durch ein neues ersetzte. Es sollte sich jedoch mittlerweile herumgesprochen haben, dass die Instrumente aus Keynes’ Mottenkiste keine nachhaltige Wirkung haben, sondern nur viel Geld kosten und nach kurzer Zeit verpuffen. Bei Politikern, die keine Ahnung von wirtschaftlichen Zusammenhängen haben, sind sie trotzdem sehr beliebt. Immerhin können sie so ihren Wählern zeigen, dass sie alles in ihrer Macht Stehende tun, um die Krise zu beenden. Hätten sie nur mehr Macht, wie viel mehr könnten sie dann tun!
Wann platzt die Anleiheblase?
Eine durch staatliche Eingriffe erzeugte Krise eines staatlichen Geldmonopolsystems durch noch mehr staatliche Eingriffe zu lösen, kommt einer Quadratur des Kreises gleich. Die Zentralbanken haben seit 2008 massiv Staats- und Unternehmensanleihen für frisch gedrucktes Geld gekauft. Statt ein auf Schulden basierendes, krankes System an der Wurzel zu reformieren, wurden immer mehr Schulden gemacht. 2008 betrug die Menge der staatlichen und privaten Schulden 173 Billionen US-Dollar, 2019 war sie bereits auf 250 Billionen Dollar angewachsen.12 Die Maßnahmen der Politiker wirken so, also würde man einen Brand mit Benzin löschen wollen. „Die Erträge von Anleihen sind weltweit die niedrigsten in der 500-jährigen Geschichte“, sagt Starinvestor Bill Gross. „Es gibt Anleihen im Wert von zehn Billionen Dollar mit negativen Zinsraten – das ist eine Supernova, die eines Tages explodieren wird.“13
Zinsentwicklung im Euroraum
Zinsentwicklung deutscher Staatsanleihen
Seit 2008 haben die Zentralbanken die Leitzinsen immer weiter abgesenkt. Die Zinsen für deutsche Staatsanleihen sind mittlerweile sogar negativ. Das heißt: Die deutsche Regierung bekommt Geld geschenkt, wenn sie sich etwas leiht. Die Geschäftsbanken müssen auf ihre Einlagen bei den Zentralbanken Strafgebühren zahlen, statt dafür Zinsen zu erhalten, wie es natürlich wäre. Die ersten Banken haben bereits damit begonnen, diese Negativzinsen an ihre Kunden weiterzureichen. Damit ist die eigentliche Funktion des Zinses außer Kraft gesetzt.
Der Sinn des Zinses
Menschen schätzen in der Regel die frühere Erfüllung eines Bedürfnisses höher, als wenn es zu einem späteren Zeitpunkt befriedigt wird. Genau das drückt die Zeitpräferenz aus, ein zentraler Begriff in der Zinstheorie der Wiener Schule der Volkswirtschaft, die im Wesentlichen von Eugen Böhm von Bawerk formuliert wurde. Zeitpräferenz und Zins sind immer positiv. 1.000 Euro werden heute höher wertgeschätzt als 1.000 Euro in einem Jahr. Ich würde sie nur dann verleihen (es sei denn, an einen sehr guten Freund), wenn ich dafür in einem Jahr zum Beispiel 1.100 Euro erhielte. In einem marktwirtschaftlichen System, in dem sich der Zins frei und ungehindert auf dem Markt bilden kann, wäre ein Negativzins undenkbar. Doch im Geldsozialismus unserer Zeit kommt der Zins nicht etwa durch Angebot und Nachfrage zustande, er wird von einer zentralstaatlichen Behörde festgesetzt, so wie der Preis eines Trabis in der DDR.
Die Käufer von Staatsanleihen mit negativer Rendite sind in der Regel große Pensionsfonds oder Versicherungen. Sie sind gesetzlich dazu verpflichtet, einen Teil der Kundengelder in „sichere“ Anlageklassen wie Staatsanleihen zu investieren, sonst würden sie es wohl kaum tun. Von den niedrigen oder negativen Zinsen profitieren die Finanzminister: Sie müssen weniger Geld zurückzahlen, als sie sich geliehen haben. Aber auch Unternehmen, die eigentlich längst hätten Insolvenz anmelden müssen, können sich durch Kredite mit niedrigen oder Negativzinsen am Leben halten. Solche Zombie-Unternehmen sind jedoch problematisch. Die Ressourcen, die benötigt werden, um eigentlich insolvente Unternehmen künstlich am Leben zu halten, könnten an anderer Stelle sinnvoller eingesetzt werden. In vielen Ländern ist der Anteil solcher Zombie-Unternehmen an der Wirtschaft mittlerweile zweistellig. In den USA wird er auf etwa 10 Prozent geschätzt, in Deutschland auf rund 15 Prozent, in Griechenland auf über 30 Prozent.14 Eine freie (sprich soziale) Marktwirtschaft lebt dem österreichischen Ökonomen Joseph Schumpeter zufolge von der „kreativen Zerstörung“. Doch leider sind die natürlichen Selbstheilungskräfte des Marktes durch das Monopolgeldsystem und die schädlichen Eingriffe der Politik zu einem Großteil außer Kraft gesetzt.15, 16
Zum Schaden der Sparer und Mieter
Besonders schädlich sind die Niedrig- und Negativzinsen für die Sparer. Ihr Geld wird durch die Inflation immer weniger wert. Die Zinsen für Sparguthaben sind niedriger als die Preissteigerungsrate. Die Ersparnisse werden also bei Niedrigzinsen schleichend enteignet, bei Negativzinsen erst recht. Aber auch andere klassische Anlageformen wie Staatsanleihen rentieren sich – wie wir gesehen haben – nicht mehr. Wer sich an riskantere Anlagen wie Aktien und Kryptowährungen nicht herantraut, hat heute kaum noch eine Alternative.
Immobilien gelten immer noch als relativ sichere Geldanlage. Ein Großteil des in den Markt gepumpten Geldes wird daher in Immobilien investiert. Das treibt ihre Preise nach oben. Seit der Finanzkrise 2008 sind die Immobilienpreise in Deutschland um 47,3 Prozent gestiegen.17 In der Folge verteuern sich natürlich auch die Mieten. Politiker, die daraufhin eine staatliche Mietpreisdeckelung fordern, so wie sie von den Nationalsozialisten 1936 eingeführt und von den DDR-Sozialisten beibehalten wurde, mögen sich bei den Wählern beliebt machen, richten damit aber noch mehr Schaden an. Wer wird schon in den Neubau von Immobilien investieren, wenn man damit Geld verliert? Doch wenn nicht neu gebaut wird, bleibt das Angebot zu gering, die Preise müssten dann eigentlich noch weiter steigen. Wenn das verboten ist, verrotten die Häuser, so wie man es in der DDR als Folge der (national-)sozialistischen Mietpreisgesetze beobachten konnte.
Wird Bargeld verboten?
Politiker und Zentralbanker haben verständlicherweise kein Interesse daran, die Zinsen zu erhöhen, weil das Finanzsystem dann in nicht abzusehende Schwierigkeiten käme. Sie wollen lieber Null- und Negativzinsen durchsetzen. Doch wer würde sein Geld zu Negativzinsen auf dem Bankkonto lassen? Da ist es vernünftiger, es abzuheben und in bar unter der Matratze zu lagern. Doch wenn das jeder täte, würde das Teilreservesystem in sich zusammenbrechen. Um dies zu verhindern, wird von vielen Politikern die Abschaffung des Bargelds gefordert. In Schweden ist es ihnen bereits fast gelungen.
So etwas wird nicht über Nacht kommen, sondern in kleinen Schritten eingeführt, damit die Menschen sich daran gewöhnen und nicht dagegen rebellieren.18 Zum Beispiel sollen die Gebühren für das Abheben von Bargeld an Geldautomaten deutlich erhöht werden, sodass man lieber per Überweisung oder Geldkarte bezahlt als in bar. Auch die Grenzen, bis zu denen man mit Bargeld legal bezahlen kann, werden gesenkt. In Italien ist es verboten, etwas in bar für mehr als 1.000 Euro zu bezahlen. In Deutschland wurde die Obergrenze für den anonymen Erwerb von Gold in bar von 10.000 auf 2.000 Euro gesenkt. Um all das durchzusetzen, werden Scheinargumente wie Terrorfinanzierung, Drogenhandel oder Geldwäsche vorgeschoben. Auch die virale Ansteckungsgefahr durch Geldscheine wird seit der Coronavirus-Panik als Argument genannt. Doch der eigentliche Grund liegt darin, die Flucht aus dem Bankensystem zu verhindern. Zum Glück gibt es für den freiheitsliebenden Bürger, der sich sein Bargeld nicht verbieten lassen will, heute eine Alternative: digitales, nicht staatliches Bargeld. Mehr dazu in den Kapiteln 2 und 3.
Das Dilemma der Banken
Auch die Banken leiden unter den Niedrigzinsen. Geld aus dem Nichts zu schöpfen und dann darauf Zinsen zu verlangen, ist eigentlich ein traumhaftes Geschäftsmodell. Doch wenn die Zinsen so gering sind, dass sie die Kosten nicht mehr decken, rechnet es sich nicht mehr. Die Aktiva der Banken, also im Wesentlichen die von ihnen vergebenen Kredite, werfen immer weniger Rendite ab. Viele Banken schreiben daher Verluste und zehren ihr Eigenkapital auf. Ihre Eigenkapitalquote – also ihr Eigenkapital dividiert durch ihre Aktiva – darf jedoch nicht weniger