Gottfried von Straßburg

Tristan und Isolde


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uns zu fristen sei das Leben.«

      Als sie nach Irland kamen,

      Ihr Angelände nahmen,

      Da hörten sie die Märe,

      Gurmun der König wäre

      Vor der Stadt zu Weisefort.

      Da ließ den Anker über Bord

      Tristan so ferne von dem Hafen,

      Daß sie mit keinem Bogen trafen

      Aus der Stadt zu ihnen hin.

      Seine Landbarone baten ihn,

      Daß er sie unterweise,

      In welcher Art und Weise

      Er werben wolle um das Weib.

      Es gieng' an Leben und Leib,

      Darum bedäuchte sie es gut,

      Daß er ihnen sagte seinen Muth.

      Tristan sprach: »So thut nur Eins,

      Habt nur Acht, daß euer Keins

      Den Leuten kommt vors Angesicht:

      Bleibt alle drin und zeigt euch nicht.

      Die Schiffer und die Knechte nur

      Forschen nach der Märe Spur

      Auf der Brücke vor des Schiffes Thür;

      Doch euer Keiner komm herfür.

      Schweigt und duckt euch still hinein.

      Ich selber nur will außen sein,

      Weil ich die Landessprache kann.

      Nicht lang, so dringen hier heran

      Die Bürger und beschweren

      Uns mit übeln Mären.

      Denen muß ich lügen all den Tag

      Soviel ich ihnen lügen mag.

      Haltet Ihr euch drinne,

      Denn wird man euer inne

      Ihr habt den Tod an der Hand,

      Denn uns besteht das ganze Land.

      Dieweil ich morgen außen bin

      (Denn ein Ritt liegt mir im Sinn

      Auf Abenteur im Morgenlicht

      Ob mir gelingen will ob nicht),

      So halte Curvenal davor

      Und Andre mit ihm an dem Thor,

      Die die Sprache fertig sprechen.

      Und Eins noch müßt ihr mir versprechen:

      Wenn ich unterweges wär

      Drei Tage oder mehr,

      So harret mein nicht länger hier:

      Über Meer entrinnet ihr

      Und rettet Leben und Leib.

      Ich habe dann allein das Weib

      Vergolten mit dem Leibe:

      Dem Herrn zu einem Weibe

      Rathet wie euch dünke gut:

      Das ist mein Rath und auch mein Muth.«

      Der Marschall von Irland,

      In des Gewalt und dessen Hand

      Der König Stadt und Hafen gab,

      Ritt ans Meer in jähem Trab,

      Gewaffnet und zum Kampf bereit

      Mit gewaltigem Geleit

      Von Bürgern und der Bürger Boten.

      Denn ihnen war ja geboten

      Von Hofe, wie die Märe sagt,

      Wenn ihr sie weiter oben fragt,

      Wer auf Gestad da stieße,

      Daß man den sahen ließe

      Bis man sicher hätt erkannt,

      Ob er käm aus Markes Land

      Oder seiner Leute brächte.

      Diese selben Henkersknechte,

      Die leiden Mordrangen,

      Die manchen Mord begangen

      Hatten an der Unschuld

      Nur um ihres Herren Huld,

      In den Hafen kamen sie gezogen

      Mit Armbrüsten und mit Bogen

      Und mit anderer Wehr

      Nicht anders wie ein Räuberheer.

      Des Kieles Meister Tristan

      Zog einen Reisemantel an,

      Daß er sich nicht gäbe kund:

      Aus keinem anderen Grund.

      Auch ließ er einen Napf hertragen

      Aus rothem Golde geschlagen

      Und gewirkt zu seltnem Preise

      Nach englischer Weise.

      So trat er in ein Schifflein,

      Nahm mit auch Curvenal hinein,

      Fuhr heran zum Hafenmund

      Und mit Geberden wie mit Mund

      Entbot er ihnen Grüße

      So gut er mocht und süße.

      Sein Grüßen all doch nicht verschlug:

      Der Bürger waren genug,

      Die zu dem Schifflein liefen

      Und vom Gestade riefen:

      »Stoß ans Land, stoß ans Land.«

      In den Hafen stieß er da zuhand.

      »Ihr Herren«, sprach er, » saget mir,

      Wie kommt ihr so? Was denket ihr

      Mit so ungehäbgem Dräun?

      Ihr seht ja aus, man sollt euch scheun.

      Ich weiß nicht was ich denken soll.

      Um Gotteswillen thut so wohl,

      Wenn Einer hier am Hafen weilt,

      Dem das Land Gewalt hat zugetheilt,

      Der höre und vernehme mich.«

      »Ja«, sprach der Marschall, »das bin ich.

      Mein Gebahren und mein Dräun

      Habt ihr allerdings zu scheun,

      Indem ich gründlich will erfahren

      Eur Gewerb und eur Gebahren.«

      »Gewiss, Herr«, sprach Tristan in Ruh,

      » Ihr findet mich bereit dazu.

      Wenn ihr die Andern schweigen hießt,

      Aber mich zur Sprache ließt,

      So wollt ich selber gerne bitten,

      Daß man mit gütlichen Sitten

      Und so mein Wort vernehmen möchte,

      Wie es dem Lande Ehre brächte.«

      Eine Stille ward ihm da gegeben.

      »Herr«, sprach Tristan, »unser Leben,

      Unsre Geburt und unser Land,

      Damit ist es so bewandt

      Wie ich es euch bedeute.

      Wir sind Handelsleute;

      Keine Schande bringt uns wohl der Stand.