James V. Schall SJ

Der Islam


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Kinder, alte Menschen oder einfach nur Passanten sind. Diese Vorstellung existiert natürlich nur in einem radikal irrenden Gewissen – aber sie existiert offenbar. Selbstmordattentate geschehen selten zufällig, sondern deshalb, weil jemand den Befehl dazu erteilt und ein anderer diesen Befehl befolgt. Selbstmordattentate dienen einem ganz präzisen Zweck: durch die Ausführung von Befehlen dazu beizutragen, dass der Islam sich in naher oder ferner Zukunft auf seine »angestammte« Größe ausbreitet. Welteroberung in Allahs Namen. Diese große »Sache«, so abwegig sie in unseren Ohren auch klingen mag, verleiht solchen Akten, die wir Übrigen als »Terrorismus« bezeichnen, ganz offensichtlich Adel und Würde.

      Das irrende, todbringende Gewissen

      In seiner Enzyklika Veritatis splendor hat Johannes Paul II. sich ausführlich mit dem Begriff des Todes des Märtyrers auseinandergesetzt. Ironischerweise hatte er 1993, als er das Dokument verfasste, nicht die Selbstmordattentäter im Sinn, obwohl sie auch damals schon aktiv waren. Für seinen Glauben zu sterben, ist ein alter und nobler Gedanke. Er verweist darauf, dass es Dinge gibt, die wichtiger sind als das Leben. Allzu viele Menschen sind im Laufe ihres Lebens an einen Punkt gekommen, wo ihnen nur die Wahl blieb, zu sterben oder etwas Böses zu tun. Mit der Entscheidung, am Leben zu bleiben und ihren Überzeugungen oder ihrem Tugendverständnis abzuschwören, hätten sie implizit genau den Grundsatz geleugnet, der gerade auf dem Spiel stand. Die einzige Möglichkeit, an diesem Grundsatz festzuhalten, war, den Tod zu akzeptieren. Dies war jedoch keine Entscheidung für den Tod um seiner selbst willen – und damit kein Selbstmord. Das Todesurteil wurde nicht gutgeheißen, aber seinen Vollstreckern und jenen, die es verhängt hatten und somit moralisch dafür verantwortlich waren, wurde der Tradition gemäß vergeben, wie das Beispiel des heiligen Stephanus und des heiligen Thomas Morus veranschaulicht, die darin dem Vorbild Christi gefolgt sind.

      Doch Selbstmordattentate sind nicht einfach ein »freiwilliger Selbstmord«. Im Vietnamkrieg gab es buddhistische Mönche, die sich selbst verbrannten, um gegen dieses oder jenes zu protestieren. Obwohl die Tat an sich schlimm genug war, hatten diese Mönche nicht die Absicht, andere mit in den Tod zu reißen.

      Der moderne Selbstmordattentäter hingegen hat genau diese Absicht: andere mitzunehmen. Und wer sind diese »anderen«? Es können Soldaten sein; das geschieht üblicherweise in Gegenden, wo die offensichtlichen Unterschiede zwischen Streitkräften und Zivilisten bewusst verwischt werden. Es können aber auch – und das kommt häufig vor – Passagiere in Bussen oder Flugzeugen oder Menschen sein, die ihre Einkäufe erledigen. Oder einfach irgendwer. Der Anschlag richtet sich gegen Unschuldige, um öffentliche Aufmerksamkeit zu erregen und die Bürger zu beunruhigen oder sogar zu Vergeltungsmaßnahmen gegen Außenstehende zu veranlassen.

      Wenn die hier vorgelegte Analyse im Großen und Ganzen zutrifft, dann folgt daraus vor allem eines: Jede Gruppe, Religion, Philosophie oder Weltanschauung, die diese Praxis der Selbstmordattentate befürwortet und durchführt, lehrt nicht die Wahrheit. Es geht hier nicht einfach darum, zwei Gruppen innerhalb ein und derselben Religion voneinander zu unterscheiden. Es geht um die Frage, ob es überhaupt möglich ist, dass in dem Teil der betreffenden Religion, der Selbstmordattentate als eine Form des »Martyriums« für seine religiöse »Sache« gutheißt, irgendeine Wahrheit enthalten ist.

      35James V. Schall, »Martyrs and Suicide Bombers«, Ignatius Insight, 24. August 2005, http://www.ignatiusinsight.com/features2005/schall_martyrsbombers_aug05.asp.

      36Benedikt XVI., Ansprache bei der Audienz für die Vertreter einiger muslimischer Gemeinden im Erzbischöflichen Sitz von Köln, 20. August 2005.

      37Sandro Magister, »From Cologne to the Conquest of Europe: How the Muslim Brotherhood Is Challenging the Pope«, Chiesa, 18. August 2005, http://chiesa.espresso.repubblica.it/articolo/37837bdc4.html?eng=y.

      38»Muslim Leaders ›in Denial‹ Claim«, BBC, 21. August 2005, http://news.bbc.co.uk/2/hi/uknews/4166402.stm.

      39Vgl. First Things, März 2005, 47–50.

      40The Religion of Peace, http://www.thereligionofpeace.com.

      41Vgl. http://www.tcrnews.com, 15. September 2001.

      42Johannes Paul II., Veritatis splendor, 6. August 1993, 57–64.

      43Johannes Paul II., Veritatis splendor, 89.

      44Ebd., 90.

      45Johannes Paul II., Veritatis splendor, 80.

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