Patricia Vandenberg

Dr. Norden (ab 600) Jubiläumsbox 6 – Arztroman


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wollte, daß ich komme.« Damit ging sie, während Carlos immer noch nach Luft rang. Er bekam die Sauerstoffmaske aufgesetzt, und Schwester Imalda rief den Arzt.

      Alessandro hatte draußen bei seinem Wagen gewartet. Er half Isadora beim Einsteigen. Sie seufzte tief auf, als er sich neben sie setzte.

      »Ich habe ihm alles unverblümt gesagt, ihm blieb die Sprache weg. Wenn er jetzt einen Schlaganfall bekommt, wird man es mir ankreiden, aber ich konnte nicht anders. Er weigert sich, die Wahrheit zuzugeben und wird auch keine Verantwortung übernehmen. Er hat bestimmt nicht gedacht, daß das mal bekannt wird. Aber wenn es stimmt, wie ich es annehme, daß er Juan mit Geld bestochen hat, kann er letztlich behaupten, daß er den Unterhalt für das Kind schon im voraus gezahlt hat. Juan wird es akzeptieren, weil er nicht zugeben wird, daß er alles nur aus materiellen Gründen getan hat. Und was wird dann dabei herauskommen?«

      »Wenn der Richter bestechlich ist, wird es unter den Tisch gekehrt, sonst gibt es eine saftige Strafe.«

      »Juan ist Arzt, er hat gegen seinen Eid verstoßen. Alle Schuld kann er nicht auf Carlos abwälzen. Ich weiß auch nicht, wie es die Kinder verkraften, aber ich würde mich selbst verachten, wenn ich schweigen würde. Mir graust vor ihm, Alessandro, er ist ein Monster. Du kennst Violetta, wie kann man diese Frau so behandeln?«

      »Und wie hat er dich behandelt? Ihm fehlt jeder Respekt vor Frauen. Er hatte alle nur als Objekt gesehen, benutzt und in die Ecke gedrängt. Du brauchst dir jetzt keinen Vorwurf zu machen.«

      »Das tue ich auch nicht. Ich bin endlich frei.«

      »So ganz wiederum auch nicht. Ich werde jetzt nämlich auf dich aufpassen, ich gehe nicht mehr in die Schmollecke wie damals.«

      »Ich bin ja froh, wenn du das nicht tust. Es bestünde für dich wirklich keine Veranlassung, kostbare Zeit für mich zu verschwenden, nachdem ich dich so enttäuscht habe.«

      »Wir sind beide klüger geworden, Isa, und auch einige Jahre älter.«

      »Genau vierzehn Jahre, aber du kommst mir immer noch so jung vor wie damals.«

      »Das macht das solide Leben«, lachte er. »Aber wenn du genauer hinschaust, wirst du auch ein paar Falten entdecken.«

      »Nicht so viele wie du bei mir.«

      »Fishing for compliments? Wir sind doch nicht eitel, Isa. Wir müssen jetzt sehen, wie wir aus dem Schlamassel herauskommen.«

      »Du kannst dich ruhig heraushalten, denn du hast schon genug für mich getan. Ohne dich wäre ich ins Grübeln geraten.«

      »Weißt du, was wir jetzt machen? Wir fahren hinaus und lassen es uns auf dem Land gutgehen.«

      »Das ist aber ein bißchen weit, und wir werden lange unterwegs sein.«

      »Was macht das schon? Du brauchst dich doch auch um nichts zu kümmern und Violetta ist bei Nicolas in guten Händen. Er ist froh, wenn ich nicht als Störenfried komme.«

      »Daß Nicolas sich mal für eine Frau interessiert, ist kaum zu glauben.«

      »Es muß eben die Traumfrau kommen. Da schmilzt das kälteste Herz dahin.«

      »Ich habe mir sagen lassen, daß er ein sehr verständnisvoller, sehr bewunderter Arzt ist. Er wird in den höchsten Tönen gelobt, was man von Juan nicht sagen kann.«

      »Für ihn wäre sie bestimmt die richtige Frau, aber ob sie bereit ist für eine Bindung, steht in den Sternen, Isa.«

      »Alles braucht seine Zeit. Sie haben sich ja grad erst kennengelernt. Ich werde ihr mal ein bißchen auf den Zahn fühlen, wenn wir uns treffen.«

      Er konnte nur noch staunen über sie. Ihr Ehedrama schien sie nicht mehr zu beschäftigen, was natürlich auch bedeuten konnte, daß sie innerlich schon lange mit Carlos fertig gewesen war. Aber gerade jetzt würde ihm das nicht ins Konzept passen. Wenn auch seine Frau gegen ihn war, warf das ein schlechtes Licht auf ihn und da konnten sich auch seine Gönner von ihm abwenden. Er war sich seiner Sache zu sicher gewesen, dachte Alessandro, aber als er nun mit Isadora hinausfuhr in die Pampa, wie er scherzhaft meinte, siegte die Freude am Zusammensein und die wieder erwachende Zuneigung. Sie war seine erste Liebe. Er hatte ihr gegrollt, war tief gekränkt gewesen, aber aus seinen Gedanken hatte er sie nie verbannen können. Beständigkeit und Treue waren für die Brüder Fernandez keine leeren Worte.

      *

      Violetta hatte eine Stunde geruht. Nicolas war bei ihr geblieben, und seine Nähe wirkte wieder ungemein beruhigend auf sie. Er hatte die Hand unter ihren Kopf geschoben, und ihre Wange schmiegte sich in seine Handfläche. Sie spürte das Pochen seines Herzschlags in seinem Puls, und ihr war ganz andächtig zumute.

      »Es wird doch gelingen«, sagte sie plötzlich leise. »Das Warten auf das Ergebnis wird mir wie eine Ewigkeit vorkommen.«

      »Sie werden erst mit Pepita Freundschaft schließen, Violetta.«

      »Und wenn sie mich ablehnt? Mir ist bange, Nicolas.«

      »Wer könnte Sie ablehnen?« sagte er weich.

      »Was halten Sie von der Stimme des Blutes?«

      »Nicht soviel, wie oft geredet wird. Aber ich halte viel von der gleichen Wellenlänge.«

      Sie blinzelte zu ihm empor. »Die bei uns vorhanden ist«, murmelte sie. »Warum sagen wir eigentlich immer noch Sie zueinander?«

      »Ich habe doch schon gesagt, daß mir die Worte fehlen, um das auszudrücken, was ich empfinde. Ich habe mir immer selbst im Weg gestanden.«

      »Aber nicht im Beruf.«

      »Für mich gab es doch nur meinen Beruf.«

      »Und Alessandro?«

      »Da gab es nie Probleme. Da brauchte ich auch nicht viel zu sagen. Er hat mich immer verstanden, hat auch sofort gemerkt, welch tiefen Eindruck du auf mich gemacht hast.«

      Er sagte du, ohne zu zögern. Violetta lächelte zufrieden. Ihr gefiel seine Art. Er war so ganz anders als Carlos, als andere Männer, die ihren Weg gekreuzt hatten und denen sie keine Chance gegeben hatte, so sehr sie sich auch um sie bemühten.

      »Ich möchte jetzt zu Pepita, wirst du auf mich warten?« fragte sie stockend. »Erwarte ich zuviel, Nicolas?«

      »Nein, ich kann mir auch mal einen Urlaub leisten, wenn das meine Mitarbeiter auch überrascht. Ich habe schon eine tüchtige Vertretung. Junge Ärzte verdienen auch gern etwas dazu. Während du bei Pepita bist, könnte ich Ileni Delvaro aufsuchen. Sie ist im Marien-Hospital beschäftigt.«

      »Ist das ein Entbindungsheim?« fragte Violetta gepreßt.

      »Eine Frauenklinik.«

      »Ich möchte ihr nicht schaden, Nicolas.«

      »Du darfst nicht zu tolerant sein, Violetta. Es muß ja nicht sein, daß sie überhaupt mitbekommen hat, was da vor sich ging. Ich möchte nur ihre Meinung über Hernando erfahren und ob sie sich an dich erinnern kann. Wir wissen noch nicht, wie sich alles entwickelt, und es wäre nur gut, wenn wir soviel wie möglich in Erfahrung bringen. Auf deine Gefühle hat niemand Rücksicht genommen.«

      »Ich kann mir aber vorstellen, wie Carlos Santoro kontern wird. Er wird alles verdrehen und mir alles in die Schuhe schieben, wird sagen, daß ich das Kind nicht wollte und froh war, daß es nicht lebte.«

      »Aber es lebte, und ein Test wird beweisen, wer Pepitas Eltern sind.«

      »Mir wäre es aber am liebsten, wenn nichts in die Öffentlichkeit dringt. Es geht auch um Antonella und Isadora und ihre Kinder.«

      »Du hast ein sehr weiches Herz, Violetta. Man wird es dir hoffentlich danken, wenn alles so ausgeht, wie du es dir vorstellst. Darf ich dich küssen?«

      »Du mußt nicht fragen«, sagte sie leise und legte die Arme um seinen Hals, und als er sie küßte, empfand sie nur Glück. Alles Bedrückende, Schwere und Quälende fiel von ihr ab.

      »Ich