Günter Dönges

Butler Parker Paket 2 – Kriminalroman


Скачать книгу

Pokergesicht nahm einen leicht mitleidigen Ausdruck an, als er dieses Tongefäß über die Brüstung nach unter, in die Halle warf.

      Das Gefäß barst auseinander!

      Gereizte Bienen, seit gut anderthalb Stunden eingeschlossen, strebten nicht nur in die Freiheit zurück, die man ihnen genommen hatte. Nein, sie trugen auch böse Rachegefühle in sich und nutzten die Chance, diese Gefühle an den Mann, beziehungsweise an die Frau zu bringen.

      Die Männer waren im Grunde bevorzugt, da sie Trainingsanzüge trugen.

      Die langbeinigen Hasen hingegen litten.

      Sie schlugen um sich und erregten damit nur den zusätzlichen Zorn der Honigbienen. Die Insekten sahen nackte Arme, Beine, Schultern und Busen, sie sahen sich einem Dorado an blühendem Fleisch gegenüber. Schreiend und kreischend ergriffen die Hasen die Flucht, verfolgt von einem Schwärm gereizter Bienen. Es dauerte nur sechsdreiviertel Sekunden, bis keine der Häsinnen mehr zu sehen war.

      „Mir ist selbstverständlich bewußt, Sir, daß dies nicht das war, was man im Volksmund die feine englische Tour nennt“, entschuldigte Parker sich bei seinem jungen Herrn.

      „Ich will Ihnen in Anbetracht der Umstände noch einmal verzeihen“, sagte Rander lächelnd, „aber wie soll’s denn jetzt weitergehen? Ob man uns freiwillig gehen läßt?“

      Gewiß, die Halle war leer, die Bienen hatten gründlich aufgeräumt. Aber die Lage war, insgesamt gesehen, noch nicht bereinigt. Noch befanden Rander und Parker sich auf dem Grund und Boden des Center. Es stand zu erwarten, daß die Gangster nun endgültig die Geduld verloren und ihr Heil bei diversen Schußwaffen suchten!

      *

      Nach wenigen Minuten wurde es ernst.

      Schallgedämpfte Pistolen und Revolver kamen zum Einsatz. Rander und Parker mußten sich von der bisher behaupteten Galerie zurückziehen. Die Schüsse von unten verrieten die Könnerschaft der Kurgäste.

      Rander und Parker zogen sich über eine Treppe ins Dachgeschoß zurück, wo sie sich erst einmal verbarrikadieren konnten. Die Kurgäste unter Paulsens Führung drängten nach.

      Über der ganzen Szene lag, akustisch gesehen, eine Unwirklichkeit. Die schallgedämpften Schüsse „ploppten“ relativ leise und hatten fast so etwas wie Kammerspielcharakter. Laute Töne unterblieben vollständig.

      Unten auf der Straße und im Durchgangsrestaurant war mit Sicherheit nichts zu hören.

      Um diesem Übelstand abzuhelfen, öffnete der Butler eine Dachluke und befestigte am Rahmen eine seiner Spezialraketen. Er zündete die Lunte an und nickte seinem jungen Herrn zu.

      Dann war es soweit!

      Zischend, krachend und fauchend stieg die erste Rakete hinauf zum mittäglichen Himmel. Es handelte sich um eine sogenannte Lärmrakete, die das Getöse eines Schlachtfeldes täuschend nachzuahmen vermochte.

      Unten auf der Straße, am See, in einem Umkreis von einigen Meilen mußte nun der Eindruck entstehen, als übe eine Panzerdivision den Ernstfall.

      Rander hielt sich verzweifelt die Ohren zu. Parker hingegen sorgte für eine Abwechslung in der Geräuschfolge. Eine zweite und dritte Rakete zauberte die Illusion angreifender Phantombomber und hinhaltender Erdkampfverteidigung.

      „Ich denke, Sir“, rief Parker seinem jungen Herrn zu, „daß dieser Kuraufenthalt damit sein Ende finden wird. Lieutenant Madison müßte jetzt in etwa aufmerksam geworden sein.“

      *

      Sie waren nervös, fahrig und wirkten unkonzentriert. Die Kurgäste ließen sich von Madisons Leuten entwaffnen, zumal Madison eine gute Auswahl geeigneter Beamter mitgebracht hatte. Zu Zwischenfällen kam es nicht. Rander und Parker hatten die Nerven der Kurgäste derart strapaziert, daß Madison leichtes Spiel hatte.

      „Ich … ich protestiere“, schimpfte Paulsen aufgebracht. Er hatte sich auf seine Führerrolle besonnen, „wessen klagen Sie mich und meine Gäste an, Lieutenant?“

      „Wenn Sie gestatten, werde ich gern die Antwort übernehmen“, sagte der Butler, sich einschaltend, „hier wäre zuerst einmal der verbotene Waffenbesitz. Ich bin sicher, daß Ihre Gäste kaum einen regulären Waffenschein vorweisen können. Darüber hinaus erhebe ich Anzeige wegen Mordandrohung und versuchten gemeinsamen Mordes! Ganz zu schweigen von den beiden regulären Morden an Mister Hacklett und einer jungen Dame namens Helen!“

      „Hallway, Hale und Jerry haben bereits gestanden, den Mord an Hacklett auf Ihren Befehl hin begangen zu haben“, sagte Madison kühl, „sie sitzen schon im Zentralgefängnis dieses Bezirks!“

      „Diesen Befehl müssen Sie mir erst mal nachweisen. Wir sind hier ein Kurzentrum, das …“

      „… ausschließlich für Gangster aller Grade bestimmt ist.“ Madison nickte schmunzelnd, „ein erster Vergleich mit Gesichtern auf Steckbriefen und Fahndungsblättern zeigt eindeutig, daß viele Staatsanwaltschaften vor Freude tanzen werden. Langgesuchte Gangster werden nun in ihre Zellen heimfinden

      „Das haben Sie überaus schön gesagt, Sir“, schaltete der Butler sich wieder ein, „der Mord, begangen an Miss Helen, kommt auf das Konto von Mister Carter und Kathy! Sie werden beide Herrschaften in einem Wandschrank im Verbindungskorridor zwischen Speisesaal und Küche finden können. Ich sah mich leider gezwungen, sie dort in Verwahrung zu nehmen.“

      „Wo steckt denn unser famoser Doktor?“ fragte Madison lächelnd. Er fühlte sich erstklassig. Solch einen Fang hatte er noch nie in seinem Leben gemacht.

      „Dr. Clyde und Miss Friday werden die Details bestätigen können“, antwortete der Butler, „sie befinden sich nach einer Antihistaminspritze im Tiefschlaf, werden aber gegen Abend mit Auskünften dienen können.

      „Bleiben unsere Langohren?“ Rander zwinkerte dem Butler zu.

      „Ja, wo stecken eigentlich diese sagenhaften Hasen?“ wollte nun auch Madison wissen.

      „Sie halten sich in der Küche auf, Sir, und betupfen diverse Bienenstiche mit essigsaurer Tonerde, wozu ich freundlichst geraten habe. Ich muß Sie allerdings enttäuschen, Sir, ansehnlich sehen die Damen zur Zeit nicht aus. Es wird gut eine Woche dauern, bis sie wieder normal wirken.“

      Paßt unbemerkt war ein Mann eingetreten. Er ging zu Rander, Parker und Madison durch.

      „Steve Ladbers“, stellte er sich vor, „FBI. Hier ist mein Ausweis. Ich scheine zu spät gekommen zu sein.“

      „Das hängt davon ab, wen Sie suchen“, sagte Rander.

      „Meine Mitarbeiterin Helen!“ Als er das Gesicht von Mike Rander sah, wußte er wahrscheinlich sofort Bescheid. Er wandte sich ab und zündete sich eine Zigarette an. Dabei zitterten seine Hände.

      „In Miss Helens Zimmer befindet sich ein Transistorradio“, sagte Parker, um den Mann abzulenken, „ich möchte annehmen, daß es sich dabei um eine Art Tonbandgerät handelt. Sie werden auf dem Tondraht alle wichtigen Details finden. Ich bedaure außerordentlich, daß dieser Mord sich nicht verhindern ließ!“ Ladbers, der Mann aus dem Schilf und von der Baumgabel, nickte stumm und verließ die Halle.

      „Jetzt möchte ich nur noch wissen, wer Hacklett war, der auf dem See umgekommen ist?“ Madisons Stimme brach das lastende Schweigen.

      „Ein Privatdetektiv!“ erklärte Parker. „Kathy hat das bereits gestanden, Hallway ebenfalls. Hackletts Identität wurde erkannt, daraufhin war seine Ermordung eine beschlossene Sache. Kathy nutzte dieses Wissen, um Mister Rander und um meine bescheidene Person in eine Falle zu locken. Erfreulicherweise wurde nichts daraus. Sie glauben, Sir, daß dieses Recreation Center nun geschlossen werden kann?“

      „Worauf Sie sich verlassen können, Parker. An Kuraufenthalten für kreislaufgeschädigte Gangster sind wir nicht interessiert. Ich könnte mir aber vorstellen, daß gewisse Gangstersyndikate nun nicht mehr gut auf Sie zu sprechen sind.“

      „Natürlich nicht“, seufzte