eine Erwiderung abzuwarten, öffnete er die Verschnürung des Beutels und fing an, die Münzen abzuzählen und zu ordnen. Es handelte sich um große Hundert-Peso-Stücke, die sich mühelos stapeln ließen. Mit fünf solcher Stapel war schließlich der Gegenwert für den Dollarbetrag erreicht, und Mendoza schob sie samt dem leeren Beutel zu seinem Geschäftspartner hinüber. Eine beträchtliche Anzahl der Goldstücke behielt er noch übrig.
John Gallagher hatte keinen Blick von ihm gewandt. Er konnte nicht verhindern, daß seine Hände zitterten, als er das Geld nachzählte und wieder in dem Beutel verschwinden ließ. Aus irgendeinem Grund schien das den Kreolen zu befriedigen. Er senkte die Lider zur Hälfte über die Augen, blickte durch den Rauch seiner Zigarre und sagte mit dünnem Lächeln: »Ich nehme an, Sie haben ziemlich lange gebraucht, um dieses Geld zu verdienen, Señor.«
Sein Gegenüber zögerte mit der Antwort und wog den gewichtigen Beutel in der Hand. »Mehr als zwei Jahre«, gab er dann widerstrebend zu.
»Und Sie wären nicht daran interessiert, einen ähnlichen Betrag – sagen wir, dreitausend Dollar – innerhalb weniger Tag zu verdienen?«
Die Hand mit dem Lederbeutel blieb plötzlich in der Schwebe. Gallagher starrte den Hidalgo an. »Soll das ein Angebot sein, Don Ramon?«
Achtlos schnippte Mendoza die Asche von seiner Zigarre und nippte an seinem Glas. »Das hängt von Ihrem Interesse ab.«
»Und wo ist der Haken bei diesem Geschäft?«
»Ich würde sagen, es ist ein kleines Risiko dabei, Señor. Ich brauche noch ungefähr ein Dutzend Männer, die mit Colt und Gewehr umgehen können und gegen fürstliche Bezahlung keine Fragen stellen.«
»Demnach trauen Sie mir zur, daß ich Ihnen solche Burschen beschaffe?«
»Vielleicht nicht gerade Sie allein, Señor Gallagher. Aber zusammen mit Ihrem Bruder Kirk würde es bestimmt gelingen. Man sagt ihm nach, daß er sich in gewissen Kreisen besonders gut auskennt – er und sein Partner Duff Yarnell.«
»Sie sind gut informiert, Don Ramon. Wenn ich Sie richtig verstehe, dann brauchen Sie also eine harte Revolvermannschaft und würden aus irgendwelchem Grunde Amerikaner vorziehen.«
»Si, Señor. Genau das hatte ich im Auge.«
Gallagher spürte das Gewicht des Goldes an seiner Hüfte und dachte an die Schwierigkeiten, die er beim Aufbau seiner Pferderanch in Yucca Canyon hatte überwinden müssen und die noch längst nicht zu Ende waren. Plötzlich hatte er dann auch das Bild Fays vor Augen, und die schmerzliche Erkenntnis ließ ihn die Kehle eng werden. Fay war nicht für die Einsamkeit von Yucca Canyon geboren.
Im Grunde hatte er sie während der vergangenen zwei Jahre nur dadurch halten können, daß er ihr eine rosige Zukunft vorgaukelte. Sie hatte ihm geglaubt, daß sich alles zum Besseren wenden würde, wenn er erst eine größere Remuda verkaufen könnte. Das war jetzt geschehen, und er hatte sogar einen außergewöhnlichen Preis für seine Pferde erzielt. Viertausend Dollar verkörperten bereits ein kleines Vermögen. Aber Fay hatte keinen Begriff von der Höhe der Schulden, die er andererseits hatte machen müssen. Ihre Illusionen von einer großen Reise nach Kalifornien und von einigen Monaten des Wohllebens in einer glänzenden Umgebung mußte platzen wie eine schillernde Seifenblase. Und dann würde er Fay verlieren. Noch einmal würde er sie nicht mehr auf ungewisse Zeit vertrösten können, dessen war er sich plötzlich ganz sicher. Dieser Don aber schien ihm die Chance zu geben, all seine Sorgen mit einem Schlage loszuwerden. Ganz gleich, worum es sich dabei auch handelte – nur ein Narr konnte sich diese Gelegenheit entgehen lassen.
»Die Vergangenheit dieser Burschen spielt also keine Rolle?« stieß Gallagher rauh hervor.
Mit überlegenem Lächeln, beinahe vorwurfsvoll, schüttelte Mendoza den Kopf. »Ich brauche hartgesottene Kämpfer, und ich kann mir vorstellen, daß solche Revolvermänner rauchige Jahre hinter sich haben, ehe sie das werden, was sie heute sind. Die Aufgabe wird nicht mehr als eine Woche in Anspruch nehmen. Dafür zahle ich zweitausend Dollar pro Mann.«
»Soeben sprachen sie noch von dreitausend.«
»Für Sie, Gallager, und für Ihren Bruder. Davon brauchen die anderen ja nichts zu erfahren.«
»Also gut.« John Gallagher nickte. »Nehmen wir an, daß ich zusammen mit Kirk eine solche Crew auf die Beine bringe, dann werden die Burschen trotzdem wissen wollen, worum es überhaupt geht. Wir können ihnen nicht einfach die Antwort schuldig bleiben.«
Mendoza starrte eine Weile schweigend auf die Glut seiner Zigarre. »Kennen Sie den Namen Villegas?« fragte er dann.
»Sie meinen den Provinzgouverneur von Sonora?«
»Er ist seit zwei Monaten nicht mehr Gouverneur«, entgegnete Mendoza in haßerfülltem Ton. »Sogar einem lächerlichen Popanz wie Präsident Juarez wurde dieser Antonio Villegas in seiner Selbstherrlichkeit verdächtig. Er hat ihn in allen Ehren verabschiedet und ihm den Titel Exellencia belassen. Doch das ändert nichts daran, daß Villegas in die Wüste geschickt wurde – und das im wahrsten Sinne des Wortes.«
»Und was ist nun mit diesem Antonio Villegas?«
»Er hat während der Revolution mit seinen Horden von Guerilleros hier im Norden operiert. Seine Banden waren es auch, die diese Hazienda plünderten und brandschatzten. Villigas war nichts weiter als ein brutaler Bandit. So wie hier hat er es in halb Sonora und Chihuahua getrieben. Man findet noch heute sogenannte Beschlagnahmeverfügungen mit seiner Unterschrift, mit denen er die Beutezüge seiner Bravos zu legalisieren suchte. Es sind ihnen unermeßliche Werte an Geld, Juwelen, Silbergeschirr und allen möglichen Kostbarkeiten in die Hände gefallen. Mehrfach wurden sogar Kirchenschätze geplündert. Einiges ging natürlich verloren, wie das bei solchen Desperados nicht anders zu erwarten war. Den Löwenanteil jedoch hat Antonio Villegas für sich selbst auf die Seite geschafft. Wegen seiner Verdienste um die sogenannte Revolution wurde er nach der Niederlage der Kaiserlichen zum Gouverneur der Nordprovinz Sonora ernannt. Möglicherweise verband Präsident Juarez damit eine ganz bestimmte Absicht. Auf diese Weise nämlich war Villigas gezwungen, über seine Requisitionen und Beschlagnahmen Rechenschaft abzulegen. Tatsächlich kam daraufhin denn auch ein Teil seiner Beute zum Vorschein und wurde dem Staat abgeliefert. Die kostbarsten Stücke jedoch, und alles Gold, waren angeblich in den Wirren des Bürgerkrieges verschwunden, und die Männer, die Antonio Villegas dafür verantwortlich machte, selbstverständlich tot.«
»Mit anderen Worten, er ist noch heute im Besitz eines ungeheuren Schatzes?« fragte John Gallagher gepreßt.
Der Kreole nickte in gespieltem Gleichmut.
»Der Wert muß in die Millionen gehen.«
»Und die Regierung unternimmt nichts dagegen?«
»Sie unterschätzen den Einfluß dieses Mannes, Gallagher. Die Regierung sitzt in Mexico City, mehr als tausend Meilen von hier entfernt, und in den Nordprovinzen hatte man schon immer eine eigene Auffassung von der Zentralgewalt. Auch das war wohl einer der Gründe für Villegas’ Absetzung. Er war zu sehr darauf bedacht, seine eigene Macht zu festigen und sich gewissermaßen eine Privatarmee aufzubauen. Deshalb hat dieser Mestize Benito Juarez rasch zugeschlagen, ehe die Entwicklung zu einer neuen Revolte führen konnte. Wenn Antonio Villegas noch ein oder zwei Jahre Zeit gehabt hätte, dann wäre er nur noch durch eine militärische Aktion zu stürzen gewesen.«
»Aber nun ist er offenbar gestürzt. Und da hat man trozdem...«
»Gestürzt, aber nicht ganz entmachtet«, fiel ihm Mendoza ins Wort. »Außedem dürfen Sie nicht vergessen, daß Villegas zu den sogenannten Helden der Revolution gehört. Juarez und seine Kumpane in der Regierung würden sich selbst einen schlechten Dienst erweisen, wenn sie plötzlich eines dieser Symbole zerstören wollten. Damit müßten sie schließlich zugeben, mit welchen Methoden sie an die Macht gelangt sind. Das aber würde unausweichlich zu Unruhen führen, die das Regime um jeden Preis verhindern will. Da nimmt es eben in Kauf, daß Villegas auch weiterhin im Besitz seiner Beute bleibt. Allenfalls würde man versuchen, ihn durch einen bezahlten Mörder aus dem Wege räumen zu lassen und das Ganze den Anhängern