Peter W. Atkins

Physikalische Chemie


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      können wir dann schreiben

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      also ist image. Mit diesem Wert von image können wir nun auch image berechnen:

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      Dies führt zu image. Auf diese Weise wurden sämtliche im Tabellenteil angegebenen Werte der freien Standardbildungsenthalpie berechnet.

      Welche Faktoren beeinflussen die Größe der Freien Bildungsenthalpie eines Ions in Lösung? Zur Beantwortung dieser Frage ziehen wir einen thermodynamischen Kreisprozess heran. Wir betrachten die Standardbildungsenthalpie von Cl in wässriger Lösung (–131 kJ mol–1) auf der Grundlage der allgemeinen Reaktionsgleichung

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       Kommentar 3-1

      Die Freien Standardbildungsenthalpien von Ionen in der Gasphase sind nicht bekannt. Daher setzen wir hier die Ionisierungsenergien (die Energien, die zur Entfernung von Elektronen aus Atomen oder Kationen in der Gasphase aufzuwenden sind) und Elektronenaffinitäten (die Energien, die mit der Aufnahme von Elektronen durch Atome oder Anionen in der Gasphase verbunden sind) ein und nehmen an, dass sich die Ionisierungsentropie von H und die Entropie der Elektronenaufnahme von X, sowie Effekte der Umrechnung in Enthalpien ungefähr gegenseitig ausgleichen. Unsere Schlussfolgerungen aus dem Kreisprozess sind deshalb nur Näherungswerte.

      Dabei ist es wichtig, im Hinterkopf zu behalten, dass der Wert von ΔBG für ein Ion nicht nur von den Eigenschaften von X selbst bestimmt wird, sondern auch Beiträge aus der Dissoziation, Ionisierung und Solvatation des Wasserstoffs enthält.

      Freie Solvatationsenthalpien einzelner Ionen kann man mithilfe einer Beziehung berechnen, die von Max Born abgeleitet wurde. Er ordnete ΔsolvG der elektrischen Arbeit zu, die aufgewendet werden muss, um ein Ion aus dem Vakuum in das Lösungsmittel zu bewegen; dabei wird Letzteres als kontinuierliches Dielektrikum mit der relativen Permittivität εr behandelt. Die bornsche Gleichung, ausführlich hergeleitet in Zusatzinformation 3-1, lautet

      (3-45a)image

      (3-45b)image

      Ein praktisches Beispiel

      Um uns einen Eindruck davon zu verschaffen, wie gut die bornsche Gleichung experimentelle Daten reproduziert, berechnen wir die Differenz der Werte von ΔSolvG der Ionen Cl und I in wässriger Lösung. Die Ionenradien (181 pm bzw. 220 pm) sind in Tabelle 19-3 gegeben. Wir erhalten

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      Dieser Wert stimmt gut mit dem experimentellen Ergebnis (–61 kJ mol–1)überein.

      Übung 3-10

      Berechnen Sie die Differenz image aus den experimentellen Daten und anhand der bornschen Gleichung.

      [experimentell: –26kJmol–1,berechnet: –29kJmol–1]

      Die Kalorimetrie (zur direkten Bestimmung von ΔH und zur indirekten Bestimmung von S über die Wärmekapazitäten) ist nur einer von mehreren möglichen Wegen zur Ermittlung Freier Enthalpien. In Frage kommt außerdem die Berechnung aus Gleichgewichtskonstanten und elektrochemischen Experimenten (Kapitel 6); für Gase kann man auch spektroskopisch gewonnene Daten heranziehen (Kapitel 16).

      Das Verhalten der Stoffe wird sowohl durch den Ersten als auch durch den Zweiten Hauptsatz der Thermodynamik beschrieben. Die ganze Leistungsfähigkeit der Thermodynamik zur Lösung realer Probleme zeigt sich aber erst durch die Verbindung beider Hauptsätze.

      ■ Das Wichtigste in Kürze: Die Fundamentalgleichung, eine Kombination aus Erstem und Zweiten Hauptsatz, liefert eine Beziehung für die Änderung der Inneren Energie bei einer Volumen- und Entropieänderung des Systems.

      Wie bereits diskutiert, kann man den Ersten Hauptsatz der Thermodynamik in der Form dU = dq + dw schreiben. Für eine reversible Zustandsänderung in einem geschlossenen System (in dem keine Änderung der Zusammensetzung stattfinden darf) gilt, wenn keine Arbeitsform außer Volumenarbeit auftritt, dwrev = – p dV und (gemäß der Definition der Entropie) dqrev = T dS mit p als Druck und T als Temperatur des Systems. Für eine reversible Zustandsänderung in einem geschlossenen System ergibt sich damit

      (3-46)image

      Die Tatsache, dass man die Fundamentalgleichung auf reversible genauso wie auf irreversible Zustandsänderungen anwenden kann, mag im ersten Moment verwirren. Die Begründung ist, dass zwar T dS = dq und – p dV = dw nur im reversiblen Fall gelten, während für irreversible Prozesse die clausiussche Ungleichung T dS > dq und – p dV > dw zutrifft. Die Summe aus dw und dq jedoch ist immer gleich der Summe aus T dS und – p dV (vorausgesetzt, die Zusammensetzung des Systems ändert sich nicht).