gewesen wäre. Leider hat sich Hidden Frontier Productions nach den zwei Episoden vollständig auf Hörspiele verlegt, sodass die nächste Staffel mit insgesamt vier Folgen nur noch als Audiodatei vorliegt. Seit 2017 herrscht nun auf der Webseite der Fanfilmer vollständige Funkstille, sodass auch der Release neuer Hörspiele mehr als fraglich ist.
Ein weiterer heißer Kandidat, der auch in Hollywoods Gerüchteküche hoch im Kurs stand, war ein Projekt mit dem Arbeitstitel Star Trek: Starfleet Academy. Die Serie sollte auf dem Campus der Sternenflottenakademie, teilweise aber auch auf einem Schulungsschiff spielen, mit dem die Kadetten in so manches Abenteuer schlitterten. Diese Verjüngungskur hätte Star Trek vielleicht ganz gut getan, stieß aber im Fandom nicht überall unbedingt auf Gegenliebe. Ob sich in dieser Richtung jemals wirklich etwas getan hat, lässt sich abschließend nicht befriedigend beantworten. Manu Intiraymi erzählte uns zumindest in einem Interview, dass es Gespräche in dieser Richtung gegeben habe. Er hätte sich über eine entsprechende Show, in der unter anderem er, aber auch andere ehemalige Star-Trek-Kinder wie Vanessa Branch (Naomi Wildman als Erwachsene) auftauchen sollten, sehr gefreut. Wie dem auch sei. Fakt ist, dass Star Trek andere Wege ging und es das Konzept nicht einmal annähernd bis zur Serienreife brachte. Immerhin erschien dann bei Simon & Schuster ab 2010 eine gleichnamige Romanserie, die allerdings in der in Star Trek von 2009 etablierten alternativen Zeitlinie angesiedelt ist. Und derzeit befindet sich eine 3D-Animationsserie namens Star Trek: Prodigy unter den fähigen Händen von Dan und Kevin Hageman in der Entwicklung, in der es zumindest um einige Sternenflottenkadetten gehen soll.
Alles auf Anfang
Abseits zahlreicher Gedankenspielchen und Spekulationen, von denen Rick Berman sicherlich hier und da gehört hatte, schwebte dem langjährigen Kapitän des Star-Trek-Schiffs etwas völlig anderes vor. Interessanter als ein Trip in eine noch weiter entfernt liegende Zukunft erschien es ihm, sich mit Ereignissen zu befassen, die zwar in den vorherigen Shows mehr oder weniger kurz angerissen, aber nie primär thematisiert worden waren. Die Eugenischen Kriege und der dritte Weltkrieg waren bereits seit den 60er Jahren ein fester Bestandteil der Star-Trek-Welt. Wann der erste Warp-Flug stattfand, wer den Antrieb erfunden hatte und dass dieser den ersten Kontakt nach sich zog, war ebenfalls seit Jahrzehnten kein Geheimnis mehr. Auch Begriffe wie »medizinischer Tricorder« oder »Phaser« gehörten wie selbstverständlich zum gängigen Vokabular des Franchise. Doch wie war es zu all jenen geschichtlichen Ereignissen und technischen Errungenschaften gekommen? Oder genauer gefragt: Wie konnte man die imaginäre geschichtliche Lücke zwischen der Mitte des 21. Jahrhunderts und dem 23. Jahrhundert sinnvoll füllen? Berman fand die Schließung dieser Lücke geradezu verlockend.
Er ließ sich vom Film Star Trek: First Contact (Star Trek: Der erste Kontakt) von 1996 inspirieren, an dessen Ende der erste Kontakt zwischen Menschen und Vulkaniern gezeigt wird. Entsprechend wollte er, wie er es einmal nannte, »people in the mud« zeigen. Gemeint waren damit im Großen und Ganzen bodenständigere Figuren und eine Zukunft, die zeitlich und inhaltlich wesentlich näher an der Gegenwart lag. Eine Folge sollte beispielsweise in Chinatown in San Francisco im 21. Jahrhundert spielen. Die Helden der neuen Serie würden Jeans und Turnschuhe tragen und den Bau der Enterprise auf der Erde miterleben. Irgendwann im Verlauf der Serie sollte die Crew dann ihre ersten zaghaften Schritte in die Tiefen des Alls wagen. Die Besatzungsmitglieder würden Fehler über Fehler begehen, aber schließlich an ihren Aufgaben wachsen. Geschichten über die Oberste temporale Direktive hatten sich demnach zunächst genauso erledigt wie der Traum, die Enterprise-Z mit Warp 10 durch das All pflügen zu sehen.
Vertrauen? Fehlanzeige!
Dass die Hintergrundstory von Star Trek: Enterprise letztlich im 22. Jahrhundert und nicht noch früher beginnt, haben wir wohl dem Einspruch Kerry McCluggages zu verdanken. Der gab auf Bermans wenig innovative Anwandlungen nämlich im Grunde keinen Pfifferling. Im Gegenteil betrachtete er ein Prequel mit großer Sorge. Der Paramount-Chef zeigte sich not amused und bat Berman, der mittlerweile den Star-Trek-Veteranen Brannon Braga an Bord geholt hatte, um Nachbesserung im Sinne von mehr Space und weniger Jeans. Das Produzentenduo war wiederum ein wenig enttäuscht über das mangelnde Vertrauen, sagte aber zähneknirschend zu. Allerdings dachten Berman und Braga nicht im Traum daran, ihr Konzept vollends ad acta zu legen. Stattdessen entschieden sie sich, die Geschichte einfach ein paar Jahrzehnte in die Zukunft zu verlegen. Aus einer auf der Erde gebauten Enterprise wurde nun die NX-01, die in einem Raumdock im Erdorbit lag und auf ihren ersten Flug wartete. Die menschlichen Hauptfiguren, Captain Archer, Malcom Reed, Trip Tucker, Travis Mayweather und Kommunikationsoffizier Hoshi Sato zeigten sich fehlerbehafteter und charakterlich wesentlich näher an den Menschen des frühen 21. Jahrhunderts. Das spiegelte sich weniger in der liberalen Einstellung als vielmehr in Kleinigkeiten wider. Die neuen Besatzungsmitglieder aßen beispielsweise Steak und Catfish, hatten Angst vor dem gerade erst für Biomaterie freigegebenen Transporter und gerieten auch mal in einen handfesten Streit. Captain Archer war sogar bisweilen ein wenig schroff. In der Pilotfolge Broken Bow (Aufbruch ins Unbekannte) gibt es einen kurzen Dialog zwischen T’Pol und Archer, in dem er sich so aufregt, dass er T’Pol darauf hinweist, sich stark zurückhalten zu müssen, um ihr nicht den Hintern zu versohlen. Nicht zuletzt baute Rick Berman einige Reminiszenzen an seinen ursprünglichen Entwurf ein. So sieht man im Pilotfilm etwa den jungen Jonathan Archer an einem Modell mit Schwerkraftregler arbeiten, und Phlox erwähnt in San Francisco, dass er chinesisches Essen liebt. In der Episode First Flight (Erstflug) erzählt Archer T’Pol außerdem in Form von Rückblenden die Geschichte seines verstorbenen Freundes Robinson, der gemeinsam mit ihm den ersten Warp-2-Flug schaffte.
Ein Sequel im Prequel
In zahlreichen – von Rick Berman so genannten – Pizza-Arbeitsmittagessen setzte sich der UPN-Vorstandsvorsitzende schließlich zumindest teilweise durch. Brannon Braga entwickelte auf Drängen der Vorstandsetage den Temporalen Kalten Krieg. Die Idee hatte schon einige Jahre lang in Bragas Kopf herumgespukt. Der Autor steht nach eigenen Angaben auf Zeitreisegeschichten und fand es cool, sich vorzustellen, wie die USA in einem alternativen Jahr 1997 Zeitreisen erfunden hätten. Die Chinesen und einige andere ostasiatische Nationen sollten die Technologie ebenfalls entwickelt haben. Der unkontrollierbare Wille, die Zeit zum eigenen Vorteil zu verändern, sollte schließlich zum Verlust von 20 Millionen Menschen führen und eine internationale Vereinbarung nach sich ziehen, die Zeitreisen streng reglementierte. Natürlich würde sich kein Land daran halten, und so wären Konflikte für eine vollständige abendfüllende Serie denkbar geworden.
Das Ganze klingt nicht ganz unbekannt, und Braga erzählte in mehreren Interviews freimütig, dass er den Pitch für Enterprise einfach nur modifizierte. Im finalen Plot ging es dann statt um Nationen auf der Erde um diverse Gruppen aus der Zukunft, die die Vergangenheit zu ihren Gunsten ändern wollten. Archer und seine Crew wurden allerdings bereits in der Pilotfolge in den Konflikt hineingezogen und immer wieder mit Zeitagenten diverser Fraktionen konfrontiert. Die Geschichte mündete in dem bekannten terroristischen Anschlag der Xindi auf die Erde, bevor Manny Coto sie dann zu Beginn der vierten Staffel mehr schlecht als recht auflöste. Die Idee an sich war eigentlich gar nicht übel und sorgte für einige spannende Episoden. Als Handlanger der Drahtzieher dachten sich die beiden Produzenten die mit einigen coolen genetischen Upgrades ausgestatteten Suliban aus. Teile der Spezies gehörten einer Untergrundorganisation namens Cabal an, als deren Anführer Silik man mit John Fleck keinen ganz unbekannten Star-Trek-Veteranen gecastet hatte. Da die am Temporalen Kalten Krieg beteiligten Splittergruppen aus dem 29., teilweise sogar dem 31. Jahrhundert stammten, spielte auch die Oberste temporale Direktive wieder eine gewisse Rolle. Durch diesen geschickten Kniff bekam so jeder, was er wollte. Rick Berman und Brannon Braga durften ihre Serie im 22. Jahrhundert belassen, während UPN im Gegenzug sozusagen ein Sequel im Prequel erhielt.
Die Trommel ruft
Als alle Fragen rund um das Setting geklärt waren und das Duo Berman/Braga endlich ihr Go erhielten, trommelten sie ihr Produktionsteam zusammen. Es ist keine große Überraschung, dass Berman auf vorhandene Ressourcen zurückgriff und sich der Personalstab deshalb wie ein kleines Who’s Who der Star-Trek-Geschichte liest. Merri D. Howard und Peter Lauritson, die beide schon seit TNG-Zeiten an Bord waren, sollten das Serienschiff