Günter Dönges

Butler Parker Jubiläumsbox 7 – Kriminalroman


Скачать книгу

      »Dagegen, Sir, läßt sich immer etwas tun«, tröstete Parker seinen jungen Herrn. »Wenn Sie erlauben, werde ich mir etwas einfallen lassen.«

      »Ich ahnte es...!« Rander stöhnte in gespielter Verzweiflung und verdrehte gekonnt die Augen. »Was haben Sie denn jetzt im Moment vor, Parker?«

      »Ich möchte mir das Gepäckstück ansehen, Sir, das mittels dieses Gepäckscheins einzulösen ist. Wenn mich nicht alles täuscht, muß es sich um die Gepäckaufbewahrung des Flughafens handeln.«

      »Und was erwarten Sie zu finden? - Eine Bombe...?«

      »Ich rechne mit Bargeld, Sir...«

      »Bargeld...?« Mike Rander sah seinen Butler erstaunt an.

      »Gangster müssen finanziert werden«, gab Parker zu überlegen. »Und so ein Gangster wie Mr. Newport wird gewiß nicht billig sein. Ich rechne mit einem beträchtlichen Vorschuß, den man ihm auf dem Umweg über ein Gepäckstück zugewiesen hat...!«

      »Dann wird Newport aber ganz schön schäumen, wenn wir ihm diesen Vorschuß wegnehmen...!«

      »Sie kennen diesen bewußten Herrn bereits, Sir?«

      »Nur aus der Entfernung, Parker. Er wohnt in einem Bungalow, der wie ein Tresor abgesichert ist.«

      »Er wird diesen streng abgesicherten Bungalow früher oder später verlassen«, prophezeite der Butler. »Welcher Gangster verzichtet schon freiwillig auf eine Bargeldzahlung! Der Kontakt zu Mr. Newport ist meiner bescheidenen Ansicht nach schon so gut wie perfekt...!«

      »Und die obligaten Schüsse aus dem Hinterhalt auch«, fügte Mike Rander düster hinzu. Er ahnte schon im voraus, wie sich die Dinge entwickeln würden.

      *

      Der schweinslederne Koffer war etwas über mittelgroß, wirkte aber bereits ziemlich abgeschabt und schien schon sehr viele internationale Hotels gesehen zu haben. Er war über und über mit Hoteletiketten beklebt worden.

      Josuah Parker hatte ihn aus der Gepäckaufbewahrung geholt. Er trug ihn nun zurück zu dem Buick, in dem Mike Rander saß.

      Parker hatte gerade auf dem Sitz Platz genommen, als Mike Rander überraschend schnell und rasant losfuhr. Der Butler wurde gegen seinen Willen tief in die Rückenpolster gepreßt.

      »Ich glaube, wir haben uns ein paar Gangster eingehandelt«, sagte Rander und wies mit dem Kinn hinauf zum Rückspiegel des Wagens. Parker wandte sich ungeniert um und schaute durch das Rückfenster. Hinter dem Buick fuhr ein unauffällig aussehender grauer Ford.

      »Ich muß Ihnen beipflichten, Sir«, sagte Parker. »Der Fahrer des Ford ist jener Gangster, dessen Amerikanisch nicht besonders gut war. Er dürfte übrigens nicht allein sein.«

      »Wenn schon...!« Mike Rander aber schmunzelte. »Früher oder später hängen wir den Schlitten ab, Parker. Aber machen Sie jetzt erst mal den Koffer auf. Ich möchte wissen, was drin ist!«

      Parker war froh, dieses Stichwort gehört zu haben. Er hatte bereits einen kleinen, blinkenden und hakenförmigen Schlüssel in der Hand, den er vorsichtig in die erste Schloßöffnung gleiten ließ.

      Es dauerte wenige Minuten, bis er beide Kofferschlösser aufgesperrt hatte, dann hakte er den Mittelverschluß auf und ließ den Kofferdeckel aufgehen.

      Verblüfft beugte Parker sich vor.

      »Nicht eine einzige Banknote!« stellte Mike Rander mit einem Seitenblick fest. Dann mußte er sich wieder der asphaltierten Fahrbahn zuwenden.

      »Vier sehr gut gearbeitete Zeitzünder«, verkündete Parker, nachdem er einige ölige Putzlappen entfernt hatte. »Zeitzünder, wie ich sie noch nie vorher gesehen habe, Sir.«

      »Was schon was heißen will«, meinte Rander lächelnd. »Im Grunde sind mir diese Zeitzünder lieber als Banknoten. So lange wir die haben, können diese Gangster nicht sprengen...!«

      »In der Tat, Sir...!« Parker war nachdenklich geworden. »Sehr bedauerlich, daß ich keine Zeit mehr habe, mir die vier Zünder genauer anzusehen...!«

      »Diese Zeit werde ich Ihnen gleich verschaffen«, meinte Rander, um dann scharf auf das Gaspedal zu treten. »Die Gangster holen auf...! Ich wette, sie wollen uns da drüben in den Kurven fassen...!«

      »Ein gewisser Sichtvorsprung wäre mir wirklich sehr lieb«, sagte Parker. »Wenn Sie gestatten, Sir, möchte ich die Zünder unterwegs aus dem Wagen werfen...!«

      »So vorsichtig...?«

      »Wir werden es ganz sicher nicht nur mit einem einzigen Wagen zu tun haben, Sir...!«

      »Sie denken an ein großangelegtes Kesseltreiben?«

      »Richtig, Sir...! An diesen vier Zündern hängt die Sprengung des Kanals. Also werden die gegnerischen Agenten und Gangster alles daransetzen, sie uns wieder abzujagen...!«

      »Dann mal los...! Hoffentlich sind Sie nachher mit meinem Fahrstil zufrieden...!«

      Natürlich war Mike Rander kein schlechter Fahrer. Er hatte in dieser Hinsicht von seinem wesentlich erfahreneren Butler sehr viel gelernt.

      Der Anwalt zog den schwarzen Buick verwegen durch die ersten Kehren. Es gelang ihm, den Ford abzuhängen. Wenigstens für einige Minuten. Dann, als der graue Ford wieder aufschloß, befanden sich beide Wagen bereits im Gewirr der vielen Kurven und Kehren.

      Innerhalb dieses Kurvengartens wollte Parker den bewußten Koffer aus dem Wagen befördern. Er rechnete fest damit, daß sie früher oder später gestoppt wurden. Das Fehlen des Koffers war dann eine einzige, große Lebensversicherung.

      Mit kreischenden Reifen schoß der Buick durch eine Haarnadelkurve und verschwand hinter einem großen, bewaldeten Hang.

      »Bremsen, Sir...!«

      Mike Rander stieg voll in die Bremsen und hatte seine liebe Mühe und Not, den schlingernden Buick auf der Fahrbahn zu halten. Parker, der das Wagenfenster auf seiner Seite bereits heruntergekurbelt hatte, packte den Koffer und beförderte ihn mit Schwung und Geschick nach draußen.

      Der schweinslederne Koffer segelte durch die Luft, beschrieb einen Bogen und verschwand dann im grünen Teppich eines sanften Berghanges. Er wurde augenblicklich von dem wildwuchernden Grün verschluckt.

      Gleichzeitig gab Mike Rander erneut Gas, ließ den schweren Buick vorpreschen und fädelte ihn in die nächste Kurve ein. Noch war der graue Ford hinter ihnen nicht zu sehen.

      »Man sollte vielleicht doch aussteigen«, schlug Parker plötzlich laut vor.

      »Sie glauben an eine Falle...?«

      »Ich bin fast enttäuscht, Sir, daß sie noch nicht zu sehen ist...!«

      »Da... da haben wir den Salat...!«

      Mike Rander bremste erneut scharf.

      Parker sah durch die staubige Windschutzscheibe den großen Laster, der quer zur Straße stand und die Fahrbahn blockierte. Dieser Laster schien einsam und verlassen zu sein. Es war nicht zu erkennen, was sich hinter ihm abspielte.

      »Raus!« rief Rander seinem Butler zu.

      Der Wagen schlingerte durch die Notbremsung hart an den Straßenrand heran. Mike Rander stieg aus dem sich noch wiegenden Buick und lief in geduckter Haltung auf die grüne Busch- und Waldmauer zu, die die Straße zu beiden Seiten einfaßte.

      Josuah Parker wollte nicht so leicht auf seine gemessene Würde verzichten. Er klinkte die Wagentür auf seiner Seite auf, stieg auf und griff nach seinem Universal-Regenschirm.

      Genau in diesem Augenblick spukte eine Maschinenpistole Feuer.

      Die Geschosse lagen gefährlich nahe. Sie stanzten die ersten Löcher in das Blech des Wagens und zertrümmerten die Windschutzscheibe, die klirrend und splitternd zerbarst.

      Parker verzichtete unter diesem Eindruck auf seine gewohnte Würde. Wie ein aufgeschreckter Hase galoppierte