A. F. Morland

5 Romane Auswahlband Ärzte und Schicksale Februar 2019


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Taxi zurück, bezahlte den Fahrpreis und betrat wenig später mit seiner Freundin deren gemütliches Heim.

      Sobald die Tür ins Schloss gefallen war, zog Torben Nicola in die Arme und küsste sie leidenschaftlich. Wohlige Schauer durchliefen ihren schlanken Körper, und sie erwiderte seinen Kuss mit der gleichen Intensität.

      Er hob sie hoch und trug sie die Treppe hinauf, kam dabei nicht einmal außer Atem. Im Schlafzimmer legte er sie sachte auf das breite französische Bett, sie begannen sich gegenseitig mit flinken Fingern zu entkleiden und überhäuften sich danach bis zur wunderbaren Erschöpfung mit tiefempfundener, ebenso erregender wie erfüllender Liebe …

      Am darauffolgenden Morgen frühstückten sie zusammen im Bett.

      „Wie hast du geschlafen?“, erkundigte sich Torben, während er sein Brötchen mit Butter bestrich.

      „Sehr gut“, antwortete Nicola. Sie strahlte vor Glück und Zufriedenheit. „Und du?“

      „Phantastisch. War eine gute Idee, mich nicht nach Hause fahren zu lassen.“

      „Finde ich auch.“ Sie küsste ihn verliebt.

      Er schenkte sich seine zweite Tasse Kaffee ein. „Denkst du hin und wieder an die Zukunft?“

      „An welche Zukunft?“

      „An unsere gemeinsame Zukunft.“ Er trank einen Schluck.

      „Natürlich denke ich daran. Sehr oft sogar.“

      Er stellte die Kaffeetasse ab und schaute Nicola fest in die Augen. „Liebst du mich?“

      Sie schmunzelte. „Würde ich mit dir schlafen, wenn es nicht so wäre?“

      „Hast du auch schon mal an Heirat gedacht?“, erkundigte sich Torben.

      „Das hat keine Eile.“ Nicola biss die Spitze eines Croissants ab. „Ich brauche nicht unbedingt einen Trauschein, um glücklich zu sein.“

      Torben lachte. „Du scheinst dir meiner ziemlich sicher zu sein.“

      Nicola musterte ihn mit hochgezogenen Augenbrauen. „Dürfte ich das etwa nicht?“

      „Sehr viele andere Frauen würden mit dem Heiraten nicht zuwarten, wenn sich ihnen die Gelegenheit dazu bietet.“

      „Würde dich ein Trauschein mehr an mich binden?“, fragte Nicola sachlich. „Kann dieses Stück Papier einen Mann etwa daran hindern, seine Frau zu verlassen, wenn er sie nicht mehr liebt?“

      „Das natürlich nicht …“

      Nicola biss wieder herzhaft in ihr Croissant. „Ich bin eine selbständige Frau.“

      „Und eine sehr selbstbewusste.“

      „Ich habe es nicht nötig, danach zu trachten, so bald wie möglich unter die Haube zu kommen, um versorgt zu sein. Ich habe meinen eigenen Beruf, der mich ernährt und ausfüllt, bin mit einem wunderbaren, verständnisvollen Mann zusammen, der weiß, wie er mich glücklich machen kann. Heirat – ja. Warum nicht? Ich bin nicht dagegen. Ich finde nur, wir brauchen es damit nicht zu überstürzen. Zumal sich für uns so gut wie nichts anderen würde. Ich könnte dich als deine Ehefrau nicht mehr lieben, als ich es ohnehin schon tue, und ich könnte mit Trauschein nicht glücklicher sein, als ich es jetzt bin.“

      Torben bekam einen innigen Kuss von ihr. Dabei passierte das Malheur: Seine Kaffeetasse kippte um, und ihr goldbrauner Inhalt ergoss sich über die dünne weiße Sommerbettdecke.

      „Ist nicht so tragisch“, meinte Nicola. „Das war mir der Kuss wert.“

      Torben Lorentz grinste breit und meinte kopfschüttelnd: „Du bist ein unglaubliches Mädchen, Nicola Sperling, weißt du das?“

      Er half ihr, die Bettdecke abzuziehen – und damit war das gemeinsame gemütliche Frühstück beendet. Später, als sie zusammen unter der Dusche standen, meinte der junge Chirurg – er war zwei Jahre älter als seine attraktive Kollegin – während er Nicolas glatten Rücken einseifte: „Ich habe manchmal so ein eigenartiges Gefühl …“

      „Ich auch.“ Sie lachte gurrend. „Gerade eben. Mich durchläuft es immer wieder heiß und kalt, sobald du mich berührst.“

      „Ich spreche von einem anderen Gefühl“, sagte Torben Lorentz ernst. „Mir ist hin und wieder so, als würdest du etwas vor mir verbergen.“

      Durch ihren nackten Körper ging ein kaum merklicher Ruck. „Ich? Vor dir? Was denn?“

      „Wenn ich das bloß wüsste!“

      Sie drehte sich langsam um und schlang die Arme um seinen Hals. „Du glaubst also, ich verberge etwas vor dir.“

      „Tust du es nicht?“

      „Was sollte das denn sein?“

      „Ich weiß es nicht, aber ich denke, ich werde es eines Tages herausfinden.“

      Nicola stellte sich auf die Zehenspitzen und drückte ihm ihre vollen Lippen auf den Mund. „Es gibt nichts herauszufinden“, flüsterte sie in das Rauschen des Wassers. Sie lächelte dabei, doch es hatte den Anschein, als würde dieses Lächeln nicht ihre Augen erreichen. War da etwas, worüber sie nicht reden wollte? Nicht einmal mit dem Mann, den sie über alles liebte?

      3

      Dr. Kayser verordnete einer Patientin, die seit längerem an chronischer Bronchitis litt, ein Medikament, das neu auf dem Markt war und maximalen Therapieerfolg bei minimalen Nebenwirkungen versprach.

      „So, Frau Reisner, das nehmen Sie jetzt erst mal vierzehn Tage“, sagte der Grünwalder Arzt, „und dann sehen wir uns wieder. Ich denke, damit werden Sie Ihre Beschwerden loswerden.“

      „Ach, Herr Doktor“, seufzte Helene Reisner, „das wäre schön. Aber ich kann’s schon fast nicht mehr glauben.“

      „Die Forschung bleibt nicht stehen“, sagte Dr. Kayser und gab der Frau das Rezept. „Es kommen immer neue, besser wirksame und weniger schädliche Präparate auf den Markt, und mit ein wenig Glück sprechen Sie gerade auf dieses Medikament besonders gut an.“

      Helene Reisner sah den Grünwalder Arzt unsicher an. „Ist es denn auch ausreichend getestet worden?“

      „Wenn Sie von mir etwas verordnet bekommen, können Sie in jedem Fall davon ausgehen, Frau Reisner“, sagte Sven Kayser und erhob sich.

      Nachdem die Patientin das Sprechzimmer verlassen hatte, kam Schwester Gudrun herein. „Heute hört dat Telefon jar nich mehr uff zu läuten, Chef.“

      „Was ist denn los?“, fragte Sven, der, obwohl es gestern sehr spät geworden war, schon wieder voll fit war.

      „Na ja, erst mal kommen die janz normalen Anrufe wie immer herein“, erklärte Gudrun Giesecke, „und dazu kommen die von denen, die jestern hier zu Jast waren, sich für die Einladung bedanken und noch mal loswerden wollen, wie jut et ihnen bei Ihnen jefallen hat. War ja ooch wirklich ’ne janz tolle Grillparty – wenn ick mir die bescheidene Behauptung erlauben darf. Ick habe allen jesagt, se müssten Vaständnis dafür haben, dat ick se nich zu Ihnen durchstellen könnte, weil Se sonst nich mehr zum Arbeiten kämen, und dat sahen se alle völlig ein.“

      „Schön, dass das Fest so großen Anklang fand“, lächelte Dr. Kayser zufrieden.

      „Und janz besonderen Anklang fanden Ihre köstlichen Spareribs“, sagte die Berlinerin. „Ick wurde mindestens fünfmal nach dem Rezept jefragt.“

      Dr. Kayser deutete auf die Tür. „Wer ist der nächste?“

      „Herr Farnleitner. Mit ’ner jewaltigen Sommergrippe. Hoffentlich steckt er nich dat janze Wartezimmer an – und uns ooch noch. Ick habe ihm jesagt, er soll im Bette bleiben, Sie würden zu ihm kommen, doch dat wollte er nich.“

      Sven