Franjo Grotenhermen

Cannabis und Cannabinoide


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von Hanf beruht vor allem auf der Nutzung der Hanffaser als technisches Textil. Die besonders reißfeste und witterungsbeständige Hanffaser war geradezu prädestiniert für technische Anwendungen. Die Nutzung von Hanf war historisch immer wieder eng mit dem technischen Fortschritt verknüpft.

      Um etwa 2.800 v. Chr. wurden in China die ersten Seile aus Hanffasern gedreht. In der Urzeit benutzte der Mensch pflanzliche Ranken zum Binden. Bis zur Herstellung von Hanfseilen dienten allgemein Lederstreifen und Lederriemen, in Ägypten zum Teil auch Papyrusfasern diesem Zweck. Die neuen chinesischen Seile erwiesen sich als sehr reißfest und witterungsbeständig. Sie wurden vielfältig eingesetzt und erwarben sich aber vor allem in der Schifffahrt – als Takelage der Segelboote – rasch einen festen Platz.

      Das erste Papier der Welt wurde aus Hanffasern hergestellt. Eine in der Nähe von Xian (China) gefundene Papierprobe aus der Zeit 140 bis 87 v. Chr. bestand aus Hanffasern und dürfte das älteste Papier der Welt sein. Hergestellt wurde es mit einem schwimmenden Sieb, aus dem sich das Schöpfsieb entwickelte. Erst im 13. Jahrhundert gelangte die Technik der Papierherstellung über den Vorderen Orient nach Italien und breitete sich von da aus in ganz Europa. Im 14. Jahrhundert erreichte die Kunst der Papierherstellung Deutschland. Verwendet wurden meistens „Hadern“ als Rohstoff, dies sind abgerissene oder abgeschnittene Stücke Stoff, auch Lumpen oder Fetzen genannt (deutsche Wikipedia, letzter Zugriff 2018-06-24). Die Hadern bestanden vor allem aus Flachs-, Hanf- und Nettelfasern.

      Auch die Nutzung von Hanffasern für Bekleidungs- und Heimtextilien kann auf eine lange Geschichte zurückblicken. Otto Heuser schreibt 1927 hierzu: „Die älteste uns überlieferte Nutzung des Hanfes finden wir nach Dewey in China. Angeblich soll in einem chinesischen Werk der ,Sung‘-Dynastie um 500 v. Chr. der Hinweis zu finden sein, dass bereits im 28. Jahrhundert v. Chr. der Kaiser Shen Nung das chinesische Volk gelehrt hat, ,Ma‘ (Hanf) anzubauen, um Kleider daraus zu fertigen.“ Weitere Hinweise zu Hanftextilien aus dieser Zeit finden sich bei Abel 1980: Im Jahre 1972 wurde in einer Grabstätte der Chou Dynastie (1122–249 v. Chr.) u.a. ein Textilfragment gefunden. Es ist das älteste erhaltene Hanfprodukt der Welt.

      Die ältesten Funde in Europa stammen laut Körber-Grohne vom Beginn der vorrömischen Eisenzeit (Hallstattzeit, 800–400 v. Chr.). Einer der Funde stammt aus dem Grabhügel des keltischen Fürsten von Hochdorf bei Stuttgart, datiert auf etwa 500 v. Chr. Von den gewebten Stoffen spielten solche aus Hanfbast eine große Rolle. Sie waren nicht aus den aufbereiteten, reinen Fasern hergestellt, sondern die Stängelrinde war in schmalen Streifen abgezogen, versponnen und dann gewebt worden, sogar in unterschiedlichen Mustern. Der früheste gewebte Stoff aus voll aufbereiteten Hanffasern ist im Grab der Merowinger-Königin Arnegunde gefunden worden, die in der Zeit zwischen 565 und 570 in der Kathedrale St.-Denis in Paris bestattet wurde.

      Im 17. Jahrhundert, zu den Hochzeiten der Segelschifffahrt, erlebte der Hanf in Europa seine Blütezeit und war eine wichtige Ackerkultur. Fast alle Schiffssegel und fast alles Takelwerk, Seile, Netze, Flaggen bis zu den Uniformen der Seeleute wurden aufgrund der Reiß- und Nassfestigkeit der Faser aus Hanf hergestellt. Handel und Kriegsführung waren vom Hanf abhängig; 50 bis 100 Tonnen Hanffaser wurden für die Grundausstattung eines Schiffes benötigt und mussten alle ein bis zwei Jahre ersetzt werden.

      Bis ins 18. Jahrhundert waren feld- bzw. wassergeröstete und dann mechanisch aufgeschlossene Hanffasern zusammen mit Flachs, Nessel und Wolle die Rohstoffe für die europäische Textilindustrie. Aufgrund seiner gröberen und inhomogeneren Faserbündel wurden Hanfgarne vor allem für Oberbekleidung und Arbeitskleidung eingesetzt, Flachs und Nessel für die feineren Gewebe und Wolle, wenn die Kleidung gut wärmen sollte. Hanfsamen waren Lebens- und Futtermittel; Hanföl wurde sowohl als Lebensmittel als in technischen Anwendungen verwendet.

       1.3 Niedergang des westeuropäischen Hanfanbaus

      Als im 18. Jahrhundert die Baumwollspinnerei mechanisiert wurde („spinning jenny“), die die Verarbeitung der Baumwollfaser wesentlich erleichterte und preiswerter machte, wurden die heimischen Pflanzenfasern, deren Fasergewinnungsprozess arbeitsaufwendig blieb, mehr und mehr vom Textilmarkt verdrängt.

      Im 17. Jahrhundert wurden in Europa etliche 100.000 ha Hanf angebaut. In Konkurrenz zur preiswerteren Baumwolle und dem Niedergang der Segelschifffahrt im 19. Jahrhundert, ging die Anbaufläche kontinuierlich zurück, Aber auch im Jahre 1850 wurden in Frankreich immer noch 130.000 ha und in Italien 140.000 ha Hanf angebaut.

      Bis Anfang des 20. Jahrhunderts waren die wichtigsten technischen Anwendungsbereiche der Hanffaser Taue, Seile und Bindfäden sowie das sog. Segeltuch, das als strapazierfähigstes technisches Gewebe eine Vielzahl von Einsatzgebieten aufwies. Aber bereits im 19. Jahrhundert verlor Hanf auch im technischen Bereich an Bedeutung. Zusätzlich zu der Konkurrenz durch Jute, Sisal und Manila geriet der europäische Hanf infolge preisgünstiger Hanffaserimporte aus Russland unter Druck.

      Die beschriebenen Entwicklungen führten dazu, dass der deutsche Hanfanbau, der Mitte des 19. Jahrhunderts noch ca. 30.000 ha betragen hatte, bis 1910 mit 600 ha praktisch zum Erliegen kam. Ähnlich verlief die Entwicklung in Frankreich, von 176.000 ha im Jahr 1840 auf knapp 9.000 ha im Jahr 1915. Nur in Italien hielt sich der Hanfanbau bis in die 50er-Jahre auf recht hohem Niveau.

       1.4 Wiederentdeckung während der Weltkriege

      Während der beiden Weltkriege wurde der Hanf in Deutschland zum Kriegsgewinner. Abgeschnitten von den überseeischen Importfasern besann man sich wieder auf den Hanf und verbesserte Anbau-, Ernte- und Nutzungstechniken. Über die sog. Kotonisierung gelang es, aus den langen Hanffasern einen kurzfaserigen, hochwertigen Baumwollersatz herzustellen. In den Zwanzigerjahren des letzten Jahrhunderts gab es Überlegungen, die gesamte Baumwolleinfuhr durch kotonisierte Hanffasern zu ersetzen, wozu eine Anbaufläche von etwa 1 Million Hektar notwendig gewesen wäre. Sicher entsprang dieses Szenario vor allem dem deutschen Autarkiebestreben – dennoch zeigt es das Potenzial, welches damals dem Hanf zugesprochen wurde. Heute sind es vor allem ökologische Gesichtspunkte und neue Perspektiven für die europäische Landwirtschaft, die den Hanf zurück auf die Äcker holen.

      In den letzten Kriegsjahren des 2. Weltkrieges wurden in Deutschland ca. 21.000 Hektar angebaut, womit etwa 20% des Bedarfs gedeckt wurden. Der Rest wurde vor allem aus Italien importiert. Auf deutschen Baumwollmaschinen wurde gegen Ende des Krieges mehr kotonisierter Hanf als Baumwolle verarbeitet.

       1.5 Nach den Weltkriegen – erneuter Rückgang und erstmalig Anbauverbote

      Nach dem Krieg war der Hanf in Deutschland schnell wieder vergessen. Die preiswerten Baumwollimporte drängten wieder auf den Bekleidungstextilmarkt und bei den synthetischen Fasern konnte die Chemie- und Kunststoffindustrie entscheidende Fortschritte erzielen. Sie übernahmen vor allem den technischen Textilbereich.

      Entsprechend schrumpfte der Hanfanbau in Westdeutschland wie in den meisten anderen westeuropäischen Ländern rasch auf unbedeutende Größe. In der ehemaligen DDR hielt sich der Hanfanbau noch bis Ende der 60er-Jahre. Auch die Hanfforschung kam mehr und mehr zum Erliegen. Allerdings wurden in Westdeutschland in den 50er- und 60er-Jahren noch neue Hanfsorten mit niedrigem Gehalt an Tetrahydrocannabinol (THC) und hoher Faserausbeute gezüchtet, die dann zum Teil in Frankreich weiter gezüchtet wurden und in die französischen Sorten aufgingen.

      Viele europäische Länder sprachen in den 80er-Jahren Anbauverbote für Hanf aufgrund seiner Nähe zur Schwesterpflanze Marihuana aus. So auch in Deutschland: Mit der Änderung des Betäubungsmittelgesetzes (BtMG) zum 1.1.1982 drohte dem Anbau von Faserhanf in Westdeutschland zunächst das endgültige Aus. Seitdem war der Anbau von Hanf unabhängig von THC-Gehalt und Nutzungsziel untersagt. Ausnahmen durften nur zu wissenschaftlichen Zwecken genehmigt werden oder wenn ein öffentliches Interesse am Anbau vorlag. Bis Anfang 1996 verhinderte diese Gesetzesfassung jeglichen kommerziellen Hanfanbau. Mit den Anbauverboten erlosch auch das Interesse der Agrarforschung an Hanf.

      Infolge dieser Entwicklungen brach der europäische Hanfanbau im Jahr 1990 auf etwa 5.000 Hektar in Frankreich zusammen.