Alltag allerdings nicht. Zu Hauptstadtehren, wie bereits in der Antike, kam Liménas erst wieder 1870. Im Mittelalter hatte sich die Bevölkerung, der permanenten Piratenüberfälle überdrüssig, in den Bergen des Inselinneren versteckt - die einst blühende Metropole verödete, ihre Ruinen überwucherte Macchia. Erst nachdem man Mitte des 19. Jh. den Piraten weitgehend den Garaus gemacht hatte, zogen viele Bewohner des Bergdorfes Panagía, das damals die Hauptstadtfunktion ausübte, wieder an die Küste zurück. Ihre Zahl war bald so groß, dass es sich lohnte, auch den Sitz der Verwaltung zu verlegen.
Für Touristen ist Liménas ein guter Standort, bietet die Stadt doch die beste Infrastruktur auf der Insel, jede Menge Unterhaltung, viel Kultur und auch recht ordentliche Strände.
Viele Liménas-Besucher kennen das Fotomotiv Nr. 1 der Stadt schon vor ihrer Anreise aus Prospekten und Katalogen: das lang gestreckte Walmdachgebäude, Kalogériko genannt, ein ehemaliges Metóchi (Klostergut) des Áthosklosters Vatopédi. Der Fischerhafen mit den bunten Booten kommt auch noch als schönes Motiv in Betracht, ansonsten gibt Liménas in dieser Hinsicht, sieht man von den antiken Ausgrabungen ab, nicht viel her. „Kunterbunt baut hier jeder durcheinander“, schimpft der Töpfer Kostís, Ästhet von Berufs wegen. „Der eine hat einen Balkon aus Holz, der andere aus Plastik. Ein Haus ist schiefergedeckt, das nächste mit Ziegeln, das dritte besitzt ein Flachdach. Wie sieht das aus!“ Recht hat er, aber andererseits spiegelt sich in dem Durcheinander der typisch griechische Individualismus wider und der hat doch gerade für uns Mitteleuropäer viel Liebenswertes.
Was anschauen?
Antike Agorá: Mitten in der modernen Stadt liegen die Ruinen des antiken Stadtzentrums. Mit ein bisschen Fantasie gelingt es, sich die damals prachtvollen Gebäude vorzustellen.
Archäologisches Museum: Sehenswerte Funde wie ein widdertragender Koúros oder die auf einem Delfin reitende Aphrodite werden in dem kleinen, empfehlenswerten Museum ansprechend präsentiert.
Was unternehmen?
Spaziergang in die Oberstadt: Etwas beschwerlich, aber sehr reizvoll ist die zwei- bis dreistündige Tour vom alten Fischerhafen mit dem wunderschönen Gebäude des Kalogérikos über das Kap Evraiókastro, vorbei an Teilen der mächtigen einstigen Stadtmauer auf die alte Akrópolis hinauf.
Wo baden?
Stadtstrände: Zwei kleine, aber zumindest in der Nebensaison recht angenehme Strände sind vom Zentrum zu Fuß gut erreichbar.
Strände westlich der Stadt: Zwischen Liménas und dem Kap Pachís findet jeder einen Badeplatz nach seinem Geschmack: Eher still sind die z. T. kieseligen Strände von Nistéri, Glifáda und Papalimáni, während in der Agía-Iríni-Bucht seit der Eröffnung der edlen La-Scala-Beachbar der Bär los ist.
Strände östlich der Stadt: Die reizvolle Bucht Makríammos sowie die sog. Marble Beaches gehören zu den beliebtesten Badezielen auf der Insel.
Wo ausgehen?
Am alten Fischerhafen: Schlendern Sie bei Sonnenuntergang am Hafenbecken entlang und sehen Sie den Anglern auf den Molen zu, nehmen anschließend einen Drink in einer der Bars direkt am Wasser und kehren dann in einer der Tavernen ein.
Am neuen Fährhafen: Hier haben sich in den letzten Jahren auf engstem Raum einige hervorragende Tavernen angesiedelt - ausprobieren lohnt sich.
Wo shoppen?
Einkaufsgasse: In der Odós 18. Oktovríou reihen sich zahllose Läden mit viel Kitsch, aber auch Kunst aneinander. Insbesondere am Abend, wenn die hier ebenfalls ansässigen Fast-Food-Lokale gut besucht sind, ist hier kaum ein Durchkommen.
Sehenswertes
Wie wohl in keinem Inselstädtchen der Ägäis sind in Liménas Antike und Gegenwart baulich miteinander verwoben. Nahezu auf Schritt und Tritt stößt man auf Ruinen zwischen den Häusern der modernen Stadt, etwa auf ein 2500 Jahre altes Stadttor in einem Vorgarten, auf ein ehemaliges Kultheiligtum an einer der Hauptstraßen, auf eine frühchristliche Basilika mitten auf einer belebten Platía etc. Und der antike Kriegshafen wird sogar heute noch von den Fischern genutzt - Antike zum Anfassen also.
Abendstimmung am Fischerhafen
Nicht zu Unrecht hat man Liménas als ein einzigartiges antikes „Freilichtmuseum“ bezeichnet. Zu verdanken ist dies in erster Linie der Französischen Archäologischen Schule Athen, die seit 1911 bis in die Gegenwart hinein Ausgrabungsarbeiten durchführt. Besonders sehenswert sind neben dem wunderschön gelegenen Theater in der antiken Oberstadt die Agorá und das Museum, vor allem aber die teilweise noch sehr gut erhaltene, einst etwa 3,5 km lange, gewaltige Stadtmauer mit ihren schönen und mächtigen Toren, die die damalige Unter- und Oberstadt halbkreisförmig umgab. Auch die mittelalterliche Festung auf der Akrópolis ist einen Besuch wert. Wer unsere drei Rundgänge miteinander kombinieren möchte, sollte einen ganzen Tag dafür einplanen.
Erster Rundgang: Durch die Unterstadt
Der Spaziergang, für den Sie etwa eine Stunde benötigen, beginnt am alten Fährhafen an der Mole, wo man vor einigen Jahren eine aus dem blendend weißen thassitischen Marmor gefertigte Delfinskulptur aufgestellt hat.
Gegenüber der Mole geht man die Odós Gallikís Arch. Scolís leicht aufwärts und erreicht nach insgesamt 150 m einen Platz. An dessen Ostseite befinden sich die Reste einer frühchristlichen Basilika vom Beginn des 6. Jh. Zwei der auffallend schlanken Säulen hat man wieder aufgerichtet, am Boden liegen die verbliebenen zahlreichen Säulentrümmer, z. T. kann man in Kapitellen noch eingravierte lateinische Kreuze erkennen. Zu sehen sind auch die Mauerreste der halbrunden Apsis.
Geht man die Straße weiter aufwärts, kommt man nach wenigen Metern an einer riesigen ummauerten Platane vorbei, deren Stamm unten an einer Seite so tief ausgehöhlt ist, dass man sich bei Regen bequem darin unterstellen könnte. An der übernächsten Abzweigung hält man sich an dem kleinen Hotel Akrópolis rechts, dann an der folgenden T-Kreuzung links. Nachdem man kurz darauf eine Bäckerei passiert hat, kommt man zu einer weiteren Kreuzung. Hier stehen rechts Reste der alten Stadtmauer bzw. das Zeus-Hera-Tor, ein wichtiger Zugang zur antiken Stadt. Dieser war etwa 4 m breit und wurde seit dem 5. Jh. v. Chr. zu beiden Seiten von je einem hohen Marmorpfeiler mit den Reliefs des Göttervaters bzw. seiner Frau begrenzt. Nur der Hera-Pfeiler ist noch vorhanden und zeigt die Göttin mit dem Zepter in der Hand auf ihrem Thron sitzend, die Füße auf einen Schemel gestellt. Die geflügelte Gestalt vor ihr ist die Götterbotin Iris, die Aufträge von ihrer Herrin entgegennimmt.
Folgt man der Odós Pierre Vambez ca. 50 m stadtauswärts, sieht man rechts unter einem Olivenbaum einen großen steinernen Sarkophag aus dem 3. Jh. n. Chr. In ihm wurde laut der eingemeißelten Inschrift ein gewisser Poliádis bestattet. Dieser römische Sarkophag ist das letzte Überbleibsel eines antiken Friedhofs.
Um