liegen die Vorteile klar auf der Hand: Die Handlungsfähigkeit ist ausgesprochen schnell – in Krisensituationen ein absoluter Trumpf. Auch ist die Verantwortung klar verteilt.
Aber es gibt auch Nachteile: Die Mitarbeiter werden demotiviert und verhalten sich eher passiv, da sie keine Notwendigkeit sehen, sich eigene Gedanken zu machen und/oder selbst initiativ zu werden. Der Vorgesetzte wird mit der Aufgabe, alles selbst entscheiden zu müssen, leicht überfordert. Die Folgen können Fehler oder falsche Einschätzungen sein. Alles ist auf den Chef fixiert: Ist er einmal nicht anwesend, gibt es keinen Fortschritt in puncto Arbeit.
Beim kooperativen Führungsstil werden die Mitarbeiter in den Entscheidungsprozess mit einbezogen. Delegieren ist möglich. Teilweise wird die Fremdkontrolle durch Eigenkontrolle ersetzt, was eindeutig den Vorteil mit sich bringt, dass Zusammenhänge besser erkannt werden. Das bessere Verständnis trägt viel zur Motivation bei. Auch, dass die Ideen und Vorschläge der Mitarbeiter stets willkommen sind, fördert den Ansporn und das Mitdenken. Der Vorgesetzte wird dadurch entlastet. Es entsteht ein angenehmes Arbeitsklima, das sich positiv auf die Produktivität und Kreativität aller Mitarbeiter niederschlägt.
Aber wie heißt es so schön: »Viele Köche verderben den Brei!« Wo viele Menschen mitreden, besteht die Gefahr, dass es schwierig wird, zu klaren Entscheidungen zu gelangen. Der Vorgesetzte bemüht sich, es allen recht zu machen, und kann sich daher, wenn es vonnöten wäre, nicht durchsetzen. Dann leidet die Disziplin, und wichtige Entscheidungen werden hinausgezögert.
Die dritte klassische Führungsmöglichkeit ist der Laissezfaire-Führungsstil. »Laissez faire« kommt aus dem Französischen und heißt wörtlich übersetzt »lasst machen«, was so viel heißt wie »einfach laufen lassen«. Die Mitarbeiter haben volle Freiheit. Die Gruppe trifft Entscheidungen und ist für die Kontrolle selbst verantwortlich. Die Mitarbeiter haben auf diese Weise einen großen Spielraum, da sie selbstbestimmt agieren können. Das kann sich im besten Fall sehr motivierend auswirken, da die Mitarbeiter auch ihre persönlichen Stärken einbringen können. Allerdings ist das mit der Freiheit so eine Sache, denn nicht jeder Mitarbeiter möchte selbst walten und schalten dürfen. Manchen befällt schlicht und einfach Desorientierung, wenn nicht die ordnende Hand des Vorgesetzten eingreift.
Diese drei Führungsstile gehen auf Kurt Lewin, den Begründer der modernen Sozialpsychologie, und dessen empirische Untersuchungen zurück. Lewin wurde 1890 in Posen geboren und ist 1947 in den USA gestorben. Er untersuchte mit seinen Mitarbeitern Ralph White und Ronald Lippitt in der Child Welfare Research Station an der Universität von Iowa die Wirkung verschiedener Führungsstile auf die Gruppenatmosphäre in Bezug auf Produktivität, Zufriedenheit, Gruppenzusammenhalt und Effizienz. Kurt Lewin konnte unter Knabengruppen das folgende Phänomen beobachten: Als eine Gruppe völlig aus dem Ruder lief, ließ man sie absichtlich ohne Leiter. Und sie lieferte prompt die schlechtesten Ergebnisse in Bezug auf das Aufgabeninteresse, die Gruppenzugehörigkeit und die Zufriedenheit. Da es auch zu aggressiven Verhaltensweisen gekommen war, zog man daraus die Schlussfolgerung: Irgendeine Führung ist besser als gar keine Führung.
Doch bei mir soll es nicht irgendeine Führung werden. Gerhard hat sich bei mir für den autoritären Führungsstil entschieden. Auf der einen Seite ist das logisch, denn es ist eine Tatsache, dass es meinen Körper gibt, der auf dem Tanzparkett im Ballroom in eine bestimmte Richtung bewegt werden soll, und nicht nur das, auch im richtigen Moment in die richtige Kamera. Auf der anderen Seite sträubt sich alles in mir gegen dieses »Fremdbestimmtsein«. Für mich steht fest, dass ich da wohl mit weiblicher List entgegenwirken muss …
Das Wechselspiel zwischen »Führen« und »Geführtwerden« ist eine Übung, die mir anfangs wirklich zuwider ist. Ich soll die Bewegungen meines Gegenübers genau aufnehmen und sie nachmachen, nicht schneller, nicht langsamer, sondern zeitgleich. Ich und etwas nachmachen!!! Ich will den Ton, pardon, in diesem Fall den Schritt angeben, das Tempo vorgeben. Doch das geht beim Tanzen nicht. Die Erklärung ist ganz einfach: Wie soll das Vortanzen funktionieren, wenn ich nicht tanzen kann? Und nach dem ständig wiederholten Üben von Vorwärtsgehen im Gleichklang, Rückwärtsgehen im Gleichschritt, auf einem Bein balancierend im Gleichgewicht lerne ich, von meinem Gegenüber die Richtung, in die es weitergeht, abzulesen, ohne dass der Kopf oder sonstige Körperteile bewegt werden.
Probieren Sie es aus! Wenn Sie zum Beispiel nach links gehen möchten, genügt das alleinige Denken an diese Richtung, auf dass der Kopf dem Körper signalisiert, wohin es als Nächstes langgeht. Nicht nur Tänzer verständigen sich sprachlos, auch Models auf den internationalen Catwalks verhalten sich so, wenn sie in der Gruppe auftreten. Sehr beeindruckt bin ich von der sogenannten Pose des »Ankommens«. Wenn Sie einen Raum betreten, denken Sie beim Hineingehen ans Stehenbleiben, und dann bleiben Sie stehen, und damit meine ich wirklich, dass Sie mit beiden Beinen auf beiden Beinen stehen bleiben. Mit diesem »Ankommen« ist man da, also nicht auf dem Sprung.
Das Wechselspiel zwischen »Führen« und »Geführtwerden« ist eine Übung, die mir anfangs wirklich zuwider ist.
Anfänglich sträubt sich in mir alles gegen diesen autoritären Führungsstil, bin ich doch in meinem journalistischen Berufsleben für Teamwork, ganz nach dem Motto »leben und leben lassen«. Doch hier im Trainingssaal wird mir der aktive Führungsakt durch die gemachten Erfahrungen sympathischer, da ich mich auf ihn einlasse und damit der Führung bewusst vertraue. Das Ablesen von meinem Tanzpartner, wie wir tanzen, welche Tanzschritte wir aneinanderreihen, wohin wir tanzen und wann wir loslegen, entpuppt sich zunächst als sehr schwierige Aufgabe – dieses genaue Beobachten, das für jedes Kind (also auch für uns dereinst) ein »Kinderspiel« ist, liegt brach. Und wie Charles Dickens den Held seines Bildungsromans David Copperfield sagen lässt: »Ich glaube, dass die Beobachtungsgabe vieler sehr junger Kinder wegen ihrer Nähe und Genauigkeit etwas sehr Wunderbares ist. Wahrhaftig denke ich, dass man von den meisten Erwachsenen, die in dieser Hinsicht bemerkenswert sind, weniger sagen kann, dass sie diese Fähigkeit erworben, als vielmehr, dass sie sie nicht verloren haben.«
Die Beobachtungsgabe wird durch die oben angeführte Übung des »Ankommens« geschärft. Dadurch wird ein Bewusstsein geschaffen, dass wir unseren Körper steuern, ihn zielgerichtet einsetzen können.
Mich interessiert sehr, wie ein Lehrer (in diesem Fall ein Tanzprofi) mit einer Unwissenden umgeht. Wie bringt er mir was, wann und mit welcher Methode bei? Was passiert mit mir?
Ganz oben auf der Prioritätenliste steht »Vertrauen aufbauen«. Mir wird bewusst, dass Vertrauen im Grunde eine Entscheidung ist. Die Entscheidung, ein Risiko einzugehen und etwas zu wagen, um etwas anderes zu erhalten.
Mir wird bewusst, dass im Wort »Vertrauen« wiederum »trauen« steckt. Um dieses »Mich-Trauen« komme ich wohl nicht herum …
Ich liege wie ein Luchs auf der Lauer, ich beobachte dauernd. Wissenschaftler haben entdeckt, dass Menschen auch durch die Beobachtung anderer lernen – wie ein Lehrling, der seinem Meister auf die Finger schaut.
Ich schaue genau zu, wenn Gerhard einen Schritt, eine Schrittfolge vormacht. Betrachte seine geschmeidigen Körperbewegungen, die mir von Kopf bis Fuß wie aus einem einzigen Guss erscheinen.
Ich sehe zu, wie er sich vorwärts bewegt, manchmal einer Katze gleich, dann wiederum wie ein Elefant im buchstäblichen Porzellanladen, wenn es denn der tänzerische Ausdruck verlangt. Ich versuche, das Geheimnis graziler Bewegung zu entdecken, glaube, jede meiner Bewegungen unter Kontrolle zu haben, und mache trotzdem alles falsch.
Liegestützen, Kniebeugen, Rückenübungen und Bauchtraining dienen dem Kraftaufbau und stählen meine Muskeln.
Tanz ist wunderbar, um seinen Körper, sein Selbst zu erfahren.
Tanz ist wunderbar, um in das Unterbewusstsein einzutauchen.
Mir wird bewusst,
dass im Wort »Vertrauen« wiederum »trauen« steckt.
Tanz ist wunderbar, um seiner Lebensfreude Ausdruck zu verleihen.
Aha!!! Von alledem verspüre ich rein gar nichts. Ich empfinde Ernüchterung und Erniedrigung, jage von einem Misserfolg zum nächsten, versage in meinen Augen völlig, sehe kein Licht am Ende des Tanztunnels. Beim inzwischen dreistündigen