Gottfried von Straßburg

Tristan und Isolde


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selber ziehn von Ort zu Ort,

      Von Land zu Land und kaufen ein

      Und verkaufen hinterdrein,

      Daß wir den Unterhalt erjagen.

      In den letzten dreißig Tagen

      Fuhren wir der Heimat fern,

      Ich und zwei andre Kaufherrn.

      Wir dachten mit Geleit und Waaren

      Nach Hibernien zu fahren:

      Da wurden wir mit unsern Schiffen

      Des Morgens früh vom Wind ergriffen

      (Ich denk es sind acht Tage nun)

      Und wie die Winde gerne thun,

      Daß sie Gesellen scheiden,

      So schied er mich von Beiden.

      Weiß nicht wie sie gefahren sein;

      Doch sei der Himmel mit den Zwein

      Ob sie am Leben sind ob todt.

      Ich selber ward mit vieler Noth

      Manchen übeln Weg geschlagen

      In diesen schweren acht Tagen

      Bis gestern, als der Mittag kam,

      Der wilde Sturm ein Ende nahm.

      Da sah ich Berg und Land vor mir.

      Zu ruhen ankerten wir

      Und ruhten aus von Angst und Sorgen.

      Aber heut am frühen Morgen,

      Als wir den Tag erscheinen sahn,

      Griff ich die Fahrt von Neuem an

      Und fuhr hieher gen Weisefort:

      Nun geht es schlimmer hier denn dort.

      Ich bin hier, scheints, noch ungeborgen

      Und schien geborgen mir vor Sorgen,

      Da mir die Stadt nicht unkund ist,

      Denn ich bin wohl öfter, wie ihr wißt,

      Mit Kaufleuten hier gewesen.

      Drum wähnt ich mich genesen

      Und dachte Gnade hier zu finden:

      Nun bin ich Sturmwinden

      Recht erst in die Hand gefahren.

      Doch mag mich Gott noch wohl bewahren:

      Denn soll mir hier nicht Frieden

      Und Ruhe sein beschieden,

      So kehr ich wieder auf das Meer:

      Da find ich volle Gegenwehr

      Und Streitkraft sattsam in der Flucht.

      Geruht ihr aber eurer Zucht

      Und eurer Ehre zu gedenken,

      So viel ich Gutes mag verschenken,

      Das geb ich euch von Herzen gern,

      Und will nichts weiter von euch Herrn,

      Als daß ihr meinem Gut und mir

      Frieden schafft im Hafen hier,

      Bis ich erkund und sehe

      Ob mir das Heil geschehe,

      Daß ich mein Landgesinde

      Hier im Lande wiederfinde.

      Und soll mir das gestattet werden,

      So schafft auch Frieden vor Gefährden:

      Sie dringen dort gewaltsam her,

      Ich weiß nicht welche oder Wer,

      In ihrem kleinen Schifflein dort;

      Sonst fahr ich zu den Meinen fort

      Und fürcht euch keinen Strohhalm mehr.«

      Der Marschall dräute Jenen schwer

      Und hieß sie kehren in das Land.

      Dann sprach er, zu dem Gast gewandt:

      »Was wollt ihr unserm König geben,

      Daß er das Gut euch und das Leben

      Bewahr in seinem Königreich?«

      Der Gast entgegnete sogleich:

      »Herr, ich geb ihm Tag für Tag

      Sofern ich es gewinnen mag,

      Eine Mark von rothem Golde:

      Ihr aber nehmt zum Solde

      Diesen Becher von mir an,

      Wenn ich auf euch vertrauen kann.«

      Die Andern riefen allzuhand:

      »Ja, Marschall ist er hier im Land.«

      Der Marschall seine Gabe nahm;

      Sie deucht' ihn reich und wonnesam,

      Und hieß ihn in den Hafen fahren:

      Er woll' ihm Leib und Gut bewahren

      Durch sein Geheiß und Machtgebot.

      Da waren beide reich und roth,

      Den Zins mein ich und den Sold:

      Reich und roth des Königs Gold,

      Des Boten Sold auch roth und reich:

      Sie waren preislich beide gleich.

      Das half ihm, daß er Frieden fand

      Und Gemach in Feindesland.

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