Patricia Vandenberg

Dr. Norden Bestseller Paket 4 – Arztroman


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daß du dich ändern würdest, deshalb habe ich beide Augen zugedrückt, aber das ist vorbei. Wage es nicht, dich hinter dern Namen Wellinger zu verschanzen. Ich gebe dir noch eine letzte Chance. Pack deine Sachen, und verlaß München und dieses Land. Du kannst dir aussuchen, wo du leben willst, aber komm mir nicht mehr unter die Augen.«

      Christoph warf den Kopf zurück. »So kannst du nicht mit mir reden, Vater, so nicht. Ich will jetzt wissen, wer mir ein Kind unterschieben will.«

      »Du wirst es erfahren, aber nicht von mir. Aber du wirst an den Jungen nicht herankommen, das schwöre ich dir.«

      »Ich kann mich jedenfalls nicht erinnern. Meinetwegen laß du dich für dumm verkaufen. Mich legt keine aufs Kreuz.«

      »Nein, das besorgst du«, sagte Karl Friedrich Wellinger mit klirrender Stimme. »Ich habe übrigens dem Vormundschaftsgericht empfohlen, dir jeden Kontakt zu verbieten. Und wenn du Martina belästigst, wäre es mir nur recht, wenn dir Jobst eine Tracht Prügel verabreicht, die du dein Leben lang nicht vergessen wirst. Ich habe das ja leider versäumt, weil deine Mama das Mimöschen so verpäppelt hat.«

      »Willst du nun auch meine Mutter beleidigen, meine tote Mutter?« zischte Christoph.

      »Wenn sie nur noch leben würde, dann könnte sie jetzt was zu hören bekommen. Aber vielleicht gelingt es mir auch jetzt noch zu beweisen, daß ich nicht dein Vater bin. So, nun weißt du es, nun weißt du auch, warum ich nicht das geringste fühlen würde, wenn du vor die Hunde gehst.«

      »Das ist infam, das lasse ich nicht auf mir sitzen. Ich werde dich wegen Verleumdung verklagen!«

      »Tu es doch, ja, tu es, dann wird mich wenigstens keiner mehr bedauern, daß ich so einen Sohn habe.«

      Er hatte sich in Zorn geredet, der alte Wellinger. Er hatte mehr gesagt, als er sagen wollte. Seine Stirnadern waren angeschwollen, in seinen Augen brannte Verachtung, tödliche Verachtung. Christoph zog es vor, das Feld zu räumen. Was er da zu hören bekam, ging sogar ihm unter die Haut, obgleich er so abgebrüht war. Ja, er sah all seine Felle davonschwimmen, und jetzt brauchte er einen Menschen, der kühl und sachlich denken konnte, der auch zuhören würde. Und dieser Mensch war Georgia Stafford.

      Sie hatte sich in keine intime Affäre mit ihm eingelassen, aber sie hatte ihm Zeit gewidmet, ihn abgeholt, und ihr hatte er schon manches gesagt, was er sonst noch niemandem erzählt hatte. Aber er war nicht klug genug, um zu erkennen. daß Georgia es meisterhaft verstanden hatte, ihn auszuhorchen. Und als er sie anrief und fragte, ob sie Zeit hätte für ihn, war er nur erfreut, daß sie zustimmte. Er konnte nicht ahnen, daß er nun vom Regen in die Traufe kommen würde.

      *

      Georgia Stafford war neununddreißig Jahre alt, aber man sah ihr diese nicht an. Sie war eine schöne Frau im besten Sinne des Wortes, und ihre glanzvolle Karriere hatte sie auch mit diesem Umstand zu verdanken, denn ihre Stimme hatte sich erst in den letzten Jahren entwickelt. Man sprach nicht mehr davon, daß sie sich als Operettensängerin und vorher sogar in Nachtclubs ihr Geld verdient hatte, mehr im Schatten als im Licht der Scheinwerfer. Sie hatte ein hartes Leben hinter sich, aber das hatte ihre Persönlichkeit geformt und ihrer Schönheit nicht geschadet.

      Daß Christoph überhaupt an sie herangekommen war, hatte er ganz besonderen Umständen zu verdanken, und vor allem dem, daß er Wellinger hieß. Dafür hatte sie es sogar in Kauf genommen, daß ihre besten Freunde darüber spöttelten.

      Jetzt wußte sie, daß sie ihr Ziel erreicht hatte. In der Stunde ihres Triumphes wirkte sie noch schöner, noch begehrenswerter, obgleich ihre Augen jetzt einen eiskalten Glanz hatten.

      Doch dessen wurde sich Christoph nicht bewußt. Er legte ihr einen großen Strauß dunkelroter Rosen in den Arm. »Wir müssen über wichtige Dinge sprechen, bevor du deine Tournee beginnst, Georgia«, sagte er.

      »Was du nicht sagst«, meinte sie mit einem unergründlichen Lächeln.

      »Ich werde dich nämlich begleiten.«

      In ihren Augen blitzte es auf. »Wie stellst du dir das vor?« fragte sie ein ganz klein wenig unsicher, denn so etwas zu hören, hatte sie nicht erwartet.

      »Ich bin frei, unabhängig, und ich habe keine Lust, mich hier anöden zu lassen. Ich gehe mit dir, wohin du willst.«

      »Wohin ich will«, sagte sie gedankenvoll, »darum geht es nicht. Wohin ich muß, um meine Verträge zu erfüllen. Und dabei kann ich keinen Pagen gebrauchen, lieber Christoph. Ich bin auch frei und unabhängig, und ich habe meinen Manager, der mir alles aus dem Wege räumt.«

      »Dieser hölzerne Tyrann«, sagte er unwillig.

      Georgia legte den Kopf zurück. Sie mußte sich jetzt wahnsinnig beherrschen, damit ihr kein unbedachtes Wort entschlüpfte, aber sie wollte Christoph ja nicht verscheuchen. Sie wollte hören, was ihn so erregte, denn er war erregt.

      Doch da läutete das Telefon, und schnell nahm sie den Hörer auf.

      Sie drehte Christoph den Rücken zu. »Ich habe gerade Besuch. Ich rufe später zurück«, sagte sie mit vibrierender Stimme. Und dann: »Das können Sie beruhigt ganz mir überlassen.«

      »Wer war das?« fragte Christoph neugleng.

      »Eine geschäftliche Angelegenheit«, erwiderte sie. »Nun schieß mal los. Welche Laus ist dir denn über die Leber gekrochen?«

      »Ich hatte mal wieder Ärger mit meinem Vater, aber er läßt mir jetzt völlig freie Hand. Ich habe mich schon durchgesetzt. Er war einem Schlaganfall nahe. Lange macht er es bestimmt nicht mehr, und dann kann ich dir ein herrliches Leben bieten, Georgia. Du bist die einzige Frau, die mich wirklich festhalten kann.«

      »So, bin ich das? Ich will dich aber nicht festhalten, Christoph.«

      »Aber ich kann dir ein sorgloses Leben bieten. Du kannst alles haben. Du brauchst nur zu wünschen. Ich weiß doch, daß es dir nicht immer gutging, und wer weiß, wie lange du noch singen kannst.«

      »Nun, ich habe für mein Alter vorgesorgt«, sagte sie spöttisch. »Aber ich erkläre dir auch gern, warum ich viele Jahre finanzielle Sorgen hatte. Ich hatte nämlich eine Schwester, die von einem miesen Kerl mit einem Kind sitzengelassen wurde. Sie war seit der Geburt schwerkrank. Ich mußte für sie und das Kind sorgen, denn der Vater hatte sich aus dem Staub gemacht, und das arrne Ding wußte nicht mal seinen richtigen Namen. Den haben wir dann aber kurz vor ihrem Tod durch einen Zufall herausbekommen. Sein Name ist Christoph Wellinger. Du bist der Schuft, der meine Schwester Isabel ins Elend getrieben hat.«

      »Das ist nicht wahr. Das ist eine infame Lüge«, stieß er hervor.

      »Ich kann alles beweisen«, sagte Georgia völlig ruhig, und als er aufsprang und auf sie zustürzen wollte, fuhr sie ebenso ruhig fort: »Und wenn du mich auf der Stelle umbringst, wird es dir nichts nützen. Es ist alles schriftlich niedergelegt, und dein Vater weiß Bescheid. Ich habe auf diese Stunde gewartet. Ich konnte warten. Für meinen Neffen Christoph ist alles gesichert. Du kannst dich nicht mehr herausreden.«

      »Aber ich wußte das doch nicht. Höre mich doch an, Georgia.«

      »Das will ich ja. Dafür habe ich mir Zeit genommen«, sagte sie.

      »Sie hieß Isabel, ja, ich kann mich erinnern. Isabel, an den Nachnamen kann ich mich nicht erinnern. Stafford lautete er jedenfalls nicht.«

      »Isabel Schultz, schlicht und einfach Schultz. Stafford ist der Name meines Mannes. Er hat auch nichts getaugt, aber solch ein Lump wie du war er nicht. Und Isabel kannte dich unter dem Namen Schlüter. Ich habe herausgebracht, daß es der Mädchenname deiner Mutter war. Und jetzt wirst du mir zuhören, Christoph Wellinger, oder wie du sonst eigentlich heißen müßtest. Ich glaube nämlich an übersinnliche Kräfte. Meine Erfolge habe ich einem Hellseher zu verdanken und auch, daß ich dich gefunden habe. Ja, ich habe deine Bekanntschaft gesucht.«

      »Ich höre mir diesen Schmarrn nicht an!« brauste er auf.

      »Nun, dann wird dieser Schmarrn eben morgen oder übermorgen in allen Zeitungen stehen, wohlgemerkt mit Genehmigung deines