Frauen sich mit Mären tragen,
Gilt Alles vor Isolden nicht.
Wer Isolden schaut ins Angesicht,
Der fühlt geläutert Herz und Muth
Wie die Glut dem Golde thut:
Ihm wird erst werth das Leben.
Beschämt wird Keine neben
Isolden und vernichtet,
Wie Mancher falsch berichtet:
Ihre Schöne verschönt,
Mit ihren Tugenden krönt
Sie den Namen aller Frauen;
Man soll nicht neidisch nach ihr schauen.
XII. Brautwerbung.
Was da Tristan gesagt
Hatte von der schönen Magd,
Der wonnigen auf Irenland,
Wie er es selber empfand –
Wer da in dem Kreise saß
Und in sein Herz die Worte las,
Dem versüßt' es sein Gemüthe
Wie des Maien Thau die Blüthe:
Sie gewannen Alle frohen Muth.
Tristan, der Jüngling wohlgemuth,
Begann nun wieder aufzuleben:
Das Leben war ihm neu gegeben,
Er war ein neugeborner Mann.
Er fieng erst zu genießen an,
Man sah ihn freudig immerdar.
Der Hof und auch der König war
Zu seinem Willen bereit,
Bis sich der verworfne Neid,
Der geschäftig immer sinnt
Wie er neue Tücke spinnt,
An den Herrn begann zu üben
Und Vielen zu trüben
Den Muth und auch die Sitten,
Daß sie es ungern litten
Wie der Hof ihn ehrte
Und seine Ehre mehrte
Zugleich mit Land und Leuten.
Sie begannen zu missdeuten
Sein Glück in allen Dingen,
Ihn ins Geschrei zu bringen,
Als ob er Zauber triebe.
Wie er dem Land zu Liebe
Morolden, ihren Feind, bezwang,
Wie dann in Irland ihm gelang,
Das Alles, gab man zu verstehen,
Sei durch Zauber geschehen.
»Seht selber«, hieß es, »all sein Wesen:
Wie mocht er jemals genesen
Vor dem starken Morold?
Wie betrog er Isold,
Jene weise Königin,
Seine Todfeindin,
Daß sie in den Büchern las
Bis er durch ihre Hand genas?
Seht das Wunder, schauet an,
Der Betrüger, wie er kann
Sehende Augen blenden
Und Alles glücklich enden
Was er nur zu enden hat!«
Am Ende giengen sie zu Rath
Als König Markes Räthe,
Daß sie ihm früh und späte
Mit Bitten anlagen,
Daß er in alten Tagen
Noch ein Weib sich nähme,
Von der er Erben bekäme,
Eine Tochter oder einen Sohn.
Marke sprach: »Gott hatt uns schon
Guten Erben gegeben:
Laße Gott ihn lange leben,
Tristan: so lang der leben soll,
So lange kommt, das wißt ihr wohl,
Nimmer Frau noch Königin
An diesen Hof: das ist mein Sinn.«
Hiemit ward noch des Haßes mehr
Und mehr des Neides denn vorher,
Den sie zu Tristan trugen,
Daß bald die Flammen schlugen
Hervor aus Manchem lichterloh.
Sie mochten es nicht länger so
Bergen in der Heimlichkeit
Und boten ihm zu mancher Zeit
Solche Worte und Geberden,
Daß ihm bangte vor Gefährden,
Denn er muste stäts besorgen,
Daß sie heut oder morgen
Den Rath zusammen trügen,
Wie sie ihn mordlich schlügen.
Da bat er seinen Oheim sehr,
Daß er der Landesherrn Begehr
Endlich nur vollbrächte
Und Gott zu Lieb bedächte
Seine Angst und seine Noth:
Er wiße nicht, wann es sein Tod
Noch und sein Ende wäre.«
Da sprach auf solche Märe
Sein Oheim: »Neffe Tristan,
Schweig, ich denke nicht daran:
Zum Erben will ich dich allein.
Du sollst auch ohne Sorgen sein
Um deinen Tod und um dein Leben:
Ich will dir guten Frieden geben.
All ihr Neiden, all ihr Haß,
Lieber Gott, was schadet das?
Haßen und Neiden
Muß der Biedre leiden.
Es erhöht des Mannes Werth,
Wenn der Haß sich auf ihn kehrt.
Werth und Neid, die beiden sind
Wie die Mutter und ihr Kind,
Denn der Werth gebiert allzeit
Und führt mit sich Haß und Neid.
Wen fallt der Haß auch lieber an
Als einen würdigen Mann?
»Leb immer und erstrebe, daß
Du Einen Tag seist ohne Haß,
Du erstrebst doch nimmer, daß
Du leben mögest ohne Haß.
»Doch willst du, daß dir wohl geschieht
Von Bösen, so sing ihr Lied
Und sei du auch ein Bösewicht,
So haßen sie dich fürder nicht.
Tristan, was man dir auch thu,
Richte du dich nur dazu,
Daß du hohen Muthes seist,