ersten Lesen offensichtlich erscheinen mögen, vergessen Sie nicht, dass Sie davon profitieren, wenn Sie es mit einem einfachen Beispiel zu tun haben. Andere Regeln sind selbst bei kurzen Argumenten schwer genug nachzuvollziehen.
Kapitel VII zeigt Ihnen, wie Sie eine erweiterte Argumentation entwerfen und sodann ausarbeiten können und dabei zugleich Einwände und Alternativen berücksichtigen. Kapitel VIII führt Sie von dort aus weiter zum Verfassen eines argumentativen Essays. Kapitel IX liefert zusätzliche Regeln speziell für mündliche Vorträge und Kapitel X für öffentliche Debatten. Diese Kapitel bauen auf den Kapiteln I–VI auf, da erweiterte Argumentationen wie diese im Wesentlichen kurze Argumente miteinander kombinieren und ausarbeiten, so wie sie in den Kapiteln I–VI vorgestellt werden. Springen Sie daher nicht direkt zu den späteren Kapiteln, selbst wenn Sie sich von diesem Buch vor allem versprechen, dass es Ihnen dabei hilft, einen Essay zu verfassen oder einen Vortrag zu halten. Das Buch ist so kurz gehalten, dass Sie es von vorne durcharbeiten können: Auf diese Weise verfügen Sie dann, wenn Sie zu jenen späteren Kapiteln gelangen, über die nötigen Werkzeuge, um deren Inhalte vernünftig nutzen zu können. Für Lehrende empfiehlt es sich besonders, die Kapitel I–VI frühzeitig im Semester als Lektüre aufzugeben und die Kapitel VII–X, sobald Essays, Vorträge und Debatten im Plenum anstehen.
Das Buch schließt mit drei Anhängen. Einem Glossar mit den wichtigsten Begriffen, die im Buch verwendet werden. Der zweite Anhang bietet eine Übersicht der wichtigsten Fehlschlüsse: Irreführende Arten von Argumenten, die so geläufig sind und in die man so leicht verfällt, dass sie sogar eigene Namen besitzen. Der dritte Anhang bietet drei Regeln für die Aufstellung und Bewertung von Definitionen. Verwenden Sie diese, wann immer Sie sie benötigen!
I. Kurze Argumente: Einige allgemeine Regeln
Argumente beginnen damit, dass sie Gründe ordnen und auf klare und angemessene Weise strukturieren. Kapitel I bietet allgemeine Regeln für den Aufbau kurzer Argumente. Kapitel II–VI erörtern bestimmte Arten von kurzen Argumenten.
1. Bestimmen Sie Ihre Prämissen und Ihre Konklusion
Der allererste Schritt beim Aufbau eines Arguments besteht darin, sich selbst zu fragen, was Sie beweisen wollen. Was ist Ihre Konklusion? Beachten Sie, dass die Konklusion diejenige Aussage ist, die begründet werden soll. Die Aussagen, die zur Begründung vorgebracht werden, sind Ihre Prämissen.
Angenommen, Sie möchten Ihre Freunde (oder Kinder, Eltern usw.) dazu überreden, mehr Bohnen zu essen. Wahrscheinlich sieht das nicht nach dem vielversprechendsten oder gar wichtigsten Vorhaben der Welt aus. Doch es eignet sich gut als erstes Beispiel – und Ernährung ist ja durchaus wichtig! Schauen wir uns einmal an, wie Sie argumentieren könnten.
Ihre Konklusion steht fest: Wir sollten mehr Bohnen essen. Das ist Ihre Überzeugung. Aber warum? Welche Gründe haben Sie dafür? Es kann sein, dass Sie sich diese selbst erläutern müssen, einerseits, um Klarheit zu gewinnen, und andererseits, um zu prüfen, ob es sich auch tatsächlich um gute Gründe handelt. Gute Gründe müssen Sie natürlich klar darlegen, wenn Sie von anderen erwarten, dass sie Ihnen zustimmen oder ihre Ernährungsweise ändern.
Also noch einmal: Welche Gründe haben Sie dafür? Eine der Hauptprämissen ist wahrscheinlich, dass Bohnen gesund sind: Sie enthalten mehr Ballaststoffe und Eiweiß und haben einen geringeren Fett- und Cholesteringehalt als das, was die meisten Menschen heutzutage essen. Richtig ergänzt könnte eine bohnenhaltigere Ernährung zu einem längeren und aktiveren Leben führen. Setzen Sie besser nicht voraus, dass Ihre Freunde oder Familie diesen Grund schon einmal vorher gehört oder ihn wirklich in seiner Tragweite verstanden haben – es ist auf jeden Fall nützlich, daran erinnert zu werden.
Um die Leute zu motivieren, wäre es hilfreich, noch eine weitere Hauptprämisse hinzuzufügen. Da Bohnen oft klischeehaft als langweilig gelten, könnte man außerdem argumentieren, dass Bohnengerichte tatsächlich vielfältig und spannend sein können! Führen Sie einige Beispiele an, vielleicht Ihre eigenen Lieblingsbohnengerichte: scharfe Tacofüllungen mit schwarzen Bohnen zum Beispiel, und Hummus (aus Kichererbsen). Nun haben Sie ein Argument: gute, handfeste Gründe, die zu einer klaren Konklusion führen.
Selbst Witze können Argumente sein, auch wenn die Gründe albern erscheinen mögen.
Das Leben auf der Erde kann hart sein, aber dafür bekommt man jedes Jahr eine kostenlose Fahrt um die Sonne.2
Eine kostenlose Fahrt um die Sonne ist nicht gerade die Art von Grund, die man normalerweise erwartet, um Mut in einer schwierigen Lebenslage zu fassen. Genau das macht den Witz lustig. Doch trotzdem ist es ein Grund: ein Versuch, die Behauptung zu rechtfertigen, dass das Leben gar nicht so übel ist, wie es einem manchmal vielleicht vorkommt. Es ist ein lustiges Argument.
In Regel 1 – Bestimmen Sie Ihre Prämissen und Ihre Konklusion – hat das Wort »bestimmen« zwei verwandte Bedeutungen. Die eine ist, Prämissen und Konklusion zu unterscheiden. Ihre Gründe unterscheiden sich von Ihrer Konklusion: Halten Sie sie klar voneinander getrennt. Eine kostenlose Fahrt um die Sonne zu bekommen, ist eine andere Vorstellung als die, Mut in einer schwierigen Lebenslage zu fassen, und sie steht logisch gesehen an erster Stelle. Es handelt sich um eine Prämisse. Besser in der Lage zu sein durchzuhalten, könnte eine Folge davon sein. Es handelt sich um eine Konklusion.
Haben Sie erst einmal Ihre Prämissen und Ihre Konklusion voneinander unterschieden, stellen Sie sicher, dass beides Behauptungen sind, zu denen Sie sich bekennen wollen. Das ist die andere Bedeutung von »bestimmen«. Sollte das der Fall sein, fahren Sie fort. Falls nicht, ändern Sie sie! Sich selbst Klarheit zu verschaffen, ist auf jeden Fall notwendig, bevor Sie sich gegenüber jemand anderem klar ausdrücken können.
Dieses Buch bietet Ihnen eine griffbereite Liste mit verschiedenen möglichen Arten von Argumenten. Nutzen Sie diese Liste für die Entwicklung Ihrer Prämissen. Möchten Sie zum Beispiel eine Verallgemeinerung vertreten, schlagen Sie in Kapitel II nach. Es wird Sie daran erinnern, dass Sie eine Reihe von Beispielen als Prämissen anführen müssen, und Ihnen erklären, nach welcher Art von Beispielen Sie Ausschau halten müssen. Erfordert Ihre Konklusion ein deduktives Argument, also ein Argument, in dem die Konklusion logisch aus den Prämissen folgt, erfahren Sie durch die Regeln in Kapitel VI, welche Arten von Prämissen Sie benötigen. Möglicherweise müssen Sie mehrere unterschiedliche Argumente ausprobieren, bevor Sie eines finden, das gut funktioniert.
2. Legen Sie Ihre Ideen in einer natürlichen Reihenfolge dar
Argumente sind in Bewegung, sie müssen sich entwickeln. Gründe und Belege führen zu Konklusionen. Doch wie jede andere Form der Bewegung können Argumente elegant oder plump, scharfsinnig oder konfus, klar oder verworren sein. Streben Sie nach Klarheit und Wirksamkeit – wenn möglich sogar Eleganz.
Betrachten wir noch einmal das Argument zu den Bohnen. Wenn Sie nun Ihr Argument schriftlich ausarbeiten wollten, wie könnten Sie vorgehen? Eine gute Möglichkeit wäre folgende:
Wir sollten mehr Bohnen essen. Zum einen sind Bohnen gesund. Sie enthalten mehr Ballaststoffe und Eiweiß und haben einen geringeren Fett- und Cholesteringehalt als das, was die meisten Menschen heutzutage essen. Zum anderen können Bohnengerichte auch sehr vielfältig