Patricia Vandenberg

Dr. Norden Bestseller Paket 4 – Arztroman


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Minute.«

      »Er ist feige, Frieder«, sagte Georgia ruhig. »Nichts ist ihm soviel wert wie sein Leben und seine Freiheit.«

      »Aber bisher hat er sich sicher gefühlt als mein Sohn«, sagte der Mann. »Ich komme mit.«

      »Gut, dann können wir einen kurzen Besuch bei Chris machen. Ich weiß ja, wie sehr du darauf brennst, ihn zu sehen.«

      Zur gleichen Stunde weilte Dr. Norden bei Martina von Tammen. Ihr Mann hatte ihn um seinen Besuch gebeten, weil Martina sich nicht wohl fühlte. Jobst von Tammen war der Meinung, daß die Aufregungen der letzten Wochen seiner Frau geschadet haben könnten, doch diesbezüglich konnte Dr. Norden das Ehepaar beruhigen. Ein freudiges Ereignis stand ins Haus, das konnte er ihnen sagen, und damit vertrieb er augenblicklich alle noch vorhandenen Sorgen.

      Es herrschte eine so freudige Stimmung, daß er auch von Tobys heimlichen Wünschen erzählen konnte.

      Ein wenig überrascht war Martina schon, aber dann lächelte sie vergnügt. »Den richtigen Instinkt hat der Junge schon«, sagte sie gedankenvoll. »Ein ungemein liebes Geschöpf ist diese Annabel. Ja, solche Frau würden wir Jochen wünschen.«

      »Toby denkt wohl einstweilen nur an eine Hausdame, die nach seinem Geschmack ist«, meinte Daniel Norden.

      »Kinder haben ihre Träume, sie sprechen nicht immer darüber«, sagte Martina sinnend. »Ich weiß noch genau, wie Kathrin zum ersten Mal sagte: Warum kann ich nicht einen Papi haben wie Onkel Jobst. Eigentlich ging mir da erst ein Licht auf, daß ich meinem wahren Glück selbst im Wege stand. Und plötzlich fielen dann all die Hemmungen von mir ab. Ich war nicht mehr bereit, Konzessionen zu machen.«

      »Und ich hatte endlich den Mut, Martina zu sagen, wie sehr ich mir wünschte, sie aus dieser Hölle endlich zu befreien«, warf Jobst ein. »Ich werde es übernehmen, mit Jochen zu sprechen. Wir sind schon lange Freunde.«

      »Kannten Sie ihn schon vor seiner Heirat?« fragte Dr. Norden aufhorchend.

      »Nein, erst seit er bei Wellinger anfing. Karl Friedrich lud uns öfter mal zu einem Essen ein. Jochens Frau kränkelte damals schon, und er hatte es auch immer eilig, heimzukommen zu seinem Jungen. Er machte mir erst bewußt, wie unterschiedlich Väter sein können, denn Christoph nahm von Kathrin kaum Notiz. Ich wollte, es wäre so geblieben, dann wäre uns auch wirklich viel Kummer erspart geblieben.«

      »Aber nun ist auch das bald durchgestanden«, sagte Dr. Norden.

      »Und das haben wir nicht zuletzt Ihnen zu verdanken«, sagte Martina voller Wärme.

      »Wohl doch in erster Linie dem alten Wellinger«, sagte Dr. Norden.

      »Sagen Sie bloß nicht alt, wir haben heute von ihm selbst erfahren, daß er Georgia Stafford heiraten wird.«

      »Georgia Stafford?« rief Dr. Norden staunend aus. »Wurde sie nicht im Zusammenhang mit dem jungen Wellinger genannt?«

      »Ja, das wurde sie«, bestätigte Martina, »aber ich konnte mir gleich nicht vorstellen, daß eine Frau von ihrem Format auf ihn hereinfällt, eine reife Frau, die die Welt schon gesehen und die Menschen kennengelernt hat.« Sie errötete. »Ich verstehe mich heute auch nicht mehr«, fügte sie verlegen hinzu.

      »Es ist vorbei, mein Liebes«, sagte Jobst. »Ich bin gespannt, was Kathrin sagen wird, daß sie ein Geschwisterchen bekommen wird.«

      »Das weiß ich jetzt schon«, lächelte Martina, »sie wünscht sich einen Bruder, und wir wollen hoffen, daß wir ihr diesen Wunsch erfüllen können. Ich bin sehr glücklich.«

      »Ich auch«, sagte Jobst, »auch wenn es ein Mädchen sein wird.«

      Dr. Norden konnte zufrieden heimfahren, und er pfiff vergnügt vor sich hin, als er sein Haus betrat.

      »Du bist aber gut gelaunt«, meinte Fee.

      »Immer, wenn ich bei euch bin«, erwiderte er.

      »Aber meistens brauchst du schon eine Ruhepause, bevor du vergnügt bist«, sagte sie.

      »Ich bringe auch gute Nachrichten, mein Schatz. Bei den Tammen hat sich Nachwuchs angekündigt.«

      »Oh, das freut mich«, sagte Fee.

      »Und Jobst von Tammen wird Dr. Stahl mal wegen der netten Annabel einheizen. Aber jetzt möchte ich mein Familienleben genießen. Wer weiß, wie lange mir das vergönnt ist.«

      Wenigstens zwei Stunden verliefen ungestört, dann wurde er zu einem dringenden Hausbesuch gerufen.

      *

      Annabel machte sich an diesem Abend Sorgen um Toby. Er war schon ziemlich teilnahmslos gewesen, seit die Post verteilt worden war, obgleich er einen Brief aus Ägypten bekommen hatte.

      Doch Annabel war es aufgefallen, daß die Anschrift mit der Maschine geschrieben war und nicht in Jochen Stahls großzügiger Handschrift.

      Als sie das Zimmer der beiden Buben betrat, lag Toby schon im Bett.

      »Ich glaube, Toby ist richtig krank, Tante Annabel«, sagte Jan. »Er hat überall rote Flecken. Ich wollte dich gerade rufen.«

      Rote Flecken? So was war immer ein Alarmsignal für die Betreuerinnen. Aber die beiden Krankenzimmer waren schon mit anderen Kindern belegt.

      »Geht es sehr schlecht, Toby?« fragte sie besorgt, »oder kannst du laufen? Ich möchte dich nämlich in mein Zimmer bringen, bis der Arzt kommt.«

      In ihr Zimmer, hatte sie gesagt, und da hätte Toby ganz schnell laufen können. Was ihn drückte, war nur ein gewaltiger Kummer, und er wußte ja schon, daß er dann immer diese roten Flecken bekam.

      »Es geht schon«, brummte er. »Anstecken will ich Jan nicht.«

      Jan war sehr traurig, aber er wollte doch nicht, daß Toby richtig krank sein sollte, und selbst krank werden wollte er auch nicht, damit er wiederum seiner Maxi keinen Kummer bereitete.

      »Ist nicht schlimm, Annabel«, sagte Toby, als sie in ihrem Zimmer angekommen waren. »Ich kenne so was schon. Ich wollte bloß lieber allein mit dir sprechem Alles braucht Jan auch nicht zu wissen. Es ist nämlich wegen dieser blöden Ziege. Sie hat mir geschrieben.«

      »Welche blöde Ziege?« fragte Annabel.

      »Papis Sekretärin. Ich weiß doch, daß sie es auf ihn abgesehen hat. Du kannst den Brief ruhig lesen. Ich muß nämlich mit dir reden, weil ich nicht weiß, was ich Papi schreiben soll.«

      Der Brief war schon ganz zerknautscht, der Annabel jetzt in die Hand gedrückt wurde.

      »Sie schreibt so, als ob ich noch ein Baby bin«, knurrte Toby. »Das ist auch so ein Weib, das kann ich dir sagen. Du ahnst ja nicht, was ich schon alles mitgemacht habe.«

      Annabel unterdrückte ein Lächeln, aber insgeheim dachte sie doch, ob Tobys interessanter Vater daran nicht auch ein bißchen schuld sei.

      »Lies nur!« sagte Toby.

      »Ich muß Dr. Brettschneider anrufen, Toby«, sagte Annabel.

      »Brauchst du nicht. Ich kenne das schon. Die Flecken kommen immer, wenn ich mich aufrege. Die gehen auch wieder weg.«

      »Wir müssen aber wenigstens Fieber messen«, sagte sie.

      »Mache ich«, erklärte sich Toby bereit.

      Er steckte das Fieberthermometer auch gleich in den Mund. Darin hatte er schon beträchtliche Übung. Aber dabei beobachtete er Annabel, als sie den Brief las.

      Lieber Toby, heute schreibe ich Dir, weil Dein Papi so arg viel zu tun hat. Er hat mich zwar nicht darum gebeten, aber ich tue es gern. Das Klima hier bekommt ihm auch nicht gerade gut, und weil Du dauernd von dieser Annabel schreibst, macht er sich auch Sorgen, daß Du ihn nicht mehr so lieb haben könntest. Es wird ja nicht mehr lange dauern, bis wir wieder zu Hause sind, und dann ist auch bald Dein Geburtstag. Den werden wir gemeinsam feiern, und Du darfst Dir auch von mir etwas ganz Schönes wünschen. Dein Papi würde sich bestimmt sehr freuen,