und kann ich möglicherweise helfen, Madam?“ erkundigte er sich und lüftete seine Melone.
„Dieser verflixte Wagen will nicht mehr“, sagte die junge, äußerst reizvoll anzusehende Dame und strich sich eine vorwitzige blonde Haarlocke aus der Stirn. Während sie redete, sah sie die Straße hinunter.
„Darf ich Ihnen einen Sitz in meinem Wagen anbieten, Madam?“
„Aber gern“, gab sie sofort zurück, als habe sie nur darauf gewartet, „den Wagen da kann ich später abschleppen lassen … Nett, daß Sie mir helfen wollen.“
„Haben nicht auch Sie diese Absicht, Madam?“ Parker schloß die Wagentür auf ihrer Seite, ging um den Wagen herum und setzte sich ans Steuer. Als er in den Rückspiegel schaute, tauchte gerade der Ford von Hilfssheriff Dave Culpers auf. Er hatte den Anschluß also endlich geschafft.
„Kommen wir sofort zur Sache“, sagte sie. Sie war jetzt selbstsicher und energisch. „Man glaubt, Sie hätten Glenn Harpers umgebracht, nicht wahr?“
„Woher beziehen Sie Ihr Wissen, Madam?“
„Spielt das eine Rolle …? „Wahrscheinlich nicht, Madam.“
„Na, also … Ich wundere mich, daß man Sie noch frei herumlaufen läßt.“
„Vielleicht ist Sheriff Andrew von meiner Unschuld überzeugt?“
„Andrew?“ Ihr Tonfall war verächtlich, „Andrew tut das, was die Harpers ihm sagen. Oder die Farewells. Er steht eigentlich zwischen zwei Fronten und kommt mir vor wie ein Hochseilartist, der ohne Netz arbeitet.“
„Sie scheinen die örtlichen Verhältnisse sehr gut zu kennen, Madam.“
„Ich kenne sie. Und darum möchte ich Ihnen aus der Patsche helfen, Mr. Parker.“
„Waren Sie es, mit der ich am Telefon sprach?“
„Ja, ich hatte meine Stimme verstellt. Wollen Sie nun endlich zuhören, Parker, oder nicht?“
„Ich bin das, Madam, was man ganz Ohr nennt.“
„Falls Glenn Harpers überhaupt ermordet wurde, dann nur von einem raffinierten Gangster.“
„Der von den Farewells damit beauftragt wurde?“
„Von den Farewells? Lächerlich, Parker!“ Sie schlug die langen, schlanken und nackten Beine lässig übereinander. „Von Ernest Litch!“
„Ernest Litch? Ich muß bedauern, Madam, diesen Namen habe ich noch nie gehört.“
„Sie werden Ernest Litch bald kennenlernen. Er ist Assistent bei Gloria Farewell!“
„Die ihrerseits das bekannte Berghotel leitet?“
„Das ‚Sherman‘“, sagte die junge Dame. „Litch, ihm dürfen Sie nicht über den Weg trauen, hat es auf Gloria abgesehen, davon bin ich fest überzeugt. Und wissen Sie auch, warum?“
„Ich werde es innerhalb weniger Sekunden erfahren, hoffe ich.“
„Litch will der Manager des ‚Sherman‘ werden, das ist der Grund! Aber mit diesen Methoden wird er nichts erreichen. Sprechen Sie mal mit Sheriff Andrew darüber, aber nennen Sie nur ja nicht meinen Namen! Ich möchte von Litch nicht auch noch verfolgt werden. Dieser Mann ist ein Mörder, davon bin ich fest überzeugt!“
*
Das Sherman-Hotel war ein Prachtbau, der sich harmonisch in die Berglandschaft einfügte. Zweistöckig, flachgedeckt, im Stil an eine riesige Almhütte aus der Schweiz erinnernd, bot das Hotel selbstverständlich allen Luxus.
Auf der weiten Terrasse vor dem Haus standen unter Sonnenschirmen Tische, die durchweg von Touristen und Feriengästen besetzt waren. Auf dem Parkplatz standen Wagen, die aus allen Bundesstaaten stammten. In den Liegestühlen auf den Balkons sonnten sich Hotelgäste. Ein insgesamt ungemein friedliches Bild, das dem Auge guttat.
„Sie haben mich nur zufällig gesehen und mitgenommen“, schärfte Kathy Windham ihm ein, bevor sie ausstieg, „ich will keinen Ärger haben. Ich hänge am Leben!“
„Sie können sich fest auf meine bescheidene Wenigkeit verlassen, Miß Windham“, antwortete Parker, bevor er ihr aus dem Wagen half. Sie winkte ihm gekonnt dankbar zu und verschwand in einem Eingang unterhalb der Terrasse.
„Nun hören Sie mal genau zu, Parker“, sagte Culpers, der neben dem Butler auftauchte und einen grimmigen Eindruck machte, „wenn Sie mich ’rumscheuchen wollen, erleben Sie Ihr blaues Wunder!“
„Ich lade Sie zu einem Whisky auf meine Kosten ein“, sagte Parker höflich, „inzwischen werden Sie sich ja per Sprechfunk mit Sheriff Andrew in Verbindung gesetzt haben. Hatte er etwas gegen diesen harmlosen Ausflug?“
„Stecken Sie sich Ihren verdammten Whisky an den Hut“, knurrte Culpers und stampfte ohne jeden weiteren Kommentar davon. Parker kümmerte sich nicht weiter um den Hilfssheriff, ging hinauf auf die Terrasse und fragte bei einem Kellner nach Mr. Ernest Litch.
Wenige Minuten später stand er Ernest Litch gegenüber, der laut Kathy Windham der Mörder, der zufällige Mörder, von Glenn Harpers sein sollte.
Ernest Litch war groß, breitschultrig und sah fast zu gut aus. Er hatte ein markant geschnittenes Gesicht, pechschwarzes Haar und dunkle Augen, die den Butler verbindlich ansahen. Litch wirkte sportlich durchtrainiert.
„Mr. Parker?“ fragte er ab wartend.
„Ich hoffe, Sie sind in der Lage, meine verständliche Neugier zu befriedigen“, schickte der Butler voraus, „ich hatte den Vorzug und das Glück. Miß Gloria Farewell neben dem verunglückten Wagen des Mr. Harpers zu finden und ihre Überführung in das Hospital zu veranlassen.“
„Ach, Sie waren das also!“
„Wie geht es Miß Farewell inzwischen? Man ist ja interessiert, wie ich offen bekunden darf.“
„Nur Prellungen und ein paar Hautrisse … Miß Farewell hat riesiges Glück gehabt. In ein paar Tagen wird sie ganz sicher wieder hier sein können. Die vermuteten Knochenbrüche ließen sich, Gott sei Dank, nicht feststellen.“
„Sie ahnen nicht, wie beruhigt ich bin, Sir.“
„Darf ich mich für Miß Gloria Farewell bedanken, Mr. Parker?“
„Ich tat nur das, was man gemeinhin die Pflicht eines jeden Staatsbürgers nennt. Ich passierte zufällig die Unglückastelle.“
„Und werden dafür jetzt von Sheriff Andrew verdächtigt, nicht wahr?“ Ernest Litch lächelte etwas mokant, „machen Sie sich nichts daraus, Mr. Parker! Ich verrate Ihnen kein Geheimnis, wenn ich sage, daß Andrew eine Niete ist … Entschuldigen Sie diesen harten Ausdruck, aber er entspricht der Wahrheit.“
„Wieso kann eine Niete, um mich Ihrer Ausdrucksweise zu bedienen, Sheriff werden?“
„Weil der alte Harpers ihm die notwendigen Stimmen zur Wahl besorgt bat. Mehr möchte ich dazu lieber nicht sagen. Das ist jetzt etwa ein Jahr her!“
„Ließen die Farewells dies zu?“
„In den vergangenen Jahren schienen die Harpers stärker zu sein als die Farewells. Glenn hatte sehr viele Freunde in Heartville.“
„Er war vor dem Unglück hier bei Ihnen im Sherman-Hotel, nicht wahr?“
„Weil Miß Farewell bei ihm im Wagen saß?“
„In der Tat.
„Ja, er war hier, trank aber nicht viel. Er fuhr dann mit meiner Chefin los. Ich dachte sofort ’runter nach Heartville, aber sie müssen einen Bogen nach Norden gemacht haben.“
„Wissen Sie unter Umständen, welches Ziel angesteuert worden war? Oder warum dieser so scheinbar sinnlose Bogen nach Norden unternommen wurde? Es herrschte dichter Nebel!“
„Da müssen Sie schon