Martina Meier

Die Krimizimmerei


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      *

      Entführung in der Birkmanstreet?

      Spät in der Nacht – um 1.00 Uhr – konnte man in der Birkmanstreet klickende Geräusche hören. An Hausnummer 13 konnte man zwei vermummte Gestalten erkennen. Sie machten sich an der Haustür zu schaffen. Mit einem Dietrich! Da, die Tür ging auf. Die zwei Personen gingen rein. Von drinnen konnte man ein Poltern hören. Nach zehn Minuten kamen sie mit einem prall gefüllten Sack wieder raus. Im Sack bewegte sich etwas.

      Ich schreckte hoch. War ich doch tatsächlich über meinem neuen Krimi An der Südküste gefangen eingeschlafen. Ich, Liv Morales, zehn Jahre alt. Ich liebte Krimis!! Na ja, kein Wunder, dass ich eingeschlafen war. Ich hatte bis um 1.00 Uhr nachts gelesen. Da fiel mir mein Traum wieder ein. Es war das gewesen, was in meinem Buch stand. Merkwürdig!!! Ich schaute auf meinen Wecker. Natürlich mit Sherlock Holmes drauf. Er war der coolste Meisterdetektiv überhaupt. Es war fünf vor halb sieben. Mama würde gleich reinkommen und mich wecken. Ich ließ mich auf mein Kopfkissen fallen.

      „Rise and shine“, tönte da auch schon Mamas Stimme. Ich setze mich wieder auf. Mama war Englischlehrerin und weckte mich jeden Morgen mit dem Satz „Rise and shine“, was so viel bedeutete wie: „Raus aus den Federn!“

      „Ja, ja“, sagte ich, stieg aus dem Bett und ging ins Bad, um mich anzuziehen.

      Als ich runter zum Frühstück ging, saßen Papa und Mama schon am Tisch. Ich füllte mir Cornflakes in eine Schüssel und goss Milch darüber. Als ich aufgegessen hatte, ging ich nach oben, putzte mir die Zähne, um dann anschließend wieder runterzugehen, mir Jacke und Schuhe anzuziehen, mir meinen Helm aufzusetzen, mich aufs Fahrrad zu schwingen und zur Schule zu fahren. Jeden Morgen dasselbe. Ich wünschte, es würde mal ein Verbrechen geschehen, das ich dann mit meinen beiden besten Freundinnen Mia Magwill und Lola Smith lösen könnte. Oder dass wir mal zu dritt mit unseren Eltern nach Brighton in die Ferien fuhren. Brighton war übrigens die Stadt, in der auch hauptsächlich mein Krimi spielte. Apropos Ferien: Heute war der letzte Schultag vor den Ferien. Ich war in der Schule, ging zum Fahrradständer und schloss mein Rad an. Wie gesagt: jeden Morgen dasselbe. Ich sah Mia und Lola, die beieinanderstanden und redeten. Ich ging zu ihnen.

      „Also! Was ist jetzt mit der Überraschung?“, fragte Mia und ich verstand nur Bahnhof.

      Mia erklärte: „Lola hat uns und unsere Eltern für die Ferien in ihr Ferienhaus in Brighton eingeladen. Wir würden morgen losfahren. Hättest du Zeit?!“

      Ich war total verwirrt, weil ich ja gerade auf dem Fahrrad darüber nachgedacht hatte. „Ernsthaft?!“, fragte ich darum unsicher und guckte auch genauso. Aber dann sagte ich: „Ja klar habe ich Zeit!!! Aber so was von.“

      Es klingelte so wie jeden Morgen genau um 8.00 Uhr. Das würde sich bald ändern.

      „In Brighton spielt auch mein Krimi“, sagte ich.

      „Cool!“, antwortete Lola. „Vielleicht können wir dort auch einen Verbrecher fassen.“

      Wir gingen rein. Die Schule wollte ewig nicht enden. Als sie dann vorbei war, fuhr ich sofort nach Hause. Ich erzählte meiner Mutter von der Neuigkeit und die rief sofort Lolas Eltern an. „Ah, ok“, hörte ich meine Mutter in den Hörer sagen und: „Alles klar! Dann bis morgen früh.“

      Ich jubelte innerlich. Als Mama aufgelegt hatte, auch äußerlich. „Jippie!!!“, rief ich aus voller Kehle und rief Mia an. Tut … Tut … Klingeling. „Es geht!“, rief Mias Stimme aus dem Hörer.

      Mir platzte fast das Trommelfell, und als wir schließlich auflegten, klingelte immer noch ihre Stimme in meinen Ohren. Ich packte in Rekordgeschwindigkeit meine Sachen. Als mein Vater von der Arbeit nach Hause kam, stürmte ich auf ihn zu, um ihm alles zu erklären, aber er wusste schon Bescheid. Mama hatte ihm eine SMS geschrieben. Als ich mich fertig machte, um ins Bett zu gehen, dachte ich über die nächsten Tage nach. Es würde sehr spannend werden, das wusste ich, und darum konnte ich auch nicht schlafen. Ich las einfach An der Südküste gefangen weiter.

      Im Sack bewegte sich etwas. Die Gestalten hauten mit dem Sack ab. Detektiv Clark musste hinterher und so schlich er den Gestalten nach.

      „Wo gehen sie bloß hin?“, fragte sich Mr Clark.

      Sie gingen Richtung Strand. Und tatsächlich: Am Steg war ein kleines Boot festgemacht. Die Gestalten stiegen ein und brausten davon. Clark sah noch ein anderes Boot, stieg ein und fuhr hinterher. Die Gauner fuhren auf eine Felseninsel, die sogenannte Riff. Auf der Riff war ein großer Leuchtturm. Innen brannte Licht. Clark machte sein Boot fest und schlich zum Leuchtturm. Da knackte es in der Nähe. Mr Clark versteckte sich. Eine Gestalt kam zum Leuchtturm. Knack. Clark war auf einen trockenen Ast getreten … Der Kopf der Gestalt fuhr herum. Das Gesicht war von einer Kapuze verdeckt. Sie schaute genau auf den Busch, hinter dem er sich versteckt hatte. Die Gestalt ging in den Leuchtturm.

      Nach einer Minute ging Clark hinterher. „Hey! Mein Handy!!!“, rief Mr Clark. Jemand hatte ihn überwältigt und ihm sein Handy aus der Tasche geklaut. Er wurde in eine dunkle Kammer gesperrt. In der Ecke war der Sack, den die Typen geklaut hatten … Er bewegte sich …

      „Rise and shine!“ Mamas Stimme weckte mich am nächsten Morgen. Mist, ich war eingeschlafen. Das konnte doch nicht wahr sein! Ich verfluchte mich innerlich. Moment mal – ich hatte schon wieder das geträumt, was in meinem Buch stand. Ich rief Lola an.

      „Hallo hier ist Mary Smith“, meldete sich am anderen Ende die Stimme von Lolas Mutter.

      „Könnte ich bitte Lola sprechen?“, fragte ich sie. „Es ist wichtig.“

      Mrs Smith rief: „Lola, Liv ist dran.“ Und zu mir: „Einen Moment.“ Ich wartete … und wartete ... und endlich, nach gefühlt einer Stunde: „Hallo Liv! Was ist?“

      „Wo wohnt ihr genau in Brighton?“, fragte ich.

      „Birkmanstreet 15. Warum?“

      „Waas?! In meinem Krimi wurde eingebrochen und rate mal, wo!“

      Schweigen am anderen Ende der Leitung.

      „13, Birkmanstreet 13! Jetzt kommst du.“

      „Krass!“, hauchte Lola. „Oberkrass!“

      „Ich ruf Mia an und erzähle ihr alles“, sagte ich. „Bis später!“

      Als wir endlich in die Birkmanstreet in Brighton einbogen, las ich die Hausnummern 1, 3, 5, 7… Da vorne, war da nicht Blaulicht? Und wirklich, vor Hausnummer 13 stand ein Polizeiauto. Das mit jeden Morgen dasselbe nehme ich zurück.

      Mia und Lola waren auch schon da und schauten gespannt der Spurensicherungen zu, wie die Beamten die Türklinke samt Schloss mit Grafitpulver einpinselten.

      „Hi!“, rief ich.

      „Hi!“, riefen die beiden wie aus einem Mund zurück.

      „Voll spannend!“, sagte Mia, als ich bei den beiden stand.

      „Wäre das nicht ein Fall für uns?“, fragte ich plötzlich.

      „Ein Fall?“, wiederholte Lola. „Für uns?“

      „Ja!“ Mias Augen leuchteten, als sie das sagte.

      „Also los!“, seufzte Lola. Wir gingen zu einem Polizisten, der anscheinend der leitende Kommissar war. „Hallo“, sagte er freundlich, „Was kann ich für euch tun?“

      „Wir …“, fing Lola zögernd an, „… wir wollten Sie fragen, was genau passiert ist.“

      „In der Nacht von gestern auf heute wurde hier eingebrochen.“

      Ich hakte nach: „Wurde etwas entwendet?“

      „Nein, aber jemand.“

      „Könnte Sie das bitte noch einmal