Björn Sülter

Die Star-Trek-Chronik - Teil 1: Star Trek: Enterprise


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Sporen bereits in den vorherigen Star-Trek-Serien verdient. Den Writers Room füllten außer den beiden Showrunnern unter anderem Michael Sussman und André Bormanis, die an je 23 Episoden mitschrieben, sowie Phyllis Strong mit 13 Folgen. Ins Team der Regisseure lud Berman neben vielen ehemaligen Stars wie Roxann Dawson, LeVar Burton, Michael Dorn und Robert Duncan McNeill auch wieder David Livingston, Allan Kroeker und Michael Vejar ein.

      Weitere bekannte Namen sind Junie Lowry-Johnson, die die Verantwortung für das Casting übernahm, Robert Blackman, der sich erneut an den Kostümen versuchen durfte, und Suzanne Diaz-Westmore, die ihre Karriere bei Star Trek mit der DS9-Folge Who mourns for Morn? (Wer trauert um Morn) begonnen hatte. 1998 arbeitete sie an dem PC-Spiel Star Trek: The Game Show und stieß ab 1998 zum Team von Star Trek: Voyager. Doug Drexler, Michael Okuda und Alan Kobayashi waren ebenfalls wieder mit von der Partie. Natürlich durften auch Herman F. Zimmerman als leitender Produktionsdesigner und Michael Westmore als Makeup Supervisor in der langen Liste nicht fehlen.

       Die Brücke – von der Idee zum Bau

      Nachdem der Casting-Prozess erfolgreich abgeschlossen war (mehr dazu im nächsten Kapitel), begann allmählich die heiße Produktionsphase. Die Brücken der Sternenflottenraumschiffe waren bisher stets geräumig und fast schon gemütlich dahergekommen. Das sollte sich nun ändern. Wie wir aus zahlreichen Dokumentationen und Büchern wissen, ist das Leben und Arbeiten in einem Shuttle oder auf einer Raumstation im All in Wirklichkeit alles andere als komfortabel. Überall herrscht quälende Enge. Jeder Zentimeter wird genutzt. In jeder denkbaren Nische sind Gerätschaften untergebracht, und Bilder der International Space Station ISS verraten uns, dass Privatsphäre Mangelware ist. Da der Jungfernflug der NX-01 nur etwa 150 Jahre in der Zukunft lag, sollte auch auf der Enterprise Platz ein hohes Gut sein. Um sich ein besseres Bild vom Alltag unter solchen Lebensumständen zu machen, besuchten Herman Zimmerman, Brannon Braga und Rick Berman ein ausgedientes U-Boot in San Pedro (Los Angeles), das die US-Army in den 80er Jahren ausgemustert hatte. Zimmerman zeigte sich beeindruckt von der Effizienz der Bauweise. Vor allem der Bereitschaftsraum des Captains, der nur aus einer sehr kleinen Nische mit einem Tisch in der Mitte bestand, blieb ihm im Gedächtnis haften. Seine Eindrücke verarbeitete er letztlich im Brückendesign. Zwar bietet das Herz der Enterprise im Vergleich zu realen Verhältnissen noch immer geradezu üppig viel Platz und ähnelt mehr der Schaltzentrale eines Kreuzfahrtschiffs als eines U-Bootes. Dennoch gelang es Zimmerman sehr gut, die Grundkonzepte des U-Boot-Designs einfließen zu lassen. Schaut man sich beispielsweise den Ready-Room auf der Enterprise 1701-D genauer an, erfreut sich das Auge an bequemen Arbeitssesseln, einem einladend großen Tisch, Bildern an den Wänden und sogar einem Aquarium. Warme Farben unterstreichen das heimische Gefühl, das der Crew helfen soll, sich auf ihren jahrelangen Reisen wohlzufühlen. Captain Archers Besprechungen finden hingegen in einem kleinen, graublau gehaltenen Raum ohne Stühle statt. Lediglich ein kleiner Tisch trennt die Offiziere voneinander, und Archer muss jedes Mal den Kopf einziehen, wenn er das Besprechungszimmer betritt oder verlässt.

      Die Brücke musste natürlich genug Platz für gute Kameraeinstellungen und Shots bieten. Dennoch wird bei genauerem Hinsehen auch hier deutlich, dass sich Herman Zimmerman an die Regeln der Effizienz hielt. Weder schwungvolle Linien noch eine Dreier-Sesselfront mit dem Captains-Stuhl in der Mitte und weiteren Plätzen für den ersten Offizier und den Counselor zieren den Raum. Stattdessen herrscht eine fast schon kühle Arbeitsatmosphäre auf der NX-01 vor. Das alles wirkt sehr glaubwürdig und gut durchdacht, und tatsächlich hielt sich der erfahrene Produktionsdesigner an eine seiner alten Grundregeln: Gestalte eine Raumschiffbrücke stets so, dass jedes Bedienelement einen Sinn ergibt und benutzbar ist. In den 60er Jahren war das Brückenkonzept der guten alten Enterprise 1701 so innovativ, dass sich das Militär für den Bau ihrer Flugzeugträger einiges von den Filmschaffenden abschaute. Wer weiß? Vielleicht orientiert man sich in einhundert Jahren für das erste interplanetare Raumschiff an der NX-01, wenn bis dahin endlich Schwerkraftkompensatoren erfunden worden sein sollten.

       Die heiße Phase beginnt

      Als Filming-Location ließ sich Paramount auf keine Kompromisse ein. Die permanenten Sets inklusive der Brücke, des Maschinenraums und der Waffenkammer wurden in Halle 18 auf dem altehrwürdigen Gelände der Paramount Pictures Studios in Los Angeles, California gebaut. Stage 18 war bislang noch nie für eine Star-Trek-Produktion verwendet worden, ganz im Gegensatz zu den Stages 8 und 9, die für den Bau der temporären Sets herhalten durften. Es wäre natürlich eine schöne Hommage an die Originalserie gewesen, wenn auch die Studios 31 und 32 zum Einsatz gekommen wären, wo Kirk und Spock bereits zwischen 1966 und 1969 ihr Unwesen getrieben hatten. Allerdings hatte Gene Roddenberry bereits 1972 in den Hallen 8 und 9 gestanden und die Vorproduktionsphase der nie realisierten Serie Star Trek: Phase II überwacht. Außerdem waren hier, zumindest teilweise, die ersten vier Kinofilme entstanden, so dass die Produktion von Enterprise dann doch auf heiligem Star-Trek-Boden stattfand.

      Um die Sets in den vorgegebenen Wochen fertigzustellen, benötigte Herman Zimmerman vor allem zwei Ressourcen: Personal und Geld. Beides stand glücklicherweise im ausreichenden Maße zur Verfügung, so dass der Setdesigner aus dem Vollen schöpfen konnte. Der dritte große Faktor hieß Zeit, denn innerhalb von fünf Wochen sollten die Sets in den drei Studios fertiggestellt sein. 130 bis 150 Personen arbeiteten von früh morgens bis teilweise tief in die Nacht hinein, um die Sets zu bauen, die wir heute in der Serie bewundern können. Die Anzahl des Personals erklärt sich aus dem hohen Aufwand, den es erfordert, eine neue Serienwelt von Grund auf neu gestalten zu müssen. Wenn erstmal alle grundlegenden Elemente erschaffen sind, reduziert sich das Team meistens auf die Stärke einer Wartungs- und Einsatz-Crew. So war es auch in diesem Fall. Während der vier produzierten Seasons standen zwischen 20 und 30 Handwerker ständig bereit, um Sets umzubauen, defekte Teile zu reparieren und auszutauschen oder temporäre Setteile für die Außendrehs zu kreieren.

      Eine weitere beeindruckende Zahl ist nebenbei erwähnt die Geldsumme, die alleine die Kulissen verschlangen. Bis zum Start des Pilotfilms gab Zimmerman rund fünf Millionen Dollar dafür aus, die Enterprise zum Leben zu erwecken. Zu den permanenten Sets gehörten die Brücke mit dem Bereitschaftsraum, der Maschinenraum und die Waffenkammer. Doch die Zuschauer wollten natürlich auch die Kombüse und den Aufenthaltsraum, die Krankenstation, Kabinen, Gänge, Lagerräume und sogar das schiffseigene Fitnessstudio erleben. Also hieß es klotzen und nicht kleckern.

       Aus neu mach alt, oder umgekehrt?

      Eine Serie vor Gene Roddenberrys Originalserie spielen zu lassen, stellte designtechnisch eine große Herausforderung dar. Wie konnte man sich vom bunten Look der ursprünglichen Bedienelemente auf der Enterprise verabschieden, aber dennoch deutlich machen, dass die NX-01 einhundert Jahre früher gebaut worden war? Man durfte einerseits die altgedienten Fans nicht verärgern, wollte aber auch ein neues Publikum für Star Trek begeistern. Denise und Mike Okuda sowie Herman Zimmerman machten sich hierzu intensive Gedanken. Wichtig war es, den Zuschauern eine glaubwürdige Retro-Atmosphäre zu vermitteln, die noch in der Gegenwart verankert war, aber auch eine Verbindung zum 23. Jahrhundert schuf. Da sich auf der Enterprise 1701 der Warpkern nicht horizontal über zwei Decks erstreckt, sondern vertikal gebaut ist, fand Zimmerman, es sei eine gute Idee, dieses Design für das erste Warp-5-Schiff aufzugreifen. Die vornehmlich rot-blauen Lichter des Warpkerns der 66er-Enterprise übernahm er ebenfalls. Ein Blick ins Innenleben des Kerns der NX-01 verriet, wie das Ganze funktionierte. Innerhalb der Holzkonstruktion montierten die Handwerker links und rechts etwa in der Mitte zwei große, mit Aluminium umwickelte und drehbare Holzscheiben, auf die je nach Bedarf Lichtquellen reflektiert wurden. Man konnte das Licht dimmen oder die Farbe verändern, je nachdem, ob der Warpantrieb gerade hochfuhr, im Standby-Modus war oder die Enterprise mit Warp 5 durch das Weltall raste.

       Monitore überall

      Denise und Mike Okuda waren außerdem der Ansicht, dass das Schiff vollgepackt mit Bildschirmen sein sollte, was sie vor allem auf der Brücke auch umsetzten. Möglicherweise war zum ersten Mal in einer TV-Serie überhaupt jeder Screen, der auf der Brücke zu sehen ist, an einen Computer angeschlossen und mit dem Kontrollraum direkt hinter dem Set verbunden. Die Schaltzentrale ist in einer der zahlreichen und informativen Dokumentationen auf der BluRay-Edition