Fackeln leuchten. Man fühlt sich geliebt, man ist glücklich über ein Glück, das man begehrt, ohne es zu verstehen, indem man in den Fluten dieser Harmonien untertaucht, die herabströmen und jedem die Ambrosia, die er sich ausgewählt hat, bringen. Die geheimsten Hoffnungen, die tief im Herzen verborgen waren, sind für einen Augenblick Wirklichkeiten geworden. Aber nachdem er uns durch alle Himmel geführt hat, taucht uns der Zauberer, mit dem Übergang der tiefen, unheimlichen Bässe, wieder in den Pfuhl der kalten Wirklichkeit, um uns wieder herauszuziehen, wenn er uns genug nach seinen himmlischen Melodien hat dürsten lassen und unsre Seele ausruft: Noch einmal! Die Entwicklung dieses herrlichen Finales bis zu seinem glänzenden Höhepunkt entspricht den erregten Gefühlen, die dieses Fest bei Konstanze und Cäsar hervorgerufen hatte.
Müde aber glückselig schliefen die drei Birotteaus am Morgen nach dem Lärm des Festes ein, das für Bauten, Reparaturen, Möbel, Essen und Trinken, Toiletten und die Cäsarine wieder zurückbezahlte Bibliothek, ohne daß Cäsar sich dessen versah, an sechzigtausend Franken verschlungen hatte. Soviel kostete das verhängnisvolle rote Band, das der König einem Parfümhändler ins Knopfloch gesteckt hatte. Wenn Cäsar Birotteau ein Unglück traf, dann genügte diese törichte Ausgabe, um ihn polizeigerichtlich haftbar zu machen. Ein Kaufmann verfällt in einfachen Bankrott, sobald er übermäßige Ausgaben gemacht hat. Es ist vielleicht schrecklicher, wegen unerheblicher Bagatellen oder Ungeschicklichkeiten vor die sechste Kammer zu kommen als wegen eines Riesenbetruges vor das Schwurgericht. In den Augen gewisser Leute ist es besser, wenn man ein Verbrecher, als wenn man ein Dummkopf ist.
Cäsar im Kampf mit dem Unglück
Acht Tage nach dem Feste, dem letzten Aufflackern des Strohfeuers eines achtzehnjährigen Wohlstandes, das dicht am Erlöschen war, betrachtete Cäsar durch seine Ladenscheiben die Passanten und dachte an seine ausgedehnten Geschäfte, die schwer auf ihm lasteten! Bis dahin war in seinem Leben alles einfach verlaufen; er hatte fabriziert und verkauft, oder eingekauft, um wiederzuverkaufen. Heute erschreckte die Terrainangelegenheit, seine Beteiligung an der Firma A. Popinot & Co., die Einlösung der in Umlauf gesetzten Wechsel über hundertsechzigtausend Franken, wofür er notgedrungen würde Werte verkaufen müssen, was seine Frau gewiß mißbilligen würde, falls nicht ein ganz unerwarteter Erfolg bei Popinot eintrat, den armen Mann durch die Vielfältigkeit des zu Überdenkenden, und er empfand, daß er mehr Fadenknäuel in der Hand hatte, als er halten konnte. Wie würde Anselm sein Schiff lenken? Birotteau behandelte Popinot wie ein Professor der Rhetorik seinen Schüler, er mißtraute seinen Fähigkeiten und bedauerte, daß er nicht immer hinter ihm stehen konnte. Der Fußtritt, den er ihm bei Vauquelin versetzt hatte, um ihn zum Schweigen zu bringen, bewies, welche Angst der junge Kaufmann dem Parfümhändler einflößte. Birotteau sorgte dafür, daß weder seine Frau, noch seine Tochter, noch sein Kommis etwas von seinen Sorgen ahnten; aber ihm war zumut wie einem einfachen Seine-Bootfahrer, dem ein Minister plötzlich das Kommando einer Fregatte übertragen hat. Diese Gedanken erzeugten einen Nebel, der sich über seinen wenig zum Überlegen geeigneten Verstand legte, und er versuchte vergeblich, sich ein klares Bild zu machen. In diesem Augenblick zeigte sich auf der Straße ein Gesicht, gegen das er eine heftige Abneigung empfand, nämlich dasjenige seines zweiten Hauswirts, des kleinen Molineux. Jeder kennt die Träume, in denen sich die Ereignisse eines ganzen Lebens zusammendrängen und in denen oft ein phantastisches Wesen, der Intrigant des Stücks, auftritt, das eine böse Botschaft bringt. Eine analoge Rolle in seinem Leben zu spielen, schien Birotteau das Schicksal Molineux übertragen zu haben. Was für eine teuflische Grimasse hatte dieses Gesicht auf dem Feste geschnitten, als es mit haßerfüllten Augen die Pracht betrachtete. Cäsar erinnerte sich um so mehr an den Eindruck, den dieser kleine Knicker, wie er ihn nannte, auf ihn gemacht hatte, als Molineux ihm einen erneuten Widerwillen einflößte, indem er mitten in seiner Träumerei vor ihm auftauchte.
»Herr Birotteau«, sagte der kleine Mann mit seiner abscheulichen tonlosen Stimme, »wir haben unsere Angelegenheit nicht ordnungsmäßig erledigt; Sie haben vergessen, unsern kleinen Zusatz zu dem Vertrage zu unterschreiben.«
Birotteau nahm den Vertrag, um das Versäumte nachzuholen. Da trat der Architekt herein, begrüßte den Parfümhändler und drückte sich mit etwas verlegenem Gesicht um ihn herum.
»Verehrter Herr,« sagte er endlich leise zu ihm, »Sie wissen, wie schwer Einem der Anfang bei einem Gewerbe wird; da Sie mit mir zufrieden waren, so würden Sie mich sehr verpflichten, wenn Sie mir mein Honorar auszahlen wollten.«
Birotteau, der sein Wechselportefeuille leer gemacht und sein bares Geld ausgegeben hatte, sagte zu Cölestin, er solle ein Dreimonats-Akzept über die zweitausend Franken ausstellen und sich eine Quittung darüber geben lassen.
»Ich bin sehr froh, daß Sie die fällige Miete für Ihren Nachbarn übernommen haben«, sagte Molineux mit heimlichem Spott. »Mein Portier hat mir heute früh mitgeteilt, daß der Friedensrichter dort die Siegel angelegt hat, weil der Herr Cayron verschwunden ist.«
»Wenn ich bloß nicht wegen der fünftausend Franken in Anspruch genommen werde«, dachte Birotteau.
»Er galt als ein tüchtiger Geschäftsmann«, sagte Lourdois, der eben hereingetreten war, um dem Parfümhändler seine Rechnung zu präsentieren.
»Ein Kaufmann ist vor Nackenschlägen erst sicher, wenn er sich zurückgezogen hat«, sagte der kleine Molineux und faltete seinen Vertrag mit peinlicher Sorgfalt zusammen.
Der Architekt betrachtete den kleinen Alten mit dem Vergnügen, das jeder Künstler empfindet, wenn er eine solche Karikatur sieht, die seine Ansicht über die Bourgeois bekräftigt.
»Wenn man den Kopf unter einen Schirm hält, so denkt man gewöhnlich, daß er geschützt ist, wenn es regnet«, sagte der Architekt.
Molineux examinierte den Schnurrbart und die Fliege des Architekten viel genauer als sein Gesicht, und er dachte ebenso verächtlich über Grindot, wie dieser über ihn. Er blieb aber noch, um ihm beim Abschied einen Tatzenhieb zu versetzen. Infolge seines Zusammenlebens mit den Katzen hatte Molineux in seinem Wesen wie in seinem Blick etwas von der Natur dieser Tiere angenommen.
Jetzt traten Ragon und Pillerault ein.
»Wir