Systemen die 1. Variation des Gesamtpotentials der virtuellen Arbeit entspricht. Beide Prinzipien sind äquivalent, wobei aufgrund der Extremaleigenschaft das Prinzip vom Minimum der potentiellen Energie zusätzlich die Aussage liefert, dass jede Näherungslösung für den Verformungszustand die potentielle Energie „von oben“ approximiert. Bei nichtkonservativen Systemen kann nur die virtuelle Arbeit für die Entwicklung von Näherungslösungen herangezogen werden.
Somit sind die virtuelle Arbeit und das Minimum der potentiellen Energie als Prinzi-pien für die Formulierung des Gleichgewichts für die hier behandelten Anwendungs-fälle gleichwertig. Da das Prinzip der virtuellen Arbeit etwas allgemeingültiger und für Ingenieure besser verständlich ist, wird es in dem vorliegenden Buch durchgängig verwendet.
Bild 2.10 Grundsätzliche Zusammenhänge zum Prinzip vom Minimum der potentiellen Energie und Arten des Gleichgewichts nach [53]
2.4.4 Differentialgleichungen
Wie in den vorherigen Abschnitten bereits erwähnt, wird die virtuelle Arbeit zur For-mulierung des Gleichgewichts und der Elementsteifigkeitsmatrizen verwendet. Diffe-rentialgleichungen sind daher hier von nachrangiger Bedeutung. Andererseits erleich-tern sie das Verständnis für die mechanischen und baustatischen Zusammenhänge und sollen insbesondere zur Beurteilung der Ansatzfunktionen für die Verformungen (Abschnitt 2.5) herangezogen werden. In [12] werden die Differentialgleichungen für die lineare Stabtheorie ausführlich hergeleitet. Dabei werden die virtuelle Arbeit, die Definition der Schnittgrößen und die am differentiellen Stababschnitt formulierten Gleichgewichtsbedingungen verwendet. Darüber hinaus gehen die nach der Elastizitätstheorie berechneten Spannungen σx und τ ein. Tabelle 2.3 enthält eine Zusammenstellung der Differentialgleichungen aus [12] für die lineare Stabtheorie, s. auch Tabelle 1.3.
Tabelle 2.3 Differentialgleichungen der linearen Stabtheorie (zweiachsige Biegung mit Normalkraft und Torsion)
„Normalkraft” | „Biegung um die z-Achse” | „Biegung um die y-Achse” | „Torsion” |
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
mit: Elastizitätsmodul E, Schubmodul G, Querschnittsfläche A, Hauptträgheitsmomente Iy und Iz, minimaler Wölbwiderstand Iω, Torsionsträgheitsmoment IT |
Bei Berechnungen nach Theorie II. Ordnung und zur Stabilität (Eigenwerte) ergeben sich erweiterte Differentialgleichungen. Nach [26] erhält man folgende Beziehungen zwischen Verschiebungs- und Lastgrößen:
(2.13b)
(2.13c)
(2.13d)
Mrr: siehe Tabelle 4.1
Die DGLn (2.13) zeigen, wie die bei der linearen Stabtheorie voneinander unabhängigen vier Teilprobleme „Normalkraft, Biegung um die y- bzw. z-Achse und Torsion“ bei Theorie II. Ordnung miteinander verknüpft sind. Die Kopplung wird durch die Schnittgrößen verursacht und führt dazu, dass das Differentialgleichungssystem (2.13) analytisch nicht gelöst werden kann. Für gewisse Sonderfälle sind Lösungen bekannt, wobei vornehmlich die Problemstellung „Biegeknicken“ von allgemeiner Bedeutung ist. In den DGLn (2.13) ist die Normalkraft N als Zugkraft positiv definiert und die Gleichstreckenlast qx greift im Schwerpunkt an, s. auch Bild 1.9.
Aus Gl. (2.13c) folgt für ϑ(x) = 0 sowie konstante Steifigkeit EIy und Drucknormalkraft ND die bekannte DGL für das Biegeknicken um die starke Achse:
(2.14)
Für die Lösung der DGLn ist es zweckmäßig, Stababschnitte der Länge ℓ zu betrachten und als Parameter Stabkennzahlen ε einzuführen. Damit kann wie folgt formuliert werden:
(2.17)
Die Lösungen der DGLn (2.15) und (2.16)