mit dem Geld für die Pferde?«
»Das werden Sie auf der Hazienda von Don Ramon bekommen, Señor, während Ihre Leute die Remuda nach Camp Penasco bringen. Ich werde dabei die Führung übernehmen, und Majadero kann Sie nach San Ysidro begleiten.«
John Gallagher ließ sich Zeit mit der Antwort und tauschte einen Blick mit Jethro und Zachary, der inzwischen wenigstens die Stiefel angezogen hatte.
»Und wo ist der Brief?« fragte Gallagher dann abrupt.
Der Mexikaner fuhr sich mit der Zunge über die Lippen. »Sie sind sehr mißtrauisch – und sehr klug, Señor.«
»Dazu gehört nicht viel Klugheit. Don Ramon wird sich denken können, daß ich in dieser Gegend sehr vorsichtig bin und mich nicht auf ein Risiko einlasse. Schließlich könnte mir jeder hergelaufene Bandolero erzählen, daß er von Mendoza geschickt wird, nicht wahr?«
»Und Sie in eine Falle locken«, fügte Robles spöttisch hinzu. »Das meinten Sie doch, Señor?« Noch während er sprach, lange er nach seinem Sombrero und nahm ihn ab. Aus dem Innern der Hutkrone brachte er ein mehrfach gefaltetes Blatt zum Vorschein, das durch ein dunkelrotes Siegel zusammengehalten wurde. Steifbeinig ließ er sich aus dem Sattel rutschen, kam sporenklirrend näher und überreichte John Gallagher den Brief. Der erbrach das Siegel, entfaltete das Blatt und las stirnrunzelnd die wenigen Zeilen.
Robles sah sich indessen mit unverhohlener Neugier um. Er streifte Zachary mit einem Blick und richtete dann seine Aufmerksamkeit auf Jethro, der die fertigen Specktortillas auf drei Teller verteilte.
Die Erscheinung des hühnenhaften Negers war so außergewöhnlich, daß sie stets Staunen und Verwunderung erregten. Jethro tug eine Denim-Hose und Stiefel mit alten Kavalleriesporen, dazu ein verwaschenes Cottonhemd und einen alten blauen Feldhut der Unions-Armee, den er weit ins Genick geschoben hatte, so daß ein Teil seiner krausen Haare sichtbar blieb.
»Wenn ich Sie wäre, Boß«, sagte er unvermittelt, »dann würde ich mich auf nichts einlassen und darauf pfeifen, was in dem Brief steht. Sie hatten doch mit diesem Don abgemacht, daß wir die Pferde auf die Hazienda bringen.«
Der Mexikaner straffte plötzlich seine Haltung und bemühte sich, einen sarkastischen oder verachtungsvollen Ton zu treffen, als er fragte: »Lassen Sie sich immer von einem Nigger dreinreden, Señor Gallagher?«
»Vorsicht, Hombre«, sagte Jethro sanft. »Ich habe bisher noch niemanden gesehen, der eine Ladung Buckshot auf diese Distanz überlebt hätte.«
Ruckaritg riß der olivenhäutige Bursche den Kopf herum und sah nach seinem Partner, von dem er offenbar Hilfe erwartete. Doch Majedero saß im Sattel, hielt die Zügel mit beiden Händen und hatte ein törichtes Grinsen aufgesetzt. Nur ein paar Schritte entfernt stand Zachary, kratzte sich mit der linken Hand die immer noch feuchte Brust, während er mit der rechten ganz lässig seinen alten Colt auf den Mexikaner richtete und ihn von unten her anblitzte. Wenn auch Majaderos Geist möglicherweise verwirrt war, so schien er doch ganz genau zu begreifen, daß er in diesem Spiel keine Chance mehr hatte.
»Yeah«, sagte Jethro, indem er ganz nahe an Robles herantrat und ihm die Mündung der Schrotflinte in die Rippen stieß, »man sollte sich immer vorher überlegen, welchen Einsatz man riskieren kann, Compadre. Du hast das Glück, daß ich weder empfindlich noch rachsüchtig bin. Aber merk es dir für das nächste Mal!«
Robles schielte aus den Augenwinkeln nach Jethros freier Hand. Im nächsten Moment gab er schon ein Ächzen von sich, als er beim Genick gepackt und beinahe mühelos emporgehoben wurde. So stellte ihn der Schwarze wieder vor John Gallagher hin, der sich ein Grinsen nicht verkneifen konnte und ironisch sagte: »Diese Lehre hätten Sie sich ersparen können, Muchacho. Schließlich wären Sie auch nicht gerade begeistert, wenn ich Sie einen Greaser nennen würde, si?«
»Si, Señor«, murmelte er betreten. »Und wie ist nun Ihre Entscheidung?«
»Ich werde Mendoza den Gefallen tun«, erwiderte John Gallagher nach kurzem Überlegen und faltete den Brief wieder zusammen. »Also satteln Sie ab. Gönnen Sie den Pferden eine Erholung. In zwei Stunden, wenn es etwas kühler geworden ist, brechen wir auf.«
*
Die Dunkelheit war längst hereingebrochen, als John Gallagher endlich im silbrigen Mondlicht die Hazienda vor sich sah. Er und der stumme Majadero waren seit dem späten Nachmittag unterwegs und hatten etwa fünfzehn Meilen hinter sich gebracht. Jetzt kamen sie aus den felsigen Ausläufern der Sierra und ritten den Hang hinab, an dessen Fuß sich meilenweit gewelltes Gelände erstreckte, das nur hier und da von einigen Arroyos durchschnitten wurde und am Horizont von einer neuen Bergkette begrenzt war.
Die Hazienda lag an einer Hügelflanke und war von Cottonwoods und dunklen Chestnut-Bäumen umgeben. Die getünchten Adobewände schimmerten hell im Mondschein. Es gab eine Reihe von Corrals und Koppeln, die sich bis zu einem dunklen Einschnitt erstreckten. Es handelte sich dabei offensichtlich um eine Torrente, um einen Sturzbach also, der im Sommer zu einem kläglichen Rinnsal austrocknete, sich aber im Lauf der Jahrhunderte ein tiefes Bett gefressen hatte. Dieser Arroyo wurde von einer steinernen Brücke überspannt. Das diesseitige Ufer lag beträchtlich tiefer, so daß die Brücke eine ungewöhnliche Steigung aufwies. Sie verband die Hazienda mit der kleinen Ortschaft San Ysidro, die aus einigen Dutzend ärmlichen Adobehütten und einer Missionskirche bestand.
Die Begrenzung der Koppeln und Corrals bestand zumeist aus niedrigen Lehmwällen, die mit Agaven, Kakteen und Dornengestrüpp bewachsen waren. Vieh war allerdings nirgendwo zu bemerken. Auch die Hazienda wirkte wie ausgestorben, bis die beiden Reiter plötzlich aus dem Schatten der großen Hofmauer von einer scharfen Stimme angerufen wurde.
Majadero brachte die Pferde sofort zum Stehen, und John Gallagher folgte diesem Beispiel. Auf ein paar gutturale Laute des Stummen löste sich eine Gestalt aus der Dunkelheit und kam mit schußbereitem Gewehr näher.
»Sind Sie der Gringo mit den Pferden, den Don Ramon erwartet?«
»Yeah!« erwiderte John Gallagher und schluckte seinen Ärger hinunter.
»Adelante!« sagte der Mexikaner lakonisch und deutete mit seinem Gewehrlauf auf das geöffnete Tor, das vollkommen schief in den Angeln hing und anscheinend gar nicht mehr bewegt werden konnte.
Gallagher beugte den Kopf nach vorn und ritt wieder an. Ein paarmal klirrten die Hufe seines Pferdes auf Stein und tönten dann wieder dumpf. Offenbar gab es hier eine Art Pflaster, das jedoch zum größten Teil von einer dicken Schmutzschicht bedeckt war. Der Putz der Mauer war an vielen Stellen abgebröckelt. Die schartige Krone war ein Zeichen fortschreitenden Verfalls, ebenso die gesplitterten Bohlen des Tores.
Als sie auf den weitläufigen Hof gelangten, bemerkte John Gallagher dann seinen Irrtum. Was er aus größter Entfernung für ein pompöses, zweistöckiges Herrenhaus gehalten hatte, war in Wirklichkeit nur noch eine Ruine ohne Dach und mit rauchgeschwärzten Fensterhöhlen, von der nur noch die Außenmauern standen. Seit dem Brand mußten schon Jahre vergangen sein, denn durch das ehemalige Portal sah man im Innenraum von hohem Unkraut überwucherte Trümmer. Der Mondschein reichte aus, um draußen an den getünchten und ebenfalls bröckelnden Mauern noch jetzt die charakteristischen Spuren von Kugeleinschlägen zu erkennen. Demnach war unschwer zu erraten, daß die Hazienda während des mexikanischen Bürgerkrieges zerstört worden war. Zwei große Chestnut-Bäume, die früher einmal das prächtige Gebäude überschattet hatten, waren ebenfalls von dem Brand in Mitleidenschaft gezogen worden. Sie waren nur zum
Hof hin belaubt, während sich auf der anderen Seite nur noch kahle geschwärzte Äste zum Nachthimmel reckten.
Steifbeinig glitt John Gallagher zu Boden und schlang den Zügel seines Pferdes durch einen Ring in der Wand. Im selben Moment wurde schon die Tür geöffent, und es erschien ein vierschrötiger Mexikaner mit einem martialischen Schnurrbart, der ihm zu beiden Seiten weit über die Mundwinkel herabhing.
»Ich will zu Mendoza«, sagte John Gallagher und griff an seinen Hutrand.
Noch einmal maß ihn der Mann mit einem taxierenden Blick, dann trat er zur Seite und gab die Tür frei. John Gallagher begab