Claudia Rossbacher

Steirerland


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und und und. Alles, was das fruchtbare Vulkanland so hergibt und was unsere Leut daraus produzieren. Weil der neue Hofladen von Anfang an recht eingeschlagen hat, hab ich die Irmi als Verkäuferin eingstellt.«

      »Irmi?«, griff Bergmann den Namen auf.

      »Die Kolleritsch Irmgard. Sie ist aus Bad Gleichenberg.«

      »Ach ja, Frau Kolleritsch. Wir haben sie im Zuge unserer Ermittlungen schon einvernommen. Hier schließt sich also der Kreis …«

      »Welcher Kreis?«, fragte Waltraud Krenn skeptisch.

      Bergmann ging auf ihre Frage nicht ein. »Ist Frau Kolleritsch hier?«, wollte er wissen.

      »Nein. Am Sonntag hat die Irmi frei. Genau wie der Fipsl, der sich um die Schweindln kümmert und mir auch sonst am Hof zur Hand geht. Er wohnt in der Dachkammer.« Sie deutete zur dunklen Holzbalkendecke. »Und der Großvater nebenan.«

      »Fipsl?«

      »Philipp. Blasl Philipp.«

      »Ihr Knecht?«

      Josefine lachte hell auf.

      »Knechte und Mägde gibt’s schon lange nimmer«, meldete sich Waltraud Krenn zu Wort. »Landwirtschaftliche Hilfskräfte, heißen die heutzutag. Man darf ja auch nimmer Neger sagen. Aber warum löchern Sie eigentlich die Josefine? Ich hab den Toten doch gfunden.«

      Das fragte sich Sandra schon die längste Zeit.

      »Routinefragen«, erwiderte Bergmann. »Schließlich liegt der Hof in der Nähe beider Leichenfundorte. Ihr Helfer wohnt also in der Mansarde?«

      »Ja. Ich hab den Fipsl vom Onkel übernommen. Er ist ein bissl behindert. Von dem her ist er ziemlich menschenscheu. Aber er ist am Hof gut eingearbeitet und auch ansonsten ein braver Kerl«, erklärte Josefine.

      »Herr Blasl ist wie alt?«

      »Der Fipsl ist jetzt 23«, antwortete Waltraud Krenn, ohne lange nachzudenken. »Bei der Geburt hat sich die Nabelschnur um seinen Hals gewickelt. Deswegen war das Gehirn eine Zeitlang nicht ausreichend mit Sauerstoff versorgt. Er hat eine Monospastik am linken Bein. So was kommt leider vor.« Waltraud Krenn seufzte. Ganz hatte sie den folgenschweren Zwischenfall von damals wohl nicht verwunden.

      »Immerhin hast du ihm das Leben gerettet, Traudl«, tröstete Josefine ihre Patentante. »Und seit der letzten OP kommt er doch auch viel besser zurecht.«

      Waltraud Krenn nickte.

      »Der Fipsl ist glücklich hier am Hof. Die Arbeit macht ihm riesigen Spaß. Er liebt die Schweindln, und es fehlt ihm an nix«, sagte Josefine.

      »Du behandelst ihn ja auch viel besser, als der Josef es seinerzeit getan hat. Gott hab ihn selig«, sagte Waltraud Krenn.

      »Das ist nicht besonders schwer. Aber lassen wir das. Über Tote soll man nicht schlecht reden«, entgegnete Josefine.

      »Wurde Herr Blasl nach Herrn Haselbachers Tod von der Polizei befragt?«, wollte Bergmann wissen.

      »Ja«, bestätigte Josefine. »Er kann sich nicht so gut artikulieren, deshalb war ich bei der Befragung dabei. Ich bin seine langsame, schwer verständliche Sprache gewöhnt. Wir waren beide hier am Hof. Das steht bestimmt im Protokoll.«

      Bergmann verzichtete auf eine weitere Befragung des Gehilfen. »Und Ihr dementer Großvater wohnt im Nebengebäude. Wurde der einvernommen?«, fragte er.

      Josefine nickte. »Das hat aber nix gebracht. Die Krankheit ist zu weit fortgeschritten.«

      »Der Sepp wird vom mobilen Pflegedienst betreut. Er hat’s Rennerte, wie man so schön sagt. Er poscht alle Augenblick ab und wird woanders wieder aufgeklaubt. Dabei ist er eh schon ganz wacklert unterwegs. Es streut ihn auch dauernd her. Drum hab ich ihm vor ein paar Wochen einen Rollstuhl besorgt. Die Josefine hat eh schon genug um die Ohren.« Waltraud Krenn griff nach einem weiteren Stück Stollen, um dieses wie schon zuvor mit Butter zu bestreichen. »Wolln S’ nicht doch ein Stück kosten? Den hab ich gebacken, weil die Josefine ja keine Oma mehr hat. Von der Tradition her machen das bei uns die Großmütter zu Allerheiligen, wissen S’?«

      Sandra hätte das Angebot gern angenommen, wären sie privat hier gewesen. So aber winkte sie erneut ab, wie Bergmann und Miriam auch.

      Josefine seufzte. »Letztens wär der Opa fast vom Bus überfahren worden …«

      »In einem Pflegeheim für Demenzkranke wär er auf alle Fälle besser aufgehoben. Aber das kann sich ja kein Mensch leisten. Warum wir als einziges Bundesland einen Pflegeregress haben und für pflegebedürftige Angehörige zur Kasse gebeten werden, versteht sowieso niemand. So viel zur hochgelobten Reformpartnerschaft«, mokierte sich Waltraud Krenn über die steirische Landespolitik.

      Bergmann setzte an, sie zu unterbrechen, doch Josefine war schneller. »Der mobile Pflegedienst ist halt doch um einiges günstiger als ein Pflegeheim. Deshalb hab ich den Opa zu Hause behalten und hoff, dass ihm nix passiert, wenn er grad allein ist. Ich kann ihn ja schwer ans Bett anbinden.«

      »Als Enkelin sind Sie doch gar nicht regresspflichtig«, warf Sandra ein.

      »Ich nicht, aber mein Vater. Der schwimmt auch nicht grad im Geld, und Platz hat er sowieso keinen fürn Opa. Außerdem hat der sein Lebtag aufm Hof hier gewohnt.«

      »Ja dann vielen Dank.« Bergmann beendete die Befragung, die, soweit Sandra dies beurteilen konnte, keine wesentlichen Ermittlungsfortschritte gebracht hatte. Wenngleich der Chefinspektor einen durchaus zufriedenen Eindruck machte.

      Auf dem Weg zurück zum Parkplatz sah sich Sandra noch einmal um. Der Koglerhof lag verschlafen in der Mittagssonne, idyllisch umringt von Obstgärten und Äckern, die um diese Jahreszeit bereits abgeerntet waren. Hinter dem Hof begann der Wald. Von der anderen Straßenseite leuchtete das gelbe Laub der Weinstöcke des Nachbarn herüber, dessen Weingarten direkt ans Gehege der Schweine grenzte. Sandras Blick streifte das Nebengebäude. Hinter dem gekippten Fenster glaubte sie einen Schatten wahrgenommen zu haben, der sich wegbewegt hatte. Als sie hinsah, war er fort. Nur der Vorhang bewegte sich leicht. »Ich glaube, wir wurden eben beobachtet«, sagte sie. Trotz der warmen Mittagstemperatur hatte sie plötzlich eine Gänsehaut.

      »Von wem?«, fragte Bergmann und sah sich um.

      Sandra deutete auf das Fenster. »Dort drüben ist gerade jemand hinter dem Vorhang verschwunden.« Oder hatte sie sich das nur eingebildet? War sie einer optischen Täuschung aufgesessen?

      »Ich seh nix«, sagte Miriam.

      Bergmann zuckte mit den Schultern. »Wenn du keine Halluzinationen hast, war das bestimmt nur der alte Haselbacher. Der wohnt ja im Nebengebäude«, meinte Bergmann und setzte den Weg zum Parkplatz fort.

      Wahrscheinlich hatte er recht. Wenn dort überhaupt jemand gestanden war, war es wohl der Altbauer gewesen. Daran war nun wahrlich nichts ungewöhnlich, schon gar nicht unheimlich. Sandra öffnete die hintere Tür des Dienstwagens und nahm auf der Rückbank Platz. Miriam startete den Wagen und lenkte ihn auf die Straße.

      »Check doch mal, ob der vermisste dritte Mann inzwischen wieder aufgetaucht ist. Oder ob sich die beiden Jazzmusiker um einen neuen Akkordeonspieler umsehen müssen«, sagte Bergmann zu Miriam gewandt.

      Nach der Kurve konnten sie bereits die Einsatzfahrzeuge und den Leichenwagen am Feldweg neben dem Wald stehen sehen.

      »Mach ich dann auf dem Rückweg nach Graz«, antwortete Miriam. »Soll ich gleich einen Vernehmungstermin mit ihnen ausmachen? Für den Fall, dass es noch immer kein Lebenszeichen von Maric gibt?«

      Sandra sah den Chefinspektor von hinten nicken.

      »Warte, bleib doch mal dort vorn bei Jutta stehen. Ich frage sie rasch wegen des Obduktionstermins.« Bergmann sprang aus dem Audi, kaum, dass dieser zum Stillstand gekommen war.

      »Na der hat’s aber eilig«, bemerkte Miriam grinsend.

      Auch Sandra sah dem Chefinspektor hinterher und beobachtete, wie er auf der anderen Seite des Feldwegs die Gerichtsmedizinerin