Блейк Пирс

Heimkehr


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Ton klang als wenn er annahm, dass sie etwas vor ihm verheimlichte. Aber sein Gesichtsausdruck ließ sie wissen, dass er damit kein Problem hatte. Sie war sich sicher, dass er als Kommissar in DC, zumindest schon einen anderen Agenten-bezogenen Fall behandelt hatte oder zumindest mit Leuten gearbeitet hatte, die es getan hatten. Vielleicht waren diese Fälle sogar normal für ihn.

      Sie musste sich daran erinnern, dass er sie nicht als panische Schwester, sondern als einen rationalen Agenten sah, der wusste, dass es Abläufe gab. Und, verdammt nochmal, sie wusste, dass es einen Ablauf gab. Sie konnte nicht erwarten, dass alle für etwas, dass für sie sehr persönlich war, alle Regeln und Vorschriften vergaßen.

      „Werde ich tun” sagte sie. “Danke”.

      „In der Zwischenzeit werden wir eine Vermisstenanzeige für Ihre Schwester und ihr Auto rausgeben.“

      Der Kommissar bewegte sich in Richtung Schlafzimmer, zu den anderen Polizeiangestellten. Chloe stand auch auf, unsicher, was sie jetzt tun sollte, wohin sie gehen sollte. Sie war sich noch immer sicher, dass ihr Vater der Übeltäter hier war; Danielle hatte in der Vergangenheit bedauerliche Dinge getan, aber Chloe traute ihr keinen Mord zu.

      Ihr Vater aber war eines Mordes fähig. Die Vergangenheit hatte dies bewiesen.

      Und sollten er und Danielle unter angespannten Umständen zusammen sein, war sich Chloe sicher, dass ihr Vater alles tun würde, um ein freier Mann zu bleiben.

      Chloe ging zur Tür. Sie fand, dass der nächste logische Schritt ein Besuch bei Danielles Wohnung wäre. Vielleicht würde sie dort Hinweise finden, vielleicht einen Beweis, dass….

      Ihre Gedanken wurden wieder durch das Klingeln ihres Handys unterbrochen. Sie ergriff es schnell, diesmal las sie den Namen auf dem Bildschirm, bevor sie antwortete. Sie war nicht überrascht, dass es nicht Danielles Name war, aber war gleichzeitig enttäuscht bei dem Namen, den sie dort sah.

      Dir. Johnson.

      Sie meldete sich vorsichtig, wollte Johnson keinen Hinweis darauf geben, dass sie die Polizei gerufen hatte. Je weniger Johnson über ihre familiären Probleme wusste, desto besser.

      „Hier ist Fine”.

      „Fine, Johnson hier. Sind sie derzeit in der Gegend?”

      „Jawohl”.

      „Fühlen Sie sich ausgeruht? Haben Ihnen die letzten zwei Tage gutgetan?“

      “Ich fühle mich großartig, danke”.

      “Gut. Sehen Sie, ich weiß, es ist kurzfristig und sehr kurz nach Ihrem letzten Fall, aber ich brauche Sie hier. Ich möchte einen weiteren möglichen Fall mit Ihnen besprechen. Es ist recht dringend, ich wäre Ihnen also für Geschwindigkeit dankbar.“

      Für einen Moment fühlte sie sich überwältigt von dem Gedanken, während des ganzen neuen Dramas mit Danielle und ihrem Vater an einem neuen Fall zu arbeiten. Aber sie wusste, dass Johnson Fragen stellen würde, würde sie ablehnen. Und je mehr Fragen er stellte, desto näher käme er an die Wahrheit.

      „Ich kann in zehn Minuten da sein” sagte sie.

      “Perfekt”.

      Johnson legte auf und hinterließ Chloe in der Wohnung ihres Vaters. Sie hielt noch einen Moment inne, bevor sie sich endlich auf den Weg zur Tür machte. Sie fühlte sich, als verließe sie nicht nur das in der Wohnung verborgende Geheimnis, sondern auch ihre Schwester.

      KAPITEL DREI

      Danielle wusste, dass sie ein schlechtes Leben geführt hatte — ein Leben, welches durch ihren schlechten Geschmack in Männern, ihren Drang zu übermäßigem Genuss von Drogen und Alkohol und ihre Abneigung zu jeglicher Art von Autorität geprägt war. Sie wusste es und stand dazu. Dazu zustehen war, das wusste sie, ein wichtiger Teil des Bewältigungsprozesses. Aber ein positiver Faktor dieser schrecklichen Vergangenheit war, dass sie sie beweglich gehalten hatte – von Wohnort zu Wohnort, Bundesstaat zu Bundesstaat.

      Von siebzehn bis fünfundzwanzig hatte sie in neun verschiedenen Städten in fünf verschiedenen Staaten gelebt. So kam es, dass sie Millseed in Texas kannte.

      Millseed war ein Scheißort. Als sie vor vier Jahren hier gewohnt hatte, war die winzige Stadt schon am Ende gewesen. Die weniger als vierhundert Einwohner waren kaum genug, den Supermarkt und den Gemischtwarenladen zu unterhalten. Sie lagen in der Stadtmitte wie zwei zerquetschte Fliegen auf einer staubigen Windschutzscheibe.

      Es gab nicht einmal ein echtes Wohngebiet in dieser Stadt. Häuser waren hier und dort entlang der unmarkierten zweispurigen Straßen platziert und kurz vor der Stadtgrenze, die eine bessere Welt versprach, lagen zwei Trailer-Parks. Danielle hatte in einem dieser Parks sieben sehr schwierige Monate lang gewohnt. Meth hatte den Park erobert und sie wusste nicht, wie sie es geschafft hatte, gerade dieser Droge zu widerstehen. Der Mann, mit dem sie zu der Zeit gelebt hatte, war abhängig und saß derzeit eine Haftstrafe wegen mehrfachen Drogenhandels ab.

      Aber als sie vor etwas weniger als zwei Tagen in Millseed angekommen war, war sie direkt an dem Trailer-Park vorbeigefahren. Sie war tatsächlich überrascht, dass der Park noch nicht zusammengefallen war. Sie war ungefähr eine halbe Meile weiter gefahren zu einem Gebäude, welches, so hatte sie gehört, mal ein Schlachthaus gewesen war. Es war ein unauffälliges Gebäude, das sich hinter einem leeren, von Unkraut, Ranken und stacheligen Büschen bedeckten Gelände versteckte. Das Gebäude sah noch schlimmer aus, als sie es in Erinnerung hatte. Das schmucklose und schmutzige Aussehen sprach von ruchlosen Geschehen in der Vergangenheit. Nach der Schlachtung von zahllosen Schweinen, war es zur Herstellung von Meth und zweitklassigem Ecstasy genutzt worden. Sie wusste dies, wegen der Gesellschaft, die sie früher gepflegt hatte. Die gleiche lahmarschige Gruppe, die sie nach Millseed geführt hatte.

      Aber jetzt fragte sich Danielle, ob sie aus einem anderen Grund nach Millseed geleitet worden war – vielleicht war es göttliche Fügung. Sie hasste die Tatsache, dass dieser Ort der erste gewesen war, der ihr eingefallen war als sie die Idee gehabt hatte. Aber er war perfekt.

      Während sie vor dem Schlachthaus stand und das überwachsene Feld betrachtete, dachte sie darüber nach, dass das Leben manchmal wie ein Kreis erschien, der sie zu einem Ort zurückgebracht hatte, dem sie nur knapp entkommen war. Sie rauchte eine Zigarette, etwas, dass sie nicht mehr getan hatte, seit sie dieser traurigen Stadt entkommen war, und dachte über den nächsten Schritt nach.

      Sie hatte ihren Vater hierhergebracht, um ihn umzubringen und jetzt hatte sie den Punkt, von dem es kein Zurück mehr gab, erreicht. Ein sehr großer Teil von ihr wollte Chloe anrufen und ihr alles erzählen. Zumindest wollte sie ihre Schwester wissen lassen, dass sie in Sicherheit war. Sie fand, dass sie Chloe zumindest das schuldig war.

      Außerdem…was sie getan hatte, hatte Auswirkungen auf sie beide. Danielle nahm an, dass sie den Folgen ihrer Tat nie entkommen würde.... dass sie die Konsequenzen für den Rest ihres Lebens tragen würde. Für Chloe würde es etwas Anderes sein. Sie würde das Trauma, zu versuchen, die Tat ihrer Schwester verstehen zu können, ihr Leben lang mit sich herumtragen.

      Danielle gefiel es nicht, dass sie Chloe vermisste. Sie hatte fast zehn Jahre sehr gut ohne ihre Schwester gelebt. Nur... sehr gut war eine echte Übertreibung. Sie hatte während dieser Jahre überlebt - mehr nicht.

      Sie nahm einen letzten Zug von ihrer Zigarette, ließ sie fallen und trat sie aus. Sie hasste den Geschmack, aber die gewohnte Handlung schien irgendwie passend. Sie hatte eine halbe Packung verpafft während des letzten Tages und es hatte geholfen, sie zu beruhigen. Sie war jedoch immer mehr davon überzeugt, dass sie nach Abschluss dieser Affäre nie mehr ganz zu der Angewohnheit zurückkehren würde.

      Es war, als beträte sie eine andere Welt, als sie zurück ins Schlachthaus trat. Vielleicht eine dieser postapokalyptischen Welten, die im Fernsehen so populär waren. Irgendwann war das Büro-Ende des Gebäudes abgerissen und in Stücken abtransportiert worden. Man konnte noch kleinere Beton- und Metallstücke am Ende des Feldes entdecken, welche fast schon von der dichten und unnachgiebigen Vegetation