der eingelassenen rostigen Metallgitter verliefen. Selbst mit ihrer derzeitigen Laune konnte Danielle sich nicht vorstellen, was alles durch diese Gitter gelaufen war.
Sie überquerte, was sie den “Boden des Todes” nannte in Richtung eines der zwei großen Räume am hinteren Ende des Gebäudes. Sie waren nur durch eine halbe Wand vom Boden des Todes getrennt, zwei separate Räume mit direktem Zugang.
In einem Raum hing Aiden Fine an seinen Armen an einem Seil, das mit einer Metallschiene in der Decke verbunden war. Danielle vermutete, dass die Schiene und Seile früher dazu gedient hatten, angebundene Schweine langsam ihrem Tod zuzuführen. Aber derzeit hielten sie ihren Vater fest. Die Arme wurden durch das Seil, welches um seine Gelenke gebunden war, fast perfekt senkrecht gehalten.
„Danielle” sagte er. „Bitte…denk nach. Du musst dies nicht tun.” Seine Stimme klang verstört und trocken. Wenigstens weinte er nicht mehr. Gott, sie hatte es gehasst, als er bei der Überquerung der Grenze zu Texas geweint hatte. Selbst die laute Musik hatte sein Weinen im Kofferraum nicht ausblenden können.
„Das wieder?” fragte sie. Sie saß auf einem niedrigen Haufen hölzerner Paletten, die in die Ecke geworfen worden waren. Sie sah ihren Vater an, sie verstand, dass sie ihm dies angetan hatte und fragte sich, was für eine Art Monster aus ihr geworden war.
„Danielle, ich…”
„Was?”
„Es tut mir leid”
Sie trat auf ihn zu und sah ihm in die Augen. Die Art, mit der seine Arme nach oben gezogen waren fügte ihm Schmerzen zu und er war offensichtlich müde. Seine Füße standen fest auf dem Boden aber der Winkel, in den seine Arme gezwungen waren, tat ihm sicher mehr als nur ein wenig weh.
„Was tut Dir leid?” fragte Danielle.
Er schien einen Moment darüber nachzudenken. Sie fragte sich, ob er tatsächlich darüber nachdachte, alle seine Verbrechen zuzugeben. Aber am Ende schwieg er. Danielle nickte, die Stirn in Falten gezogen, und ging zu einer kleinen Plastiktüte, die sie an der Seite des Raumes aufbewahrte. Die Tüte beinhaltete Plastikflaschen mit Wasser und Kräcker. Sie öffnete eine der Wasserflaschen und ging zu ihm zurück.
„Aufmachen”, befahl sie.
Er kniff die Augen zusammen und für einen kurzen Augenblick glaubte sie, Wut in ihnen zu erkennen. Aber schnell veränderte sich der Ausdruck in eine Art unterschwelligen Mitleids, als er den Mund für das erste Wasser in über vierundzwanzig Stunden öffnete.
Sie goss die Flüssigkeit langsam in seinen Mund und er trank gierig. Sie hörte nicht auf zu gießen bis er anfing, zu husten. Als sie fertig war schraubte sie den Verschluss auf die Flasche und ging zurück zu den Paletten.
„Was willst Du?” fragte Aiden. „Ich weiß nicht, was Du glaubst, dass ich getan habe, aber...“. „Lass uns nicht herumspielen, Dad. Es war nur eine Frage der Zeit. Ich weiß, es bricht Dir das Herz, dass ich nicht mehr das acht Jahre alte Mädchen bin, das Du schikanieren und herumschubsen kannst. Es muss Dich treffen, dass Du nicht mehr auf mich herunterblicken kannst. Gott... was hätte ich dafür gegeben, wenn ich Dir dies damals hätte antun können…“. „Es geht um Deine Mutter?” Er hörte sich fast überrascht an und das verärgerte Danielle noch mehr.
„Teilweise. Zum größten Teil. Wir wissen es, Dad. Wir haben das Tagebuch gesehen.”
“Welches Tagebuch?”
Danielle stand langsam von ihrem Sitz auf den Paletten auf, ging auf ihn zu und schlug ihn hart ins Gesicht. Sein Körper schwang ein wenig, das Seil und die Schiene knarrten.
„Versuch es nochmal,” sagte sie.
Aiden Fine sah sich erschrocken in dem leeren Raum um und versuchte offensichtlich, sich irgendeinen Quatsch auszudenken, der sie glücklich machen würde. „Lass es” sagte sie. „Ich will die Wahrheit. Wir haben das Tagebuch und wir haben es gelesen. Wir wissen es, Dad. Wir wissen alles.”
Sie sah zu, wie seine Augen versuchten, sich auf sie einzustellen. Sie sah zu, wie er sich durch einen Strudel von Emotionen arbeitete – von Verärgerung über Angst zu Ablehnung. Am Ende wählte er Hilflosigkeit.
“Bitte, Danielle, denk darüber nach.”
„Habe ich,” sagte sie und drehte ihm den Rücken zu. „Vielleicht etwas zu viel.”
Sie ging zu der Plastiktüte zurück und fischte zwei weitere Gegenstände heraus: Ein unbenutztes Tuch und das Tagebuch ihrer Mutter. Sie legte das Tagebuch auf die Paletten und brachte das Tuch zu ihrem Vater. Langsam presste sie es gegen seinen Mund und drückte hart. Als genug Spannung erreicht war, knotete sie die beiden Enden hinter seinem Kopf zusammen, jetzt hatte sie einen einfachen, aber effektiven Knebel.
Sie ging zurück zu den Paletten, setzte sich und öffnete das Tagebuch. „Welche Teile möchtest Du zuerst hören?” fragte sie. „Die Teile, in denen Mum ziemlich sicher war, dass Du es in ihrem Bett mit einer anderen Frau triebst – Rughanne Carwile, solltest Du es vergessen haben – oder die, wo sie ehrlich davor Angst hatte, dass Du sie umbringen würdest?”
Sie genoss die klagenden Töne, die ihr Vater durch den Knebel machte. Sie brachten sie dazu zu denken, dass ihr Plan funktionieren könnte. Sie hatte ihr Telefon irgendwo im ländlichen Virginia aus dem Fenster geworfen. Ihr Auto war hinter dem alten Schlachthaus im Gestrüpp auf dem Platz, der wohl früher der Wendeplatz für Lieferwagen gewesen war, geparkt.
Sie war im Grunde derzeit unsichtbar. Sie hatte einen Kassettenrekorder, um sein Geständnis aufzunehmen und eine Pistole, um ihm eine Kugel zwischen die Augen zu jagen. Sie glaubte nicht, dass er ihr einfach ein Geständnis ablegen würde, und das war okay. Sie hatte nichts dagegen, ihn schwitzen zu lassen. Die einzige Frage war, wie lange sie Geduld beweisen würde.
Sie fing an, zu lesen. Sie las schelmisch, als ob sie einem Kleinkind eine Gute-Nacht-Geschichte vorlas. Sie beobachtete ihn, wollte sehen, ob die Worte ihn trafen. Ja, sie wollte ihm weh tun, sie war bereit, das zuzugeben. Sie fragte sich, ob sie sich zu weit aus dem Fenster gelehnt hatte – ob sie sich letztendlich so weit von der Logik entfernt hatte, dass es kein Zurück geben würde.
KAPITEL VIER
Rhodes war schon da als Chloe in Johnsons Büro ankam. Sie schien sich gerade gesetzt zu haben und war noch dabei, sich in einem der ungemütlichen Sesseln auf der Besucherseite von Johnsons Schreibtisch einzurichten. Sie schoss Chloe einen eher aufgeregten Blick zu, der Chloe half, sich in die Situation einzufinden. Sie musste sich selbst daran erinnern, dass sie hocherfreut gewesen wäre, zu so einem augenscheinlich wichtigen Fall gerufen zu werden, hätte sie nicht mit ihrem eigenen persönlichen Drama zu kämpfen.
Chloe setzte sich in den Sessel neben Rhodes. Johnson, auf der anderen Seite des Schreibtisches, nickte ihr zu, während er die letzten Wörter in sein MacBook tippte. Er ließ seine Schultern übertrieben fallen und seufzte als er sich in seinem Stuhl zurücklehnte und sie ansah.
„Danke an Sie beide, dass Sie so schnell und kurzfristig gekommen sind. Wir haben einen Fall vorliegen, von dem ich glaube, dass er Ihnen beiden gut liegen könnte. Wir haben zwei ermordete Männer innerhalb von vier Tagen, beide in den Vororten von Baltimore. Es waren beide Männer mittleren Alters, beide verheiratet. Bis jetzt hat die Polizei keine Ideen. Es landete auf meinem Tisch und da habe ich sofort an Sie beide gedacht.“
Chloe sah Rhodes an. Der Ausdruck auf ihrem Gesicht erinnerte Chloe an einen Rodeo Bullen, der ans Gitter gedrückt auf den Moment wartete, in dem es sich öffnete damit er lostoben konnte. Dies machte die Formulierung dessen, das sie im Begriff war, in Worte zu fassen, noch schwieriger. “ Es tut mir leid, aber ich kann im Moment keinen Fall annehmen.” Es tat weh, es zu sagen. Die Worte fühlten sich an wie Stacheldraht, der aus ihrer Kehle kam.
Johnson grinste, aber es war kein amüsiertes Grinsen. „Wie bitte?”
„Ich