von der Mauer und man geht am Hotel Galaxy vorbei zur Odós Gallikís Arch. Scolís, der man einige Meter nach rechts zum Silenentor folgt. Benannt wurde dieses Stadttor nach dem Relief, das sich an seiner linken Seite befindet: Ein zwei Meter hoher, nur mit Stiefeln bekleideter Silene, ein Dämon, schreitet mit einem zweihenkeligen Trinkgefäß in der Hand in Richtung Stadt. In einer kleinen Nische neben der Figur ließen Reisende damals einen Obolus zurück. Durch dieses Tor kam man einst zunächst in das sog. Silenenviertel, von dessen Häusern noch einige Grundmauern erhalten sind. Man geht nun auf der Odós Gallikís Arch. Scolís stadteinwärts und kommt bald zum Heraklion, dem Heiligtum des Herakles, der im antiken Thássos nicht nur als Held, sondern auch als Gott verehrt wurde. Von dem einst riesigen Gebäudekomplex sind kaum mehr als die rechteckigen Fundamente eines Tempels sowie Reste eines Altars zu erkennen. Hier wurde jedoch nicht nur dem gewaltigen Herakles gehuldigt, die Kultstätte war 405 v. Chr. auch Schauplatz grausamer Hinrichtungen: Als die damals auf der Seite Athens stehenden Thassioten von dem spartanischen General Lýsandros besiegt worden waren, ließ dieser im Heraklesheiligtum einen großen Teil der „attischen“ Inselbewohner ermorden.
Schräg gegenüber dem Heraklesheiligtum steht das heutige Rathaus der Stadt (Odós Pierre de Vambez). Unmittelbar hinter dem Gebäude entdeckt man ein Feld, auf dem mehrere antike Sarkophage, zumeist aus römischer Zeit, herumliegen.
Vom Heraklion folgt man der Odós Pierre de Vambez, die unterhalb des Heiligtums verläuft, und passiert dabei spärliche Reste eines römischen Caracallabogens. Bei der zweiten Möglichkeit zweigt man nach links in die Odós Theagénous ab. Nimmt man dann wieder die nächste Möglichkeit nach rechts, stößt man nach wenigen Metern zunächst auf die kleine schiefergedeckte Nikolauskirche, neben der man erst vor einigen Jahren einen modernen Glockenturm errichtet hat. Links vom Haupteingang befindet sich die Ikone des heiligen Bischofs und Schutzpatrons der Seefahrer. Gewaltige marmorne Säulen trennen die Seitenschiffe vom Mittelschiff. Die Fresken in der Kuppel und in der Apsis sind vom Kerzenruß fast völlig schwarz, jedoch lassen sich im Gewölbe der Pantokrator und weiter hinten eine Darstellung der Auferstehung ausmachen. Sehenswert ist auch die hölzerne Ikonostase mit Weinreben und dem als Motiv auch andernorts stets wiederkehrenden byzantinischen Doppeladler. Unmittelbar an die Kirche schließt sich das Gelände der antiken Agorá an.
Zweiter Rundgang: Antike Agorá und Archäologisches Museum
Die Agorá, seit dem 4. Jh. v. Chr. bis in die Zeit der Römerherrschaft Zentrum des sozialen, administrativen und kultischen Lebens der antiken Stadt Thássos, war einst im Westen, Osten und Süden von Säulenhallen (Stoen) umgeben, während sich an der Nordseite v. a. Geschäfte und Verwaltungsgebäude befanden. Im Innern dieses annähernd quadratischen Platzes standen Altäre, Heiligtümer, ein Tempel sowie Ehrenpodeste. Heute sind zwar keine sensationellen Reste mehr zu sehen, doch mit etwas Fantasie kann man sich anhand der Ausgrabungen einige der einst eleganten Gebäude gut vorstellen. Sehenswert ist die Agorá auch, weil sie eine der lebendigsten archäologischen Stätten Griechenlands ist, die wir bisher kennengelernt haben. Zwar wurde sie von Mitarbeitern der Französischen Archäologischen Schule vor etwa 50 Jahren im Wesentlichen ausgegraben, doch noch heute trifft man dort regelmäßig Spezialisten bei der Arbeit an, die immer noch weitere Teile freilegen. So kann man nie genau vorhersehen, wie oder ob sich eine Stoá, eine Tempelanlage oder ein Bezirk verändert hat, wenn man nach einiger Zeit wieder zu Besuch kommt.
Nach dem Betreten des Geländes über eine Treppe sieht man links die Reste eines ehemaligen Säulenhofs 1, auf den sich in römischer Zeit eine Exédra, ein halbkreisförmiger Raum, öffnete, deren Grundmauern heute noch gut zu sehen sind. Dahinter schließt sich die lange Nordwest-Stoá 2 an, von deren 35 dorischen Säulen immerhin einige teilweise wieder aufgerichtet werden konnten.
Rechts von dieser Säulenhalle sind fünf flache Stufen erkennbar. Sie gehören zum westlichen Propylon 3, dem einstigen Haupteingang der Agorá. Von hier kommt man in die Südwest-Stoá 4. In dem halbrunden Raum am Ende dieser Wandelhalle wurde eine beeindruckende Statue des Kaisers Hadrian aus thassitischem Marmor gefunden, die man im Museum bewundern kann. Von hier geht man wenige Meter geradeaus weiter, hält sich rechts und sieht etwas tiefer einen Teil der antiken Straße 5 vor sich liegen. In deren Mitte steht eines der Schmuckstücke der Agorá, eine nahezu vollständig aufgebaute Exédra 6. Von der halbkreisförmigen Mauer vor Wind geschützt, konnte man damals bequem auf einer Bank sitzen und wunderbar plaudern. Hervorragend erhalten ist auch die Dekoration, eine mit Stierköpfen und Ornamenten verzierte Girlande. Am Ende der antiken Straße führt ein schmaler Pfad zum Odeon 7. Von dem kleinen Theater mit Elementen aus der griechischen und römischen Zeit sind vier Sitzreihen und die Treppenaufgänge noch mehr oder minder gut erhalten. Geht man zurück zur Südwest-Stoá, sieht man im rechten Winkel dazu die spärlichen Reste der Südost-Stoá 8, dahinter Mauerüberbleibsel einer einstgeschlossenen großen Lagerhalle 9. In der Ostecke dieser Halle finden sich hinter den drei wieder aufgestellten Säulenresten der Südost-Stóa noch die Fundamente des sog. Glaukos-Denkmals 10 aus dem 7. Jh. v. Chr. General Glaukos soll zur Zeit der griechischen Kolonisierung der Insel mit den Pariern gekommen und im Kampf mit den einheimischen „Barbaren“ gefallen sein. Nach seinem Tod wurde er als Held verehrt. Die Inschrift auf diesem ältesten auf dem Gelände der Agorá ausgegrabenen Monument - „Ich bin das Monument des Glaukos, Sohn des Leptines ...“ - wurde übrigens noch in der sog. Bustrophen-Art verfasst. Dabei wechseln links- und rechtsläufige Zeilen einander ab - vergleichbar damit, wie ein Bauer mit seinem Ochsengespann die Ackerfurchen zieht. Diese Inschrift befindet sich heute im Museum.
Der steinerne Schiffsbug diente als Fundament eines Denkmals
Man geht nun unter einer schmalen Asphaltstraße hindurch zum Durchgang der Theoren 11. Auf diesem Weg, der zu beiden Seiten von mit wertvollen Reliefs geschmückten Marmormauern begrenzt war, gelangte man einst zum Sitz der höchsten Beamten der Stadt, eben den Theoren. Leider wurden die Reliefs, u. a. Apollon mit den Nymphen, während der türkischen Herrschaft in den Louvre nach Paris überführt. Jenseits des Durchgangs steht man auf einem Platz mit zwei Brunnen. Nördlich davon hat man in den letzten Jahren Ausgrabungen durchgeführt und u. a. die Mauern eines großen frühbyzantinischen Wohnhauses (5. Jh. n. Chr.) mit einem Badekomplex freigelegt. Die Arbeiten waren 2019 immer noch im Gange. Am Hang des Akrópolishügels, östlich des Platzes, hat man spärliche Reste eines Ártemistempels gefunden.
Wieder zurück auf dem eigentlichen Agorágelände, betritt man die kleine Nordost-Stoá 12, hinter der sich Werkstätten und Geschäfte 13 reicher Thassioten befanden. Unmittelbar vor der Stoá fällt ein steinerner Schiffsbug 14 ins Auge, zu beiden Seiten mit wellenförmigen Ornamenten verziert. Wahrscheinlich handelt es sich um das Fundament eines Denkmals, vergleichbar mit dem der berühmten Nike von Samothráki, das ebenso wie das auf der Nachbarinsel zur Erinnerung an siegreiche Seeschlachten errichtet worden war. In westliche Richtung weitergehend, passiert man schließlich noch das sog. Paraskenien-Gebäude 15, dessen Front mit vorspringenden Seitenflügeln einer Theaterbühne geähnelt haben soll. Daneben lag der Gerichtshof 16 der antiken Stadt.
Von den Ausgrabungen im Innern des Platzes sind die des einstigen Zeus-Agoraíos-Tempels 17 (Zeus des Marktes) am wichtigsten, denn er war das Hauptheiligtum der Agorá. Die noch erhaltenen Fundamente finden Sie vor der nördlichen Ecke der Nordwest-Stoá. Ganz in der Nähe davon errichteten die Bürger von Thássos dem Faustkämpfer Theogénes, einem der berühmtesten Sportler der Antike, einen runden Stufenaltar