id="u8bd0ef70-9a44-5da9-88df-db965f785935">
20
Wir erreichten den "Devvils Club" in der Bronx. Die zivilen Einsatzfahrzeuge, mit denen wir unterwegs waren, parkten wir unauffällig in einiger Entfernung.
Ich trug ein Mikro am Hemdkragen.
Ein Ohrhörer war zu auffällig.
Aber so würden die Kollegen auf jeden Fall mitbekommen, was los war.
Mister McKee hatte nach anfänglichem Bedenken seine Zustimmung zu meiner Beteiligung an dieser Operation gegeben. Es war riskant - aber das galt für jede Verhaftung eines Angehörigen der Devvilish Demons.
Doch hier ging es noch um etwas anderes.
Mit etwas Glück konnte ich Micky vielleicht zu einer Aussage provozieren, die er gewiss gegenüber keinem noch so raffinierten Verhörspezialisten von sich gegeben hätte.
Von einer Wiederholung vor Gericht mal ganz abgesehen.
"Wir sichern Vorder- und Hintereingänge des Devvils Club", erklärte Clive Caravaggio an mich gewandt. "Trotzdem könnte es sein, dass du im Ernstfall ein paar Augenblicke auf dich allein gestellt bist, Jesse. Wir können schließlich nicht in Mannschaftsstärke hier auftreten, sonst fliegt alles auf. Und selbst ein paar Sekunden können da drinnen vielleicht sehr lang werden!"
"Ich mach das schon", versicherte ich.
Es war kühl.
Ich zog den Reißverschluss meiner Lederjacke hoch. Leider war es nicht die Jacke mit dem Devvilish Demons-Aufdruck.
Ein Unterschied, der den Typen sicher schnell auffiel...
"Kein Kevlar?", fragte Milo.
Meine Kollegen hatten für diesen Einsatz nämlich ihre Weste angelegt.
Ich schüttelte den Kopf.
"Ich könnte ja auch gleich mit der Dienstmarke in der Hand hineinspazieren und fragen, ob jemand was dagegen hat, wenn ich Micky Terasso verhafte!"
Wenig später ging ich auf den Eingang des Devvils Club zu. Die Zahl der Motorräder, die vor dem Billiard Lokal abgestellt waren, hatte sich merklich reduziert.
Ein Großteil der Gang war bei dem Massaker vom Yachthafen in Laurence Harbour ums Leben gekommen. Davon mussten sich die Devvilish Demons erst einmal erholen. Wenn ihnen das überhaupt je gelang, denn die Konkurrenz schlief nicht.
Die Beherrscher der benachbarten Gang-Reviere würden die Gelegenheit nicht ungenutzt lassen und sich wie hungrige Raubtiere über die Reste der Devvilish Demons hermachen. Das Einzige, was sie im Moment vielleicht noch davon abhielt, war der vage Verdacht, dass jemand sehr mächtiges hinter den Devvilish Demons gestanden hatte. Jemand, mit dem man sich ungern anlegen wollte: Raymond Zapato.
Die Presseberichte über das Attentat im Yachthafen von Laurence Harbour mussten es jedem klar gemacht haben, der sich auch nur ein bisschen dafür interessierte, dass Zapata bei den Demons eine entscheidende Rolle spielen musste.
Schließlich hatten sie Medien ja auch die Namen der Toten veröffentlicht und einer davon war Ernesto Taylor, Zapatas Laufbursche.
Ich betrat das Billiardlokal, sah mich um. Ein nerviger, schräger Gitarrensound surrte im Hintergrund.
Ein paar in Leder gekleidete Mitglieder der Devvilish Demons schoben lustlos einige Billiardkugeln auf den grünen Tischen herum. Die Stimmung schien nahe auf den Nullpunkt gesunken zu sein.
Ich musterte kurz die Gesichter. Die meisten dieser Männer kannte ich nur flüchtig.
In meiner Zeit als aktiver V-Mann bei den Demons hatte ich mich vor allen Dingen an diejenigen unter ihnen gehalten, die ich für wichtig hielt, aber von denen lebte kaum noch jemand.
Micky Terasso sah ich an der Bar umringt von einigen anderen, jüngeren Devvilish Demons.
Ihr Gespräch verstummte. Sie starrten mich an und auch an den wenigen Billardtischen, an denen gerade noch gespielt worden war wurden die kleinen, bunten Kugeln plötzlich zur Nebensache.
"Da ist er ja, unser obercooler Jesse, der G-man Killer", rief Micky Terasso voller Verachtung. Sein Gesicht war eine Maske des Hasses.
Ich trat näher, versuchte so unbefangen wie möglich zu erscheinen.
"Schön, dass dich die Cops so schnell wieder frei gelassen haben, Jesse", meinte der Mann hinter der Bar, ein ziemlich korpulenter Mittdreißiger, der ebenfalls der Gang angehörte.
Sein Schädel war vollkommen kahl rasiert. Dafür reichte ihm der Bart bis zum Brustbein.
"Kaution", sagte ich.
"Unser guter Lunie sitzt immer noch im Loch."
"Ich war schlau genug, dafür zu sorgen, dass man keine Waffe bei mir gefunden hat", erwiderte ich.
Einige Augenblicke lang herrschte ein angespanntes Schweigen, dann ergriff Micky Terasso das Wort.
"Es ist, wie ich euch erzählt habe", erklärte er. "Jesse ist ein Verräter."
"Ach ja?", erwiderte ich. "Für wen hältst du mich? Für einen Cop? Ich habe einen G-man getötet, vergiss das nicht."
"Aber das macht dich nicht über jeden Zweifel erhaben", rief Micky Terasso wütend. "Schließlich gibt es auch noch andere Scheiß-Kerle, an die man uns verraten könnte, nicht nur die Cops." Er atmete tief durch. Sein Gesicht wurde hochrot.
"Dieser Wichser war bei Danilovichs Gefolge. Ich habe es mit eigenen Augen gesehen", schrie er dann. "Und wahrscheinlich bist du jetzt hierher gekommen, weil du glaubst, dass du dich hier zum Boss aufschwingen kannst. Der große Jesse, der einen G-man gekillt hat. Unsere Kumpels liegen zerfetzt unter der Erde und jetzt denkst du, dass du hier eine große Nummer werden kannst."
Ich lächelte mild.
"Um selbst eine große Nummer zu werden, bist du vielleicht noch ein bisschen zu jung, Micky."
"Eins weiß ich jedenfalls", erwiderte er. "Die Autorität von jemandem wie dir würde ich niemals anerkennen. Du bist für mich ein verdammtes Schwein, Jesse."
"Scheiße, was soll das? Was hast du gegen Danilovich?", rief ich. "Warum tauchst du bei ihm auf und versuchst ihn umzubringen? Als ob wir nicht schon genug Ärger am Hals haben."
"Du warst also tatsächlich dort", stellte der Bartender mit argwöhnischem Unterton fest.
Ich fluchte innerlich. In mir stieg die Ahnung auf, dass ich einen Fehler begangen hatte. Nur hatte ich nicht die geringste Ahnung in welches Fettnäpfchen ich da getreten war.
Danilovich und die Devvilish Demons, das musste ein Kapitel sein, von dem ich noch keine Ahnung hatte.
Ein ratschendes Geräusch ertönte in meinem Rücken.
Jemand hatte eine Schrotpistole mit Pump-Action Automatik hevorgeholt und richtete sie auf mich. Ich drehte halb den Kopf, sah den Typ aus den Augenwinkeln heraus.
"Keine Bewegung, Verräter!"
Zeit gewinnen, dachte ich. Über das Mikro bekamen meine Kollegen alles mit, was in dem Billardlokal gesprochen wurde. Aber sie würden einige Augenblicke brauchen, um den Laden zu stürmen. Ich wollte auf keinen