Fürstlicher Mundkoch bei der Familie Esterházy in Budapest an, ehe er im Revolutionsjahr 1848 nach Wien zurückkehrte und sich selbstständig machte. In Sachers »Erster Wiener Wein- und Delikatessenhandlung mit Tischen«, die Ecke Kärntner Straße/Weihburggasse etabliert war, ging bald die feine Wiener Gesellschaft ein und aus, man schätzte den Tafelspitz, die Leberknödelsuppe, die warmen Pasteten und das Gulyás. Zum Verkaufsschlager wurde aber jene Torte, deren Rezept einst beim Fürsten Metternich so großen Anklang gefunden hatte.
Die Wein- und Delikatessenhandlung florierte dermaßen, dass Franz Sacher es sich leisten konnte, für jeden seiner beiden Söhne ein Hotel zu gründen: 1876 für Eduard das Sacher in Wien, fünf Jahre später für Carl das Sacher in Baden.
Während nach Eduards Tod dessen Witwe, die legendäre Zigarren rauchende Anna Sacher (1859–1930), das Wiener Hotel übernahm, ging das Sacher in Baden nach Carls Tod an dessen Sohn Carletto über. Als dieser 1960 starb, trat seine Witwe Carla (1889–1989) die Nachfolge an, die es bis ins hohe Alter führte. Sie war es, die ihrer Enkelin Irène das Rezept hinterließ.
Die Aufregung war groß, als ich das Rezept der Frau Sacher am 8. April 2007 in meiner Kolumne im Kurier veröffentlichte. Halb Österreich muss die Torte »nachgebacken« haben, so viele Leute sprachen mich auf den Artikel an, und auf die Internetseite des Blattes gab es Tausende Zugriffe. Elisabeth Gürtler lud ein paar Tage später zu einer Pressekonferenz, in der betont wurde, dass es nur eine Original Sacher-Torte gäbe, deren Einzigartigkeit dadurch unterstrichen wurde, dass man Opernstar Montserrat Caballé einflog, die vor laufenden Kameras ein Stück der Kalorienbombe anschnitt.
»Das Geheimnis der Torte liegt in der Marmelade und in der Glasur«, erklärte mir indes der Sacher-Patissier in Baden. »Die Marillenmarmelade gibt die gewisse Säure als idealen Kontrast zur süßen Schokolade. Und die relativ weiche Glasur wird durch eine geringere Zuckermenge erreicht. Der Sachertorte aus Baden ist etwas mehr Marillenmarmelade beigemengt als der aus Wien«, die sich als einzige Original Sacher-Torte nennen darf. »Wir in Baden halten uns jedenfalls weitestgehend an das von Carla Sacher überlieferte Rezept Franz Sachers.«
Und dann gibt es noch die Sachertorte vom Demel. Stellt sich nur noch die Frage, welche die beste aller Sachertorten ist. Friedrich Torberg fand einen listigen Ausweg, um sie zu beantworten. Als der Oberste Gerichtshof entschieden hatte, dass nur das Wiener Sacher seine Süßspeise Original Sacher-Torte nennen dürfe, nicht jedoch die k. k. Hofzuckerbäckerei Demel, gelangte Torberg zu dem Schluss: »Solange es bei Sacher noch den unvergleichlichen Tafelspitz gibt und bei Demel noch die unvergleichliche Crème du Jour, solange Sacher noch der Demel unter den Restaurants ist und Demel noch der Sacher unter den Konditoreien, sollten sie einander nicht ein Etikett streitig machen, das entweder beiden gebührt oder keinem. Möge ihnen dieser Appell zu Herzen gehen. Er kommt aus denkbar objektivster Quelle. Er kommt von einem, dem die Sachertorte in beiderlei Gestalt, mit Marmelade wie auch ohne sie, überhaupt nicht schmeckt.«
Das Geheimnis ist die Marmelade: Franz Sacher, Erfinder der heute in aller Welt berühmten Torte
Bei mir ist die Sache hingegen ganz anders gelagert. Mir schmeckt die Sachertorte leider in jedweder Gestalt ganz ausgezeichnet.
Beim Demel.
Beim Sacher in Wien.
Und beim Sacher in Baden.
Am allerbesten mit Schlag.
Irène Schuler-Sacher – hier mit ihrer Großmutter Carla Sacher an deren 100. Geburtstag – vertraute mir das Rezept der Sachertorte an.
Aus der Kurier-Kolumne »Geschichten mit Geschichte« (8. April 2007)
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