Arno Boes

Rudern


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zugelassenen maximalen Längen für Anhänger und Zugfahrzeug nicht durch die langen Achter überschritten werden, wurde diese Teilung der Boote von den Werften technisch zuverlässig entwickelt, ohne dass Wasser bei der Nutzung in den Bootsinnenraum eindringen kann.

      An dieser Stelle sei darauf hingewiesen, dass die aufgeführten Maße vor allem für den Rennbootbau gelten. Der Freizeit- und Breitensport ist ja bereits im vorherigen Kapitel erwähnt worden, hier kommen aber ganz andere Bootsformen zum Einsatz. Die werden in Kap. 6 vorgestellt.

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       Abb. 4: Der beispielhafte Aufbau eines Rennboots, hier der Vierer ohne St. (Zeichung: Oskar Loewe)

      Der Bootsbau mit den deutschen und internationalen Werften ist eine Art Wissenschaft für sich. Da wird viel getüftelt und experimentiert, um vor allem im Hochleistungssport für ein Topteam das optimale Bootsmaterial einsetzen zu können. Die hier ausgeführten Fakten sind nur ein erster Überblick für den interessierten Einstieg in die Sportart Rudern. Wer sich darüber weiter informieren möchte, findet eine Menge an Literatur dazu, von der ein Teil im Anhang dieses Buchs aufgeführt ist. Darin finden sich auch detaillierte Angaben zu den weiteren Teilen, die an einem Ruderplatz im Boot eingesetzt werden.

      3.2.3Skulls und Riemen

      Ohne Boote geht es also nicht beim Rudern. Ohne Riemen oder Skulls aber auch nicht, und deshalb wollen wir hier diese etwas genauer betrachten. Wie bei den Booten war auch bei den Rudern Holz der ursprüngliche Werkstoff. Inzwischen hat hier der Kunststoff die Überhand gewonnen, nur selten findet man noch Holzskulls oder -riemen auf dem aktuellen Markt der Werften und Bootsbauer.

      Geblieben ist die generelle Bauform. Sie besteht aus dem Schaft, der an einem Ende mit dem Griff endet. Am anderen Ende ist das Ruderblatt montiert. Schaft und Griff gingen bei den aus Holz gefertigten Rudern meist nahtlos ineinander über. Wurden dafür ursprünglich massive Holzkörper genutzt, wurden im 20. Jahrhundert nach und nach die Schäfte aus einzelnen Teilen verleimt, sodass sich innen ein Hohlraum bildete. Das sollte vor allem Gewicht ersparen, denn ein leichtes Skull oder ein leichter Riemen lässt sich natürlich viel leichter in der Ruderbewegung führen, als massives Holz.

      Das Ruderblatt war am Ende des Schafts eingeleimt und sollte möglichst gut im Wasser liegen sowie wenig Widerstand durch entsprechende Strömungsformen beim Durchzug bieten. Gleichzeitig musste es aber der Kraft des Durchzugs standhalten. Ähnlich wie bei den Booten wurde auch die Form der Blätter immer wieder überarbeitet, neue Erkenntnisse über Kraft- und Strömungsverläufe durch teilweise nur millimeterweise Veränderungen eingebaut.

      Waren die Blätter in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts meist lang und schmal, änderte sich das mit den Europameisterschaften 1959 im französischen Macon. Dort kamen erstmals bei einer großen internationalen Meisterschaft große, schaufelähnliche Ruderblätter zum Einsatz, die zwar von den Ruderern einiges an Kraft verlangten beim Durchzug, dennoch aber enormen Vortrieb erzeugten und damit die Boote deutlich schneller machten. Schon bei den ein Jahr später stattfindenden Olympischen Spielen von 1960 sah man fast alle Mannschaften mit dieser Blattform antreten. Sie heißt bis heute das Macon-Blatt.

      Die nächste Stufe im Ruderbau nahm die Entwicklung mit dem Einsatz von Kohlefasern für die Schäfte. Auch das brachte weitere Ersparnis beim Gewicht, was Einfluss auf die Rudertechnik und die möglichen Schlagzahlen im Rennen hatte. Ende des 20. Jahrhunderts verschwand bei den Topteams das Holz fast völlig bei Skulls und Riemen. Nur noch die Griffe bestanden aus dem natürlichen Werkstoff, sie wurden in die röhrenförmigen Schäfte aus Kunststoff- und Kohlefasern eingesteckt und mit Klebstofffixiert.

      Den letzten großen Schritt bei der Entwicklung von Riemen und Skulls gab es vor den Olympischen Spielen von 1992. Da nutzten erstmals die internationalen Mannschaften in einem Topwettkampf die neue Form der asymmetrischen Ruderblätter. Setzte bis dahin der Schaft des Ruders quasi mittig am Ruderblatt an, so verschob sich der Ansatzpunkt bei den neuen Ruderblättern nach oben, was den Rudern selbst eine Ähnlichkeit mit einem Hackebeil gab. Schnell hatten sie dann auch diesen Namen weg. Ebenso war aber auch klar, dass man damit die Kraft noch besser ins Wasser bringen konnte. Heute hat sich diese Blattform in allen Bereichen durchgesetzt.

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       Abb. 5: Der Aufbau von Riemen (oben) und Skulls mit Bezeichnung der einzelnen Teile (Zeichnung: Oskar Loewe)

      3.2.4Die Ruderanlage

      Die Bauform ist nun klar, aber das Wichtigste ist die gute Verbindung von Boot und Rudern, damit die Kraft der Ruderer möglichst optimal in Bootsgeschwindigkeit umgesetzt wird. Der Punkt, an dem sich das abspielt, ist die Dolle, ein u-förmiger Baustein aus Messing oder Kunststoff, der sich um einen fest mit dem Boot verbundenen Stift dreht. Der Stift sitzt üblicherweise an einem Ausleger, also einer Konstruktion ebenfalls aus Metall oder Kunststoff, die den Drehpunkt der Ruder ein Stück außerhalb des eigentlichen Bootsrumpfs bringt.

      Damit ergeben sich möglichst große Hebelverhältnisse beim Durchzug. Die werden hergestellt durch die Lage des Ruders in der Dolle. Der Schaft eines Skulls oder Riemens wird an einer Stelle von einem angeschraubten Klemmring umgeben. Der teilt das Ruder in einen Innen- und einen Außenhebel. Der Klemmring liegt innen an der Dolle an, der Innenhebel mit dem Griff ragt ins Boot und wird vom Ruderer eingesetzt. Das längere Stück des Ruders liegt hinter der Dolle außerhalb des Boots, sodass das Ruderblatt durch die Ruderbewegung ins Wasser gesetzt und dann beim Ruderschlag durchgezogen werden kann.

      Klingt alles ein wenig kompliziert, ist aber eigentlich ein einfacher Vorgang mithilfe – vereinfacht gesprochen – einer Stange und eines Drehpunkts. Und auch da spielen die Hebelgesetze eine große Rolle. Je länger der Innenhebel ist, desto weniger braucht man Kraft, um den Außenhebel durch das Wasser zu ziehen. Entsprechend kommt dann aber auch weniger Kraft an, was wiederum das Boot verlangsamt.

      Um auf all diese Dinge Einfluss nehmen zu können, ist die Lage eines Klemmrings am Skull bzw. Riemen verschiebbar. Bei modernen Rudern können auch die aus Kunststoff bestehenden Griffe im Schaft ebenfalls verschoben werden, was weiteren Einfluss auf den Krafteinsatz hat. Genutzt werden diese ganzen Verstellmöglichkeiten, um z. B. auf Witterungseinflüsse auf einer Regattabahn reagieren zu können. Herrscht starker Gegenwind, wird das Boot gebremst, die für die Renndistanz benötigte Zeit verlängert sich.

      Damit dem Ruderer dadurch nicht frühzeitig die Kraft ausgeht, kann man die Innenhebel „weicher“ einstellen, also verlängern. Damit benötigt er weniger Kraft pro Schlag und kommt mit der verfügbaren Kondition wohl gut über die Rennstrecke. Entsprechend kann man die Ruder „härter“ einstellen bei Schiebewind.

      Der Ursprung des Zusammenspiels zwischen Ruder, Dolle und Boot war in der Frühzeit des Rennruderns noch recht übersichtlich. Da zählte die Kraft, die ein Ruderer einsetzen konnte und die entschied über Sieg oder Niederlage. Inzwischen hat sich die Verstellbarkeit von Skulls und Riemen, das Trimmen, im Rennsport zu einer kleinen Wissenschaft entwickelt, die innerhalb der Ausbildung von Trainern für den Spitzensport einen breiten Raum einnimmt.

      Schon bei der Vorbereitung des Materials an Land können hier die Weichen für Erfolg und Misserfolg im Rennen gestellt werden, wenn Trainer oder Bootsmeister sich für eine unpassende Einstellung des Materials entscheiden.

      Boote, Riemen und Skulls bilden also die Voraussetzungen für den Rudersport. Sie haben sich im Laufe der Jahrzehnte immer weiterentwickelt. Heute sind die bei Olympischen Spielen oder Weltmeisterschaften zum Einsatz kommenden Materialien millimetergenau auf die Mannschaften angepasst. Meist ist bei diesen Regatten auch mindestens ein hauptberuflicher Bootsmeister im Betreuerstab einer Nationalmannschaft dabei, um nötige Einstellungen auf die Gegebenheiten vor Ort fachmännisch vornehmen zu können.