Thomas Schröder

Thassos Reiseführer Michael Müller Verlag


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von der Mauer und man geht am Hotel Galaxy vorbei zur Odós Gallikís Arch. Scolís, der man ei­nige Meter nach rechts zum Sile­nen­tor folgt. Benannt wurde dieses Stadt­tor nach dem Relief, das sich an seiner lin­ken Seite befindet: Ein zwei Meter ho­her, nur mit Stiefeln bekleideter Si­le­ne, ein Dämon, schreitet mit einem zwei­henkeligen Trinkgefäß in der Hand in Richtung Stadt. In einer klei­nen Nische neben der Figur ließen Rei­sen­de da­mals einen Obo­lus zurück. Durch die­ses Tor kam man einst zu­nächst in das sog. Silenenviertel, von dessen Häusern noch einige Grund­mau­ern erhalten sind. Man geht nun auf der Odós Galli­kís Arch. Scolís stadt­ein­wärts und kommt bald zum Hera­klion, dem Hei­lig­tum des Herakles, der im antiken Thássos nicht nur als Held, sondern auch als Gott verehrt wurde. Von dem einst riesigen Gebäude­kom­plex sind kaum mehr als die recht­eckigen Fun­da­mente eines Tempels so­wie Reste eines Altars zu erkennen. Hier wurde jedoch nicht nur dem ge­wal­tigen Herakles ge­hul­digt, die Kult­stätte war 405 v. Chr. auch Schauplatz grausamer Hin­rich­tun­gen: Als die da­mals auf der Seite Athens stehenden Thas­sio­ten von dem spartanischen Ge­ne­ral Lýsandros be­siegt worden waren, ließ dieser im He­ra­k­lesheiligtum einen gro­ßen Teil der „attischen“ Inselbe­woh­ner ermorden.

      Schräg gegenüber dem Herakles­heilig­tum steht das heutige Rathaus der Stadt (Odós Pierre de Vambez). Un­mit­telbar hinter dem Gebäude ent­deckt man ein Feld, auf dem mehrere an­tike Sarkophage, zu­meist aus römi­scher Zeit, herum­lie­gen.

      Vom Heraklion folgt man der Odós Pierre de Vambez, die unterhalb des Hei­lig­tums verläuft, und passiert dabei spär­liche Reste eines römischen Cara­callabogens. Bei der zweiten Möglich­keit zweigt man nach links in die Odós Theagénous ab. Nimmt man dann wie­der die nächste Möglichkeit nach rechts, stößt man nach wenigen Me­tern zunächst auf die kleine schiefer­ge­deckte Nikolauskirche, neben der man erst vor einigen Jahren einen modernen Glockenturm errichtet hat. Links vom Haupteingang befindet sich die Ikone des heiligen Bischofs und Schutz­pat­rons der Seefahrer. Gewaltige marmor­ne Säulen trennen die Seiten­schiffe vom Mittelschiff. Die Fresken in der Kup­pel und in der Apsis sind vom Ker­zenruß fast völlig schwarz, jedoch las­sen sich im Gewölbe der Pantokrator und weiter hinten eine Darstellung der Auferstehung ausmachen. Sehenswert ist auch die hölzerne Iko­nostase mit Weinreben und dem als Motiv auch an­dernorts stets wiederkehrenden byzan­tini­schen Doppeladler. Unmittelbar an die Kirche schließt sich das Gelände der antiken Agorá an.

      Die Agorá, seit dem 4. Jh. v. Chr. bis in die Zeit der Römerherrschaft Zentrum des sozialen, administrativen und kul­ti­schen Lebens der antiken Stadt Thás­sos, war einst im Westen, Osten und Süden von Säulenhallen (Stoen) umge­ben, während sich an der Nord­seite v. a. Geschäfte und Verwaltungsge­bäu­de befanden. Im Innern dieses annä­hernd quadratischen Platzes stan­den Al­tä­re, Heiligtümer, ein Tempel sowie Eh­renpodeste. Heute sind zwar keine sen­sationellen Reste mehr zu sehen, doch mit etwas Fantasie kann man sich anhand der Ausgrabungen einige der einst eleganten Gebäude gut vorstellen. Sehenswert ist die Agorá auch, weil sie eine der lebendigsten archäologischen Stät­ten Griechenlands ist, die wir bis­her kennen­ge­lernt haben. Zwar wurde sie von Mitarbeitern der Fran­zö­si­schen Ar­chäologischen Schule vor etwa 50 Jah­ren im Wesentlichen ausgegraben, doch noch heute trifft man dort regel­mäßig Spezialisten bei der Arbeit an, die im­mer noch weitere Teile freilegen. So kann man nie genau vorherse­hen, wie oder ob sich eine Stoá, eine Tem­pel­an­la­ge oder ein Bezirk verändert hat, wenn man nach einiger Zeit wie­der zu Besuch kommt.

      Nach dem Betreten des Geländes über eine Treppe sieht man links die Reste eines ehemaligen Säulenhofs 1, auf den sich in römischer Zeit eine Exédra, ein halbkreisförmiger Raum, öff­nete, deren Grundmauern heute noch gut zu sehen sind. Dahinter schließt sich die lange Nordwest-Stoá 2 an, von deren 35 dorischen Säulen im­mer­hin einige teilweise wieder auf­ge­rich­tet werden konnten.

      Der steinerne Schiffsbug diente als Fundament eines Denkmals

      Man geht nun unter einer schmalen Asphaltstraße hindurch zum Durch­gang der Theoren 11. Auf diesem Weg, der zu beiden Seiten von mit wert­vol­len Re­liefs ge­schmück­ten Marmor­mau­ern be­grenzt war, gelangte man einst zum Sitz der höchs­ten Beamten der Stadt, eben den Theoren. Leider wur­den die Reliefs, u. a. Apollon mit den Nym­phen, während der türkischen Herr­schaft in den Louvre nach Paris über­führt. Jenseits des Durchgangs steht man auf einem Platz mit zwei Brun­nen. Nörd­lich davon hat man in den let­zten Jah­ren Ausgrabungen durch­ge­führt und u. a. die Mauern eines großen früh­by­zantinischen Wohn­hauses (5. Jh. n. Chr.) mit einem Badekomplex frei­ge­legt. Die Arbeiten waren 2019 immer noch im Gange. Am Hang des Akró­po­lis­hügels, östlich des Platzes, hat man spär­liche Reste eines Ártemistempels ge­funden.

      Wieder zurück auf dem eigentlichen Agorágelände, betritt man die kleine Nordost-Stoá 12, hinter der sich Werk­stät­ten und Geschäfte 13 reicher Thas­sio­ten befan­den. Unmittelbar vor der Stoá fällt ein steinerner Schiffsbug 14 ins Auge, zu beiden Seiten mit wellen­för­migen Ornamenten verziert. Wahr­schein­lich handelt es sich um das Fun­da­ment eines Denkmals, vergleichbar mit dem der berühmten Nike von Sa­mo­thráki, das ebenso wie das auf der Nachbarinsel zur Erinnerung an sieg­rei­che Seeschlachten errichtet worden war. In westliche Richtung weiter­ge­hend, passiert man schließlich noch das sog. Paraskenien-Gebäude 15, des­sen Front mit vorspringenden Seiten­flü­geln einer Theaterbühne geähnelt ha­ben soll. Daneben lag der Gerichts­hof 16 der antiken Stadt.

      Von den Ausgrabungen im Innern des Platzes sind die des einstigen Zeus-Agoraíos-Tempels 17 (Zeus des Mark­tes) am wichtigsten, denn er war das Haupt­hei­ligtum der Agorá. Die noch erhaltenen Fundamente finden Sie vor der nörd­lichen Ecke der Nordwest-Stoá. Ganz in der Nähe davon errichteten die Bürger von Thássos dem Faustkämpfer Theogénes, einem der berühmtesten Sportler der Antike, einen runden Stu­fen­altar