geben, Draußen vor dem Hotel steht ein grüner Lincoln. Setzen Sie sich ans Steuer und brausen Sie los, als säße Ihnen der Teufel im Nacken …!“
Parker sah auf die Banknoten, die ihm der Magere sehr formlos in die Hand gedrückt hatte.
„Eigentlich hab ich mir Sie aber ganz anders vorgestellt“, sagte der Magere weiter und grinste, „scheint Ihre Tarnung zu sein, wie?“
„Würden Sie mir freundlicherweise erklären, wovon Sie zu sprechen belieben?“
„Mann, mir brauchen Sie doch nichts vorzumachen.“ Der Magere grinste vertraulich. „Erstklassige Arbeit, die Sie geleistet haben … Aber überziehen Sie nichts, verschwinden Sie …! Der alte Harpers ist nämlich im Anmarsch … So, und jetzt bin ich schon wieder weg!“
Der Magere nickte Parker zu und drückte sich aus dem Zimmer. Parker schaute wieder auf die Banknoten und blätterte sie anschließend durch. Er fand, heraus, daß man ihm aus unverständlichen Gründen Fluchtgeld in Höhe von tausend Dollar gezahlt hatte.
Dem Butler paßte dieses Geld keineswegs. Ja, es schien ihm sogar in den Händen zu brennen. Er rollte es dicht zusammen und bemühte sich anschließend um seine Spezial-Gabelschleuder, die er aus dem Koffer holte. Er band die Banknotenrolle mit einigen Gummibändern fest zusammen, schob die Rolle in die Lederschlaufe der Gabelschleuder und strammte die beiden Gummistränge. Bruchteile von Sekunden später schoß die harte, feste Rolle durch die Luft und landete auf dem Flachdach eines benachbarten, etwas aus der Flucht ragenden Hauses.
Er trat ans Fenster und sah hinunter auf die Straße. Auf dem Parkplatz vor dem Hotel stand tatsächlich ein grüner Lincoln, wie der Magere es behauptet hatte.
Wollte man ihn zur Flucht einladen, um ihn ohne Gewissensbisse und völlig legal aus dem Weg zu räumen?
Parkers Blick wurde von einem heranpreschenden Jeep abgelenkt, der dicht vor dem Hoteleingang anhielt. Ein großer, schlanker Mann mit weißgrauem Haar stieg aus und verschwand im Hotel. Er wunde von zwei schlanken Männern begleitet, die wie Profis aussahen. Wie Profis aus der Stadt, um ganz genau zu sein.
*
Parker verschwand für wenige Augenblicke im Badezimmer und füllte dort eine Blumenvase mit Wasser. Diese Vase montierte er anschließend gewinnbringend im eigentlichen Hotelzimmer. Er präparierte sich auf den Besuch. Es stand für ihn fest, daß er diesen bald bekommen würde.
Er wurde nicht enttäuscht.
Ohne anzuklopfen, wurde die Tür förmlich aufgewuchtet.
Die beiden schlanken Profis hatten sich gegen das Türblatt geworfen, ein alter Trick, um das Überraschungsmoment für sich zu nutzen. Sie hatten allerdings nicht mit der Blumenvase gerechnet, die der Butler auf die obere Kante der nur angelehnten Tür gestellt hatte. Da sie ihren Halt verlor, machte sie sich selbständig und ergoß ihren Inhalt auf die beiden zu Recht verdutzten Profis, die mit diesem Kaltwasserguß nicht gerechnet hatten.
Sie vergaßen vor lauter Überraschung, nach ihren Waffen zu greifen, wie sie es an sich vorgehabt hatten. Als sie sich an diese Absicht erinnerten, schauten sie in die kanonengroße Mündung von Parkers Colt, der noch aus der Zeit der Goldgräberei in Kalifornien stammte.
„Ich darf wohl unterstellen, daß Sie mich zu sprechen wünschen“, sagte der Butler höflich und würdevoll, „bitte nehmen Sie Platz, meine Herren! Man freut sich als alter, müder und relativ verbrauchter Mann über jede noch so kleine Abwechslung.“
Die beiden Profis sahen sich verdutzt an. Solch eine Tonart hatten sie sicher nicht erwartet. Dann aber starrten sie unangenehm berührt auf den Colt in Parkers Hand, der für ihr Gefühl etwas zu sehr in Bewegung war. Die Mündung schlug kleine Kreise und wanderte von einem Profi zum anderen.
„Was ist denn hier los?“ erkundigte sich wenig später eine rauhe, baritonal gefärbte Stimme. Mit diesen Worten schob sich der weißhaarige Mann aus dem Jeep ins Zimmer. Er trug einen rustikalen Anzug im Farmerstil und schien sich seiner Würde vollauf bewußt zu sein. Dieser Mann hatte ein braun gegerbtes, faltenreiches Gesicht und wasserblaue Augen.
„Darf ich Sie ebenfalls herzlich einladen näherzutreten?“ Parker deutete eine leichte Verbeugung an.
Der Eintretende verstand die Welt nicht mehr. Er starrte zuerst auf den Colt in Parkers Hand, dann auf seine beiden Begleiter, die das machten, was der Volksmund einen belämmerten Eindruck genannt hätte.
„Verschwindet“, raunzte der Mann die beiden Profis an.
Sie widersprachen nicht. Sie beeilten sich, das Zimmer zu verlassen und zogen die Tür hinter sich zu. Der Weißhaarige übersah den Colt in Parkers Hand und ließ sich in einem Sessel nieder.
„Ich bin Walt P. Harpers“, sagte er, „Sie wissen, weshalb ich hier bin?“
„Ich errate es, wenn ich mich so ausdrücken darf. Sie dürften der Vater des verunglückten Glenn Harpers sein, nicht wahr?“
„Richtig …!“ Walt P. Harpers wirkte unbeteiligt, „für wen haben Sie meinen Jungen umgebracht?“
„In dieser Stadt scheint es Mißverständnisse zu geben, Sir. Ich habe Ihren Jungen selbstverständlich nicht umgebracht. Mir scheint, daß Sie dies längst erkannt haben müssen.“
„Die Handlanger eines Mordes interessieren mich nicht. Ich will wissen, wer die Hintermänner sind.“
„Ich ebenfalls, wenn ich dies vermerken darf.“
„Haben die Farewells Sie gekauft …?“ Walt P. Harpers’ Stimme blieb ruhig.
„Farewell …? Heißt so nicht die junge Dame, die ich am Unfallort fand?“
„Wollen Sie mich auf den Arm nehmen?“ Walt P. Harpers stand unvermittelt auf und erwies sich trotz seiner etwa 55 Jahre als durchtrainiert. Er wollte Parker einen bösen Boxhieb verpassen, hatte aber das Pech, in die Luft zu schlagen, da Josuah Parker verständlicherweise zur Seite getreten war.
Walt P. Harpers sah den Butler verdutzt an, verzichtete aber auf einen zweiten Angriff.
„Ich werde die Wahrheit aus Ihnen herausbekommen“, sagte er mit nach wie vor erstaunlich ruhiger Stimme. „Ich schwöre Ihnen, daß Sie Ihres Lebens nicht mehr froh werden …“
Ohne jeden weiteren Kommentar wandte er sich ab und verließ das Zimmer. Ein jetzt alter Mann, angefüllt mit Haß und Todesdrohung. Parker war fest davon überzeugt, daß Walt P. Harpers nicht geblufft hatte …
*
„Hier scheint das zu herrschen, was man gemeinhin Durchgangsverkehr nennt“, sagte Josuah Parker einige Minuten später, als Sheriff Hale Andrew das Zimmer betrat. Auch er verzichtete darauf, sich durch höfliches Anklopfen bemerkbar zu machen.
Andrew stieß sich den breitkrempigen Hut ins Genick und ließ sich im Sessel nieder.
„Hauptsache, Sie verlieren Ihren Humor nicht“, sagte er. „Der alte Harpers war eben bei Ihnen, ja?“
„Sie fragen, obwohl Sie es bereits mit letzter Sicherheit wissen. Sir.“
„Ein Wunder, daß Sie ohne Kratzer davongekommen sind.“
„Ist Mr. Walt P. Harpers derart gefährlich?“
„Wenn es um seinen Augapfel geht, pfeift er sogar auf Logik.“
„Diesen Eindruck hatte ich allerdings auch. Er scheint damit anderen Leuten in dieser Stadt nachzueifern.“
„Das geht wohl auf mich, ja?“ „Glauben Sie wirklich und in der Tat, daß ich Glenn Harpers umgebracht habe?“
„Was ich glaube, spielt keine Rolle.“
„Machen Sie sich die Dinge nicht etwas zu einfach?“
„Die Dinge hier in Heartville sind nicht einfach, wenn Sie das meinen, Parker … Ich habe übrigens Ihre Angaben überprüft. Sie kommen tatsächlich aus Chikago.“
„Ändert