Arno Boes

Rudern


Скачать книгу

vor der ersten Übungsstunde als Ruderanfänger vertraut gemacht haben sollte. Sie sind in jedem Ruderboot gleich, es spielt keine Rolle, ob es für den Hochleistungssport oder den Freizeit- und Breitensport genutzt wird. Welche Bootsformen es für die unterschiedlichen Ausprägungen des Rudersports gibt und welche Einzelteile für die Ausführung eines möglichst effektiven Ruderschlags noch eine Rolle spielen, ist im nächsten Kapitel zu finden.

image

       Abb. 1: Diese Zeichnung stellt den Aufbau eines Ruderplatzes dar mit den jeweiligen Bezeichnungen der einzelnen Teile (Zeichnung: Oskar Loewe)

      3.2BOOTE UND MATERIAL

      Boote, die gerudert werden, gibt es also schon seit ein paar tausend Jahren. Der Bootsbau für den Sport begann seine Entwicklung im 19. Jahrhundert. Holz war dabei das hauptsächlich eingesetzte Material und das blieb auch so bis in die 1960er-Jahre. Seitdem haben die Kunststoffe im gesamten Ruderbootbau das Holz weitestgehend verdrängt, man findet es meist nur noch im Innenausbau von Booten für den Freizeit- und Breitensport.

      3.2.1Vom Holz zum Kunststoff

      Die ursprüngliche Bauweise mit einem Kiel (innen und außen), daran befestigten Spanten für den Bootskörper und Planken, die sich an den Spanten hochzogen, galt lange als die typische Form auch für Ruderboote aller Art. Erst in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts hatte man Verfahren entwickelt, um die Bootsseiten aus dünnen, gebogenen Holzplatten zu fertigen, die man als Ganzes über die Spanten legte. Sie waren zwar empfindlicher als die bisher verwendeten Plankenhölzer, erlaubten aber vor allem eine Einsparung an Gewicht. Und das war natürlich gerade im Rennbootbau ein entscheidender Faktor. Je leichter das Boot ist, desto schneller konnte es im Rennen gerudert werden und entsprechend weniger Kraft musste man dafür aufwenden.

      Als sich dann nach und nach die Kunststoffe und die Verstärkung durch leichte Kohlefasern durchsetzten, gab das den Booten in dieser Beziehung noch einmal einen gravierenden Impuls für den heute gebräuchlichen modernen Bootsbau. Spätestens mit dem Einsatz von Kunststoffbooten bei den Olympischen Spielen von 1972 in München war der Siegeszug der „Plastikschüsseln“ nicht mehr aufzuhalten. Selbst namhafte Designer, wie der 2019 verstorbene Luigi Colani, machten sich an die Formen und Entwicklungen von eingebauten Komponenten bei Ruderbooten. Sein Boot erwies sich dann aber doch als zu filigran und anfällig, um einem harten Ruderrennen über die 2.000-Meter-Distanz standzuhalten. Es kam dann doch ein Kunststoffboot einer erfahrenen Werft zum Einsatz.

      Generell gilt im Ruderbootsbau, dass die Entwicklung von Formen und eingesetztem Material für die Nutzung in offiziellen Rennen nicht eingeschränkt ist. Jede gute Idee, die ein Boot schneller machen kann, darf grundsätzlich eingesetzt werden. Der Internationale Ruderverband FISA macht allerdings für den Einsatz bei seinen Regatten, Meisterschaften und Olympischen Spielen die Vorgabe, dass jede Nation in der Lage sein muss, die verfügbaren Bootstechniken für ihre Mannschaften anschaffen zu können.

      Es gibt einige renommierte Werften für den Bau von Rennbooten für den Spitzensport sowohl in Deutschland wie auch in Europa und Übersee. Da tüfteln die Experten und Entwickler immer wieder an Einbauten und Techniken, die sich auf die Bootsgeschwindigkeit positiv auswirken sollen. Dem sind grundsätzlich keine Grenzen gesetzt. Sie müssen aber nach der Serienreife von allen Nationen auf einem freien Markt erworben werden können und nicht nur den Teams des Landes verfügbar sein, in dem die Werft ihren Sitz hat. So soll eine Chancengleichheit im Rudersport hergestellt werden und vermeintlich reiche Nationen sich nicht einen Vorteil durch teure Entwicklungen oder Materialien verschaffen können.

      3.2.2Mindestgewicht bringt Sicherheit

      Einen weiteren Effekt hatten die Erfahrungen mit den besonders leicht gebauten Booten. Sie wurden ja nicht nur auf den Regatten eingesetzt, wo die Rennen meist von Wettkampfrichtern und Wasserrettungsorganisationen in Motorbooten begleitet werden. Kommt es hier zu einem Materialbruch und eine Mannschaft kentert, dann ist Hilfe schnell zur Stelle.

      Anders aber sieht das aus im täglichen Training, das nicht selten auf größeren Seen nur mit der Begleitung durch einen Trainer in einem eher kleinen Motorboot abläuft. Würde hier ein leicht gebauter Vierer oder gar Achter durch den harten Krafteinsatz der Ruderer oder eine Grundberührung bzw. Kollision auseinanderbrechen, kann es für die Aktiven gefährlich werden, wenn sie nicht schnell aus dem Wasser kämen. Das gilt vor allem bei niedrigen Wassertemperaturen.

      All diese Überlegungen haben dazu geführt, dass die FISA für den Bootsbau von Rennbooten Mindestgewichte eingeführt hat, damit nicht hauchdünne Materialien, sondern widerstandsfähige Bootsrümpfe zum Einsatz kommen. Die Erfahrungen der zurückliegenden gut 50 Jahre zeigen, dass diese Überlegungen und Vorgaben im Bootsbau berechtigt sind. Nur ganz selten hört man von Unglücksfällen durch den Bruch eines Boots. Folgende Mindestgewichte ohne Riemen bzw. Skulls sind für die einzelnen Bootstypen festgelegt und haben sich bewährt:

Einer 14 kg
Doppelzweier und Zweier-ohne-St. 27 kg
Doppelvierer 52 kg
Zweier-mit-St. 32 kg
Vierer-ohne-St. 50 kg
Vierer-mit-St. 51 kg
Achter 96 kg

       Abb. 2: Mindestgewichte für die einzelnen Bootstypen ohne Skulls oder Riemen

      Damit sind die im Rennsport genutzten Bootstypen genannt. Und da wir gerade bei Zahlenspielen sind, folgen hier auch die Maße. Sie unterliegen keinerlei Beschränkungen oder Kontrollen bei Regatten, sondern ergeben sich aus dem erforderlichen Raum für die jeweiligen Ruderplätze eines Boots und dem Auftrieb, den ein Bootskörper im Wasser erzeugen muss, um das Gewicht der Aktiven sowie von Skulls bzw. Riemen tragen zu können. Wichtig ist dabei, dass ein Boot so weit aus dem Wasser herausragt, um die Ruder ohne Behinderung im und über dem Wasser führen zu können. Folgende Maße für die Rennboote sind zu finden:

Typ Breite Länge
Einer (auch Skiff genannt) 27-29 cm 7,80-8,30 m
Zweier 33-36 cm 9,40-10,00 m
Vierer 43-46 cm 11,80-12,90 m, m. St. bis 13,65 m
Achter 55-57 cm 16,85-17,80 m

       Abb. 3: Abmessungen für Rennboote

      Die hier genannten Maße bieten einen Überblick über den Bereich des Rennbootbaus. Jede Ruderbootwerft hat da ihre eigenen Formen und Feinheiten, die sie bei der Fertigung speziell von Booten für Mannschaften im Hochleistungssport nutzt. Erwähnt sei an dieser Stelle noch, dass die heute gebauten Achter fast alle teilbar sind, also aus zwei Teilen bestehen, die für die Nutzung des Boots zusammengeschraubt werden. Das dient vor allem dem Transport der Boote auf der Straße beim An- und Abreisen zu Regatten.

      Dazu