aber auch das gelang ihnen, und jedes Wiedersehen wurde zu einem Fest.
Eva Trewitz saß vor ihrer Schreibmaschine und starrte ins Leere. »Kommst du jetzt mit zum Essen, Eva?« fragte ihre Kollegin Ingrid Grabo.
»Danke, mir ist schon schlecht«, erwiderte Eva.
»Weil dein Bernd zum Chef gerufen wurde?« fragte Ingrid neckend.
»Blödsinn, mir ist wirklich schlecht.« Sie sprang auf und lief hinaus. Ingrid blickte ihr verblüfft nach und tippte sich an die Stirn.
Da trat Bernd Schönberg ein, seines Zeichens Diplom-Volkswirt, und das, was Ingrid als Strahlemann bezeichnete. Aber sein strahlendes Lächeln erlosch, als er Eva vergeblich suchte.
»Eva war es schlecht«, verkündete Ingrid mit einem hintergründigen Lächeln.
Doch da trat Eva schon wieder ein. Sie war noch ein bißchen blaß, aber sie schenkte Bernd doch ein Lächeln. Dessen Miene blieb nun jedoch ernst.
»Du hast gestern zuviel Eis gegessen«, sagte er.
»Kann möglich sein«, gab Eva zu.
»Gehen wir essen?« fragte auch er.
»Ich kann die Kantine nicht riechen«, murmelte Eva.
»Wir gehen nicht in die Kantine.«
Eva merkte, daß er mit ihr allein sein wollte. »Etwas Leichtes werde ich schon vertragen«, meinte sie.
Lächelnd blickte Ingrid den beiden nach.
Ein hübsches Paar waren sie, das stellte sie neidlos fest, denn sie war bereits seit zwei Jahren glücklich verheiratet, und sie meinte, daß auch Bernd und Eva zusammenbleiben würden, wenngleich von Heirat noch nie die Rede war.
Bernd führte Eva in das kleine Speiserestaurant, das nicht weit von dem Bürogebäude lag, das aber wegen seiner Küche ebenso bekannt war wie auch wegen seiner Preise.
»Muß das sein?« fragte Eva.
»Es gibt einen besonderen Anlaß, mein Schatz«, sagte Bernd verschmitzt. »Setz dich erst mal.«
»Schade, daß ich keinen Appetit habe«, murmelte sie.
»Der kommt beim Essen. Hast ja schon wieder ein bißchen Farbe. Also dann: Ab morgen bin ich dein Chef.«
Eva wurde gleich wieder blaß. »Ist das wahr?« stammelte sie.
»Walchow hält mich für fähig, die Abteilung zu übernehmen, du etwa nicht?« tat er beleidigt.
»Natürlich, das schon, Bernd, aber man weiß doch, daß wir befreundet sind«, sagte sie leise.
»Und meint, daß dadurch die Zusammenarbeit noch besser funktioniert. Wir sind eben in einem modernen Unternehmen beschäftigt, Ev. Walchow war sehr nett. Er hat mich gleich gefragt, ob du auch weiterhin berufstätig bleiben willst, wenn wir verheiratet sind.«
»Und was hast du erwidert?«
»Darüber müßte ich erst mit dir sprechen.«
Sie blickte auf den Teller. »Eigentlich hatte ich nicht die Absicht, aber jetzt werden wir wohl müssen«, sagte sie leise.
»Weil ich Abteilungsleiter geworden bin?«
»Weil ich ein Baby bekomme«, erwiderte sie leise.
Ihm blieb der Mund offenstehen. »Bist du sicher?« stotterte er.
»Ziemlich, aber ich werde nachher noch zu Dr. Norden gehen.«
»Ev, ich weiß nicht, was ich sagen soll, aber ich würde mich freuen. Ich würde mich wahnsinnig freuen.«
»Tatsächlich?« fragte sie staunend.
»Kannst du zweifeln, Liebes? Natürlich darfst du dann nicht mehr arbeiten. Und das Aufgebot wird auch gleich bestellt.«
Ein heller Schein flog jetzt über ihr Gesicht, und ihre Augen leuchteten auf. »Du freust dich wirklich«, flüsterte sie. »Aber ausposaunt wird es nicht gleich, und außerdem muß ich ja auch noch die ärztliche Bestätigung haben. Zumindest erklärt es meine Gelüste und die darauffolgende Übelkeit.«
»Andere haben Appetit auf saure Gurken, du auf Süßigkeiten«, lachte er. »Es wird bestimmt ein ganz süßes Mädchen.«
Es machte sie sehr glücklich, daß er so reagierte. Insgeheim hatte sie schon ihre Bedenken gehabt, und vielleicht hatten ihr diese die Übelkeit mehr verursacht als die riesigen Eisportionen, die sie während der letzten Tage vertilgt hatte.
»Aber unsere Mütter erfahren noch nichts«, sagte sie.
»Das kann mir nur recht sein«, meinte Bernd mit einem leisen Seufzer.
Er hatte mehr Fragen zu erwarten als Eva. Seine Mutter wollte immer alles bis ins kleinste Detail wissen. Evas Mutter war da anders. Sie war noch berufstätig und führte das Geschäft ihres verstorbenen Mannes weiter, eine gutgehende Drogerie und Parfümerie. Sie hätte es gern gesehen, wenn Eva ihr dabei geholfen hätte, doch dafür war diese nicht zu haben.
Sie hatte erklärt, daß sie es nicht ertragen würde, sich mit geschwätzigen Frauen anzulegen, wenn es um Kosmetika und Düfte ginge. Und außerdem wäre dann ja ihr teures Sprachenstudium umsonst gewesen.
Ansonsten verstand sich Eva mit ihrer Mutter ganz prächtig. Und Annelie Trewitz wußte auch, daß Eva ihren Urlaub mit Bernd Schönberg verbracht hatte, was dieser bisher seiner Mutter verschwiegen hatte, denn diese hatte ihre Eigenheiten. Sie hatte ihren Mann erst vor sieben Monaten verloren und klammerte sich nun doppelt an den einzigen Sohn. Hinzu kam, daß Bernds Vater Landgerichtsdirektor gewesen war und Barbara Schönberg nie für ihren eigenen Lebensunterhalt hatte sorgen müssen. Neben dem frühen Tod ihres Mannes war es ihr größter Kummer, daß Bernd keine Anstalten machte, den Doktortitel zu erwerben. Bernd hatte gute Gründe dafür gehabt, Eva seiner Mutter noch nicht vorzustellen, und sie war auch nicht wild darauf gewesen. Da sie eine moderne junge Frau war, brachte sie Liebe nicht gleich mit Heirat in Einklang. Sie liebte Bernd, ja, das war sicher, und sie hätte auch nie einen dreiwöchigen Urlaub mit ihm verbracht, wenn es nicht so gewesen wäre, aber selbst mit dem Kind hätte sie nie auf eine Heirat gepocht. Doch jetzt war sie glücklich, daß es selbstverständlich für ihn zu sein schien.
Zärtlich streichelte er ihr die Hand und blickte ihr tief in die Augen.
»Auch ohne Baby würde ich dich heiraten, Ev«, sagte er. »Ich liebe dich.«
»Ich liebe dich auch, Bernd«, sagte sie innig. »Deiner Mutter wirst du es schonend beibringen müssen.«
»Ich denke, daß der Gedanke, Großmutter zu werden, sie sehr friedlich stimmen wird«, meinte er. »Aber letztendlich ist es unser Kind.«
*
Dr. Daniel Norden hatte schon einen recht anstrengenden Tag hinter sich gebracht, da die plötzliche Hitzewelle vor allem den Herz- und Kreislaufkranken zu schaffen machte. Mehrmals hatte ihn ein Notruf aus der Praxis geholt.
Wieder frisch und munter erschien dann Eva Trewitz in der Praxis. Ein wahrhaft erfreulicher Anblick für den Arzt, der an diesem Tag schon in so viele müde, verzweifelte Gesichter geblickt hatte.
»Ich habe schon von Loni gehört, daß es hoch her geht«, sagte Eva. »Ich will Sie auch gar nicht lange aufhalten. Eigentlich fehlt mir ja gar nichts…«, doch dann geriet sie ins Stocken und errötete. Sie schöpfte tief Atem. »Kann man eigentlich schon im zweiten Monat mit Sicherheit eine Schwangerschaft feststellen, wollte ich fragen.«
»Sogar schon im ersten Monat«, erwiderte Dr. Norden nun doch überrascht.
»Da habe ich es noch nicht zur Kenntnis genommen«, sagte Eva mit einem verlegenen Lächeln, »aber jetzt möchte ich es genau wissen.«
»Wollen Sie nicht lieber gleich zu Dr. Leitner gehen?« fragte Dr. Norden.
»Sie kennen