Ployers«, fügte der junge Mann noch hinzu, bevor er sich dann auf dem Absatz umwandte und auf die Drehtür der Hotelhalle zuging.
Josuah Parker ließ den bewußten Gepäckschein in seiner Westentasche verschwinden und schüttelte andeutungsweise den Kopf. Es wollte ihm einfach nicht eingehen, daß man ihn mit einem ähnlich aussehenden Mann verwechselt hatte.
Der junge Mann war inzwischen draußen auf der Straße verschwunden. Er schien es sehr eilig gehabt zu haben. Auf jeden Fall eiliger als sein junger Herr, Mike Rander. Der mit ihm vereinbarte Zeitpunkt war inzwischen längst überschritten. Parker wunderte sich sehr darüber, daß Mike Rander unpünktlich war. Gleichzeitig aber kroch eine gewisse Sorge in ihm hoch. Sollte seinem jungen Herrn irgend etwas passiert sein?
Bevor der Butler diesen Gedanken weiter ausspinnen konnte, öffnete sich die Tür eines Lifts. Ein etwa vierzigjähriger, kompakt wirkender Mann mit glattem Gesicht betrat die Hotelhalle. Er trug einen unauffälligen dunklen Anzug, unter dem eine gestreifte Weste zu sehen war. Parker wußte sofort, daß er es mit einem Berufskollegen zu tun hatte. Dieser Vierzigjährige mußte Butler oder Kammerdiener sein. Seine Manieren waren ausgezeichnet.
Der Mann ging zur Rezeption und stellte einige Fragen, die der Empfangschef mit bedauerndem Kopfschütteln beantwortete.
Wenig später ließ sich der Berufskollege von Parker in einem Sessel nieder und zündete sich eine Zigarette an. Parkers Gesicht nahm einen leicht mißbilligenden Ausdruck an. Sein Berufskollege gab sich nämlich sehr lässig. Er ruhte förmlich in den schwellenden Polstern des Sessels. Hinzu kam, daß er rauchte. Einem bestens geschulten Butler oder Kammerdiener wären solche Entgleisungen wohl kaum passiert.
Parker prägte sich das Gesicht seines jüngeren Berufskollegen ein. Langsam wurde er sich klar darüber, daß dieser Mann wohl der richtige Empfänger des Gepäckscheins sein mußte.
Bevor Josuah Parker zur Anmeldung gehen und dort nachfragen konnte, erschien ein schlanker Enddreißiger im Eingang. Er trug einen dunkelgrauen Anzug, sah sehr sportlich aus und hatte braunes Haar und braune Augen.
Dieser junge Mann warf einen prüfenden Blick in die Halle, erkannte Parker und winkte ihm ungeniert zu. Dann kam er mit schnellen Schritten und blieb lächelnd vor dem Butler stehen.
Parker hatte sich schon längst erhoben.
Feierlich und gemessen wie ein Zeremonienmeister verbeugte er sich.
»Es ist mir eine Freude und Ehre zugleich, Sir, Sie begrüßen zu dürfen«, sagte Parker dann in seiner barocken, etwas umständlichen Art. »Ich möchte glauben und hoffen, daß ich schnell genug hierher nach Panama-City gekommen bin.«
»Sind Sie, Parker, sind Sie...! Schnell genug, um eine tolle Schweinerei mit verhindern zu können. Aber nehmen wir erst einen Drink an der Hotelbar. Draußen im Hafen war’s heiß genug. Ich bin wie ausgetrocknet.«
Parker hob seine schwarze Melone vom Teppich auf und legte den Bambusgriff seines altväterlich gebundenen Regenschirms über den linken Unterarm. Dann folgte er seinem jungen Herrn in die Bar. Er ließ sich auf keinen Fall anmerken, wie interessiert und neugierig er war. Er konnte es aber kaum erwarten, Einzelheiten über jene tolle Schweinerei zu erfahren, von der sein junger Herr gesprochen hatte.
Als er Mike Rander folgte, kam er dicht an dem, Sessel vorbei, in dem sein Berufskollege Platz genommen hatte. Der kompakte Mann mit den etwas groben Gesichtszügen achtete überhaupt nicht auf den Butler. Er übersah ihn völlig, schien sich innerlich mit sehr wichtigen Dingen zu befassen.
Parker hingegen beobachtete sehr aufmerksam.
So stellte er unter anderem zum Beispiel fest, daß sein Berufskollege eine Schußwaffe trug, die in einem hochsitzenden Schulterhalfter stak. Für einen normalen Butler oder Kammerdiener war das immerhin eine mehr als ungewöhnliche Berufsausrüstung...
Sie saßen sich in einer Nische der Hotelbar gegenüber. Mike Rander rauchte eine Zigarette. Er wirkte abgespannt und nervös.
»Geheime Kommandosache, was ich Ihnen jetzt erzähle«, sagte er zu Josuah Parker. »Der Geheimdienst hat mich hierher nach Panama-City geschickt. Man weiß in Washington, daß ich Sie mit einschalten werde. Wir haben völlig freie Hand.«
»Darf ich unterstellen, daß Sie und meine Wenigkeit verhindern sollen, daß der Panama-Kanal gesprengt wird?« erkundigte Parker sich gemessen und würdevoll. Er redete in einem Ton, als sei das die selbstverständlichste Sache der Welt.
»Woher... woher haben Sie denn das?« fragte Mike Rander verblüfft zurück.
»Nun ja, Sir, mit solchen und ähnlichen Aktionen war wohl immer zu rechnen«, erwiderte Parker. »Sie bieten sich für eine Fremdmacht ja förmlich an.«
»Ja, Sie treffen den Nagel genau auf den Kopf.« Mike Rander drückte seine Zigarette aus, um sich gleich darauf eine neue anzuzünden. Er war tatsächlich nervös. »Beim Geheimdienst ist bekannt geworden, daß eine der Panama-Schleusen in die Luft gesprengt werden soll. Was das bedeutet, brauche ich Ihnen ja wohl nicht erst zu erklären...!«
»Natürlich nicht, Sir!« Parker nickte. »Sind dem Geheimdienst Einzelheiten bekannt? Mit anderen Worten, weiß man ungefähr, welche Schleusen vernichtet werden sollen?«
»Leider nicht, Parker. Der Tip, den man dort bekommen hat, ist nur ein vager Hinweis.«
»Wenn ich mich recht erinnere, Sir, dürfte der Panama-Kanal nicht nur eine einzige Schleuse besitzen.«
»Stimmt haargenau, Parker.« Mike Rander lächelte bitter. »Wir sind auf Vermutungen angewiesen. Wir können nur ahnen, wie dieser Sabotageakt über die Bühne gehen wird.«
»Mittels eines Schiffes, das bis zum Rand mit Sprengstoff angefüllt ist, nicht wahr, Sir?« Parkers Stimme klang ruhig und konzentriert.
»Hoffentlich behalten Sie nicht recht, Parker. Aber ich fürchte, daß dies der beste Weg ist, den Kanal unbrauchbar zu machen.«
»Darf ich mir einige Einzelheiten in die Erinnerung zurückrufen, Sir?«
»Natürlich, Parker, rufen Sie...«
»Nun denn, Sir, der fast 82 Kilometer lange Kanal beginnt an der Atlantikseite beim Hafen Christobal, um von dort aus nach etwa 11 Kilometern zu den Schleusen von Gatun zu führen. Hier werden die eingeschleusten Schiffe um ungefähr 26 Meter gehoben und können dann durch den Gatunsee bis zum Culebra-Einschnitt fahren. - Am Ende dieses Durchstichs befinden sich die Doppelschleusen von Pedro Miguel, die es den eingeschleusten Schiffen gestatten, hinunter in den Stausee von Miraflores zu fahren. Am Ende dieses Stausees nun gibt es zwei weitere Doppelschleusen, die in den pazifischen Auslaufkanal