Honore de Balzac

Honoré de Balzac – Gesammelte Werke


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na­tür­lich bei län­ge­rer An­wen­dung, die Som­mer­spros­sen und gibt schließ­lich der Haut ihre Far­be wie­der. Die­se Ei­gen­schaf­ten be­wir­ken beim Man­ne ein voll­kom­me­nes see­li­sches Gleich­ge­wicht und be­frei­en die­je­ni­gen, die an Mi­grä­ne lei­den, von die­ser fürch­ter­li­chen Krank­heit. Schließ­lich kann das Eau Car­mi­na­ti­ve von den Da­men bei der Toi­let­te in je­der Wei­se ge­braucht wer­den; es be­wahrt vor al­len Haut­lei­den, ohne daß es die Tran­spi­ra­ti­on des Ge­we­bes hin­dert, und er­hält es dau­ernd in sam­met­ar­ti­ger Weich­heit.

      Man wen­de sich, mit Frei­mar­ke, an Herrn Cäsar Bi­rot­teau, Nach­fol­ger von Ra­gon, ehe­ma­li­gem Hof­lie­fe­ran­ten der Kö­ni­gin Ma­rie-An­to­i­net­te, in der Ro­sen­kö­ni­gin, Rue Saint-Ho­noré, Pa­ris, nahe dem Ven­dô­me­platz.

      Der Preis des Stückes Pas­te be­trägt drei Fran­ken, der der Fla­sche sechs Fran­ken.

      Herr Bi­rot­teau be­nach­rich­tigt, um Nach­ah­mun­gen zu ver­hü­ten, das ver­ehr­li­che Pub­li­kum, daß die Pas­te eine Pa­pier­hül­le mit sei­ner Un­ter­schrift hat, und daß die Fla­schen eine in das Glas ein­ge­preß­te Mar­ke tra­gen.

      Den Er­folg hat­te Cäsar, ohne daß er es ahn­te, Kon­stan­ze zu ver­dan­ken, die ihm riet, das Eau Car­mi­na­ti­ve und die Sul­tan­in­nen­pas­te in Kis­ten an alle Par­füm­händ­ler Frank­reichs und des Aus­lan­des zu ver­sen­den und ih­nen einen Ra­batt von drei­ßig Pro­zent zu be­wil­li­gen, wenn sie die bei­den Ar­ti­kel gro­swei­se neh­men woll­ten. Pas­te und Es­senz wa­ren in der Tat mehr wert als die an­dern der­ar­ti­gen Schön­heits­mit­tel und ver­lock­ten die Un­wis­sen­den durch die Un­ter­schei­dung zwi­schen den Tem­pe­ra­men­ten; die fünf­hun­dert fran­zö­si­schen Par­füm­händ­ler, an­ge­lockt durch den Ra­batt, kauf­ten ein je­der bei Bi­rot­teau jähr­lich mehr als drei­hun­dert Gros der Pas­te und der Es­senz, was ihm an den Ar­ti­keln selbst nur einen be­schei­de­nen Ge­winn ließ, der aber durch die Quan­ti­tät doch sehr groß war. Cäsar war da­her im­stan­de, die Schup­pen und Ter­rains im Fau­bourg du Tem­ple zu er­wer­ben, dort große Fa­bri­kräu­me zu er­bau­en und den La­den der Ro­sen­kö­ni­gin präch­tig aus­zu­stat­ten; das Ehe­paar ge­noß nun das be­schei­de­ne Glück ei­nes grö­ße­ren Wohl­stan­des und Kon­stan­ze zit­ter­te nicht mehr so sehr.

      Im Jah­re 1810 sah Frau Bi­rot­teau eine Stei­ge­rung der Mie­ten sich an­bah­nen und riet ih­rem Mann, Haupt­mie­ter des Hau­ses, in dem sie den La­den und das Zwi­schen­ge­schoß inne hat­ten, zu wer­den und ihre Woh­nung in das ers­te Stock­werk zu ver­le­gen. Ein glück­li­cher Um­stand ver­an­laß­te Kon­stan­ze, sich die großen Aus­ga­ben, die Bi­rot­teau für sie bei der Ein­rich­tung der Woh­nung mach­te, ge­fal­len zu las­sen. Der Par­füm­händ­ler war eben zum Han­dels­rich­ter er­nannt wor­den. Er ver­dank­te die­se Ehren­stel­lung sei­ner Recht­schaf­fen­heit, sei­nem an­er­kann­ten Takt und dem An­se­hen, das er ge­noß, und ge­hör­te nun zu den No­ta­beln un­ter den Pa­ri­ser Kauf­leu­ten. Um sei­ne Kennt­nis­se zu ver­meh­ren, stand er früh um fünf Uhr auf und las ju­ris­ti­sche Re­per­to­ri­en und Bü­cher über Han­delss­trei­tig­kei­ten. Sein Rechts­ge­fühl, sei­ne Lau­ter­keit, sei­ne wohl­wol­len­de Ge­sin­nung, die­se we­sent­li­chen Vor­be­din­gun­gen für eine ge­rech­te Ent­schei­dung der schwie­ri­gen Fäl­le, die dem Spruch der Han­dels­ge­rich­te un­ter­lie­gen, mach­ten ihn zu ei­nem der ge­ach­tets­ten Rich­ter. Selbst sei­ne Män­gel nütz­ten sei­ner Re­pu­ta­ti­on. Da er emp­fand, daß er ein un­be­deu­ten­der Kopf war, ord­ne­te Cäsar wil­lig sei­ne Ein­sicht der sei­ner Kol­le­gen un­ter, die sich ge­schmei­chelt fühl­ten, wenn er ih­nen so auf­merk­sam zu­hör­te; die einen be­müh­ten sich um die still­schwei­gen­de Zu­stim­mung ei­nes Man­nes, den sie, weil er zu­zu­hö­ren ver­stand, für einen tie­fen Geist hiel­ten; die an­dern rühm­ten ihn, weil sie sich über sei­ne Be­schei­den­heit und sei­ne Lie­bens­wür­dig­keit freu­ten. Die Par­tei­en lob­ten sein Wohl­wol­len und sei­ne ver­söh­nen­de Art, und oft wur­de er bei Strei­tig­kei­ten zum Schieds­rich­ter ge­wählt, wo­bei ihn sein ge­sun­der Men­schen­ver­stand wie einen Kadi ur­tei­len ließ. Wäh­rend der Dau­er sei­ner Amt­stä­tig­keit ver­stand er, sich eine Aus­drucks­wei­se an­zu­eig­nen, die vol­ler Ge­mein­plät­ze, durch­setzt mit Grund­sät­zen und Ur­tei­len, die in wohl­ab­ge­run­de­ten Phra­sen vor­ge­bracht wur­den, war, und die von ober­fläch­li­chen Leu­ten für Be­red­sam­keit an­ge­se­hen wur­de. Er ge­fiel so der na­tur­ge­mäß mit­tel­mä­ßi­gen Mehr­zahl, die für im­mer zu all­täg­li­cher Tä­tig­keit und An­schau­ung ver­dammt ist. Aber Cäsar ver­lor bei dem Ge­richt so viel Zeit, daß sei­ne Frau ihn schließ­lich nö­tig­te, auf die­se kost­spie­li­ge Ehre zu ver­zich­ten.

      Um 1813 be­gann für das Ehe­paar, dank ih­rer be­stän­di­gen Ei­nig­keit und dem wei­te­ren gu­ten Fort­schrei­ten auf ih­rem Le­bens­we­ge, eine Ära des Wohl­stan­des, den nichts mehr er­schüt­tern zu kön­nen schi­en. Herr und Frau Ra­gon, ihre Vor­gän­ger, ihr On­kel Pil­ler­ault, der No­tar Ro­guin, die Ma­ti­fats, Dro­gis­ten in der Rue des Lom­bards und Lie­fe­ran­ten der Ro­sen­kö­ni­gin, Jo­seph Le­bas, Tuch­händ­ler und Nach­fol­ger von Guil­lau­me in der »Ball­spie­len­den Kat­ze«, eine Leuch­te der Rue Saint-De­nis, der Rich­ter Po­pi­not, Frau Ra­g­ons Bru­der, Chif­fre­ville, vom Hau­se Pro­tez & Chif­fre­ville, Herr und Frau Co­chin, An­ge­stell­ter beim Schatz­amt und Kom­man­di­täre des Hau­ses Ma­ti­fat, der Abbé Loraux, der Beicht­va­ter die­ser Ge­sell­schaft, und ei­ni­ge an­de­re Per­so­nen bil­de­ten ih­ren Freun­des­kreis. Trotz sei­ner roya­lis­ti­schen Ge­sin­nung ur­teil­te die öf­fent­li­che Mei­nung güns­tig über Bi­rot­teau, der auch für sehr reich galt, ob­wohl er nur hun­dert­tau­send Fran­ken au­ßer sei­nem Ge­schäft be­saß. Sei­ne re­gu­lä­ren Ge­schäf­te, sei­ne Pünkt­lich­keit, sein Prin­zip, nie et­was schul­dig zu blei­ben und nie­mals Wech­sel zu es­komp­tie­ren, da­ge­gen aber Si­cher­hei­ten von sol­chen an­zu­neh­men, de­nen er da­mit hilf­reich sein konn­te, sei­ne Ge­fäl­lig­keit – all das ver­schaff­te ihm einen au­ßer­or­dent­li­chen Kre­dit. Er hat­te üb­ri­gens in der Tat viel Geld ver­dient; aber sei­ne Bau­ten und die Fa­brik hat­ten viel da­von ver­schlun­gen. Auch kos­te­te ihm sein Haus­halt an­nä­hernd zwan­zig­tau­send Fran­ken jähr­lich. Schließ­lich er­for­der­te die Er­zie­hung Cäsa­ri­nes, der ein­zi­gen, von Kon­stan­ze und ihm in glei­cher Wei­se an­ge­be­te­ten Toch­ter, star­ke Aus­ga­ben. We­der er noch sei­ne Frau sa­hen auf das Geld, wenn es sich dar­um han­del­te, ih­rer Toch­ter, von der sie sich nicht hat­ten tren­nen wol­len, ein Ver­gnü­gen zu be­rei­ten. Man stel­le sich die Freu­de die­ses ar­men, her­auf­ge­kom­me­nen Bau­ern­sohns vor, wenn er sei­ne süße Cäsa­ri­ne eine So­na­te von Stei­belt auf dem Kla­vier spie­len, oder eine Ro­man­ze sin­gen hör­te; wenn er sah, wie sie kor­rekt Fran­zö­sisch schrieb und wenn er sie be­wun­der­te, wie sie Ra­ci­ne, den Äl­te­ren und den Jün­ge­ren, las und ihm de­ren Schön­hei­ten er­klär­te, und wie sie eine Land­schaft zeich­ne­te oder ein Blatt in Se­pia mal­te! Was für ein Glücks­ge­fühl, wenn er sich in ei­ner so schö­nen, so rei­nen Blü­te wie­der auf­le­ben sah, die sich noch nicht von der müt­ter­li­chen Hut ge­trennt hat­te, kurz, in ei­nem En­gel, des­sen auf­kei­men­de Rei­ze und Ent­wick­lung mit lei­den­schaft­li­chem An­teil be­ob­ach­tet wur­den, ei­ner ein­zi­gen Toch­ter, die nie dar­an dach­te, ih­ren Va­ter ge­ring