Kristi Ann Hunter

Entführung ins Glück


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Schwester nicht die gute Laune zu verderben. Die Treppe verschwamm vor ihren tränenbenetzten Augen, als sie sich umwandte und auf ihr Zimmer ging.

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      Die Familie machte viel Lärm, als sie an diesem Abend nach Hause kam. Warum auch nicht? Im Gegensatz zu ihm schlichen sie schließlich nicht herum und versuchten, Verstecke ausfindig zu machen, in denen geheime Informationen verborgen waren.

      Dass die Familie zurückkehrt war, bedeutete, dass er heute nicht mehr weitersuchen konnte. Auch wenn es ihm nicht sonderlich gefiel, war seine derzeitige Tarnung mit zusätzlicher Arbeit verbunden. Es spielte keine Rolle, dass sein „Herr“ in den Plan eingeweiht war. Er musste Griffith trotzdem aus seinem maßgeschneiderten Anzug helfen und sich um seine Garderobe kümmern.

      Marlow schlüpfte aus Lady Blackstones Zimmer. Da sie am nächsten Morgen abreiste, hatte er nur an diesem Abend Gelegenheit gehabt, ihre Sachen zu durchsuchen, auch wenn es nahezu undenkbar war, dass sie etwas mit dem Verrat zu tun haben könnte, den er untersuchte.

      Er presste sich in die Fensternische, als Lady Miranda die Treppe heraufkam. Sie wirkte gedankenverloren und fast traurig. Ihre tiefen, zitternden Atemzüge hallten auf dem Flur wider.

      Nein. Ihre Atemzüge gingen ihn nichts an. Sie ging ihn nichts an. Augenblicke später schloss sich ihre Tür leise hinter ihr. Er steuerte auf Griffiths Zimmer zu und bemühte sich, mit gleichmäßigen Schritten an Lady Mirandas Tür vorbeizugehen.

      Sie war nur eine Ablenkung.

      Und Ablenkungen konnten zu Misserfolgen und sogar zum Tod führen.

      Diese spezielle Ablenkung hätte fast dafür gesorgt, dass er die sich ihm bietende Gelegenheit nicht genutzt hätte, Lady Blackstones Zimmer vor ihrer Abreise zu durchsuchen. Er konnte nicht zulassen, dass diese Mission nur deshalb scheiterte, weil ihm Lady Miranda nicht aus dem Kopf ging. Bei der nächsten sich ihm bietenden Gelegenheit würde er ihr Zimmer durchsuchen, auch wenn dieser Gedanke ihn nervös machte.

      Er betrat nur wenige Momente vor Griffith dessen Schlafzimmer.

      „Wie war Ihr Abend, Durchlaucht?“ Marlow half Griffith aus seiner Jacke und begann, sich um die übrigen abendlichen Pflichten zu kümmern.

      „Ermüdend.“ Griffith, der gerade in einen dunkelgrünen Hausmantel schlüpfen wollte, hielt inne. „Wie war dein Abend?“

      „Wünschen Sie heute Abend noch etwas, Durchlaucht?“

      Griffith seufzte. „Du willst es also wirklich durchziehen?“

      Marlow biss sich auf die Zunge, um sich eine Antwort zu verkneifen. Er musste den Kammerdiener glaubwürdig spielen. Alles andere würde nur die Gefahr erhöhen, dass man seine wahre Identität aufdeckte.

      „Nein.“ Griffith band den Gürtel an seinem Mantel zu. „Ich werde zu Bett gehen. Ich muss die Zeit nutzen, in der ich ungestört schlafen kann. Wenn die Saison erst einmal anfängt, wird Georgina mich noch früh genug um den Schlaf und um den Verstand bringen.“

      Marlow verbeugte sich und war froh, dass Griffith diese Situation nicht nutzte, um ihm seine Aufgabe zu erschweren. Wenn Marlow nur seine anderen Pflichten genauso effizient erledigen könnte! Aber er musste seine Rolle perfekt spielen, um den Täter zu überlisten, der dieses Haus ebenfalls als Tarnung benutzte. Diese Aufgabe mit der Arbeit als Griffiths Kammerdiener zu verbinden, war schon schwer genug.

      Marlow lud sich Schuhe und Stiefel auf den Arm und verließ das Ankleidezimmer. Er wollte beides gleich heute Abend putzen. Dann hätte er in den nächsten Tagen ein wenig mehr Zeit für seine Nachforschungen.

      Der penetrante Geruch von hochwertigem Leder und verschwitzten Füßen stieg von den Stiefeln und den Abendschuhen auf. Er konnte es nicht erwarten, diese Arbeit hinter sich zu bringen.

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      Nachdem sie sich zum Schlafen fertig gemacht hatte, konnte sich Miranda nicht überwinden, unter die Decke zu schlüpfen und die Augen zu schließen. Wenn sie ihre aufgewühlten Gefühle nicht endlich beruhigen würde, würde es ihr nie gelingen einzuschlafen. Und dann wäre sie am nächsten Morgen müde und gereizt und wahrscheinlich den ganzen Tag lang unerträglich. Nein, sie wollte lieber noch eine Weile wach bleiben und Frieden finden.

      Ihre Mutter hatte ihr häufig eingebläut: Eine Dame sorgt dafür, dass ihre Familie nie unter ihren Launen leidet.

      Bekam Georgina die gleichen Ermahnungen zu hören? Wenn ja, verstand sie es viel besser, sie zu ignorieren, als Miranda das jemals gelungen war.

      Miranda setzte sich an den Ankleidetisch und spielte mit der Kette, die Sally noch nicht weggeräumt hatte. Die Goldkette drehte sich auf dem Tisch und zog die tropfenförmigen Diamanten über die polierte Oberfläche. Sie berührten einander wie Paare, die über die Tanzfläche schwebten. Die Geräusche, die die Anhänger von sich gaben, wenn sie gegeneinanderprallten, klangen ebenfalls wie Musik.

      Wenn sie ehrlich war, tobte vor allem ein Gefühl in ihr: Eifersucht. Und das behagte Miranda überhaupt nicht. Sie war kein zwölfjähriges Mädchen mehr, sondern eine zwanzigjährige Frau, die bald einundzwanzig werden würde. Dass die Männer ihr nicht so viel Beachtung schenkten wie ihrer Schwester, war nicht fair, aber es war ganz gewiss nicht Georginas Schuld. Miranda hingegen hatte mehrere Heiratsanträge abgelehnt. Deshalb konnte sie nur sich selbst die Schuld dafür geben, dass sie keinen Mann und keine eigene Familie hatte.

      Warum war sie dann eifersüchtig? Das Gefühl hatte nichts damit zu tun, dass Georgina von so vielen Bewunderern umgeben gewesen war. Miranda hatte ihre Chancen gehabt, aber sie hatte festgestellt, dass den meisten Männern die Eigenschaften fehlten, die sie sich bei einem Ehemann wünschte. War es die Arglosigkeit ihrer Schwester? Dass sie die Möglichkeit zu einem Neuanfang hatte?

      Frustriert warf Miranda die Kette in die Schmuckschatulle und schloss den Deckel. Sie fühlte sich unwohl. Es war, als würde sich ihr Herz irgendwo in der Nähe ihres Magens befinden.

      Sie stützte die Arme auf den Tisch und vergrub ihren Kopf in den Händen. „Gott“, murmelte sie, „was ist nur mit mir los? Ist das wirklich dein Plan für mich? Ich will nicht allein bleiben.“

      Als eine Träne auf den Frisiertisch fiel, fuhr Miranda hoch. Sie schob ihren Stuhl zurück und stand auf. Sie wollte nicht weinen. Sie wollte nicht länger hier sitzen und düsteren Gedanken nachhängen. Aber bei dem Gedanken, sich ins Bett zu legen, erschauerte sie.

      „Tee“, sagte sie und schlug mit den Handflächen auf den Tisch. „Ich werde einen Tee trinken. Das wird mir guttun.“

      Doch da gab es ein Problem: Das Personal war schon schlafen gegangen und Miranda wollte niemanden wecken.

      „Also gut, Miranda. Wie schwer kann es schon sein, dir deinen Tee selbst zu kochen? Du hast doch schon Hunderte Male welchen ziehen lassen. Spielt es wirklich eine Rolle, dass du das Wasser nie selbst gekocht hast? Stell dich nicht so an!“ Miranda stöhnte. „Oh du meine Güte, ich weiß nicht, was armseliger ist: dass ich noch nicht einmal Tee kochen kann oder dass ich Selbstgespräche führe.“ Nichtsdestotrotz musste sie ein wenig schmunzeln.

      Miranda nahm die Kerze von ihrem Frisiertisch und ging die Treppe hinab. Im Haus war es fast unheimlich still. Alles war in tiefe Dunkelheit gehüllt. Der Mond hatte hell am Nachthimmel gestanden, als sie vom Tanzsaal aufgebrochen waren, aber noch bevor sie zu Hause angekommen waren, waren dichte Wolken aufgezogen. Das wenige Licht, das durch die Wolken drang, wurde jetzt durch die schweren Vorhänge an den Fenstern ausgesperrt.

      Da ihre Familie und alle Dienstboten bereits schlafen gegangen waren, kam ihr der große Landsitz kalt und einsam vor. Um diese Zeit war von der fröhlichen, gemütlichen Atmosphäre, die sie gewohnt war, nichts zu spüren.

      Bevor Miranda den Fuß der Treppe erreicht hatte, trat sie auf den Rand ihres Hausmantels. Ein verzweifelter Griff um das Treppengeländer und eine schnelle Fußbewegung bewahrten sie vor einem Sturz. Sie dankte stumm ihrer Tanzlehrerin, die sie viele raffinierte Schritte gelehrt hatte. Dieses Können hatte ihr jetzt geholfen, nicht den Halt zu verlieren.

      Allerdings