Gottfried von Straßburg

Tristan und Isolde


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dir Heil und Ehre bringe;

      Doch rathe mir nicht Dinge,

      Davon dir Schade muß geschehn.

      Hierin, was Reden auch geschehn,

      Folg ich ihnen nicht noch dir.«

      »Herr König, so gebietet mir,

      Denn ich will von Hofe fahren:

      Ich kann mich nicht vor ihnen wahren.

      Soll ich das Ziel des Haßes sein,

      So kann ich nimmer gedeihn.

      Eh ich mit der Gefährde

      Alle Reiche der Erde

      Haben wollt in meiner Hand,

      Eh blieb ich ewig ohne Land.«

      Als Marke seinen Ernst ersah,

      »Neffe, schweig«, begann er da,

      »Denn wie gern ich allezeit

      Dir Treue hielt' und Stätigkeit,

      So läßest du es nicht geschehn.

      Was nun auch hieraus mag entstehn,

      Ich habe keine Schuld daran.

      Sprich, wie ich dir willfahren kann,

      Du findest mich bereit dazu;

      Sag an, was willst du, daß ich thu?«

      »So besendet euern Herrenrath,

      Der euch hierzu gerathen hat,

      Und höret eines Jeden Muth.

      Fragt sie, wie sie dünke gut,

      Daß ihr euch hierin verhaltet.

      Wenn ihr nach ihrem Willen schaltet,

      So mags mit Ehren wohl ergehn.«

      Nun, das war alsbald geschehn:

      Die Herren wurden all besandt.

      Die riethen Marken allzuhand,

      Und allein zu Tristans Noth,

      Zu der schönen Isot:

      Die ziem ihm, möcht es sein, zum Weib

      Nach Zucht, Geburt und schönem Leib;

      Und faßten den Beschluß zumal.

      Vor Mark denn giengen sie im Saal,

      Und Einer, der es wohl verstund,

      Trat vor und sprach aus Einem Mund

      Ihr Aller Willen, Sinn und Muth.

      »Herr«, hub er an, »uns dünket gut,

      Isot die schöne von Irlanden,

      Wie das bekannt ist allen Landen,

      Die uns und ihr benachbart sind,

      Ist eine Magd, und ist ein Kind,

      Der weibliche Seligkeit

      Jede Zierde lieh, die eine Maid

      Jemals wohl auf Erden trug,

      Wie ihr das selber oft genug

      Schon habt von ihr vernommen.

      Die ist selig und vollkommen

      Fürwahr an Leben und Leib,

      Und soll euch diese zum Weib

      Und uns zur Herrin werden,

      So kann uns auf der Erden

      An keiner Frau so wohl geschehn.«

      Der König sprach: »Herr, laßt uns sehn,

      Wenn ich die haben wollte,

      Wie das geschehen sollte.

      Habt ihrs vergeßen ganz und gar,

      Wie es nun seit manchem Jahr

      Zwischen uns und ihnen stand?

      Wie uns haßen Leut und Land

      Und wie mir Gurmun herzlich grollt;

      Mit Recht: ich bin ihm auch nicht hold.

      Wer brächte jemals mit uns Zwein

      So große Freundschaft überein?«

      »Herr«, sprachen aber Jene da,

      »Oft fügt sichs, wie es hier geschah,

      Daß zwei Lande sich bestreiten;

      So sollen sie von beiden Seiten

      Rath suchen und erdenken,

      Wie sie' s zur Sühne lenken

      Für ihrer Kinder Zeiten.

      Aus gehäßigem Streiten

      Ward große Freundschaft schon gemacht:

      Herr, hierauf seid Ihr bedacht.

      Ihr erlebt wohl noch den Tag,

      Daß Irland euer werden mag.

      Mit Isolden wird es euch verliehn,

      Da König und Königin

      Ohne andre Erben sind:

      Sie ist ihr einziges Kind.«

      Antwort gab der König hehr:

      »In Gedanken hat mich sehr

      Wohl Tristan schon an sie gebracht;

      Ich habe viel an sie gedacht,

      Seit er sie so gepriesen hat.

      Ich bin in meines Herzens Rath

      Vor den andern Frauen allen

      So sehr auf sie verfallen,

      Sie möge mir denn werden,

      So wird auf dieser Erden

      Keine andre jemals mein;

      Der Himmel soll mir Zeuge sein.«

      Den Eid doch that er nicht so sehr

      Weil sein Gemüth ihm irgend mehr

      Nach Ihr stünd als nach andrer Maid,

      Er schwur nur so aus Schlauigkeit,

      Denn er konnte sich nicht denken,

      Sie würdens je zum Ziele lenken.

      Die Räthe sprachen da vergnügt:

      »Herr, wenn ihr es also fügt,

      Daß mein Herr Tristan, der hier steht,

      Und des Hofs Geheimniss hat erspäht,

      Dort eure Botschaft werben will,

      So wird es Alles wohl zum Ziel

      Und zu gutem Schluß gebracht.

      Der ist weis und wohlbedacht

      Und hat Glück in allen Dingen:

      Er mag es wohl zu Ende bringen;

      Er kann des Landes Sprache wohl

      Und endet was er enden soll.«

      »Ihr rathet übel«, Marke sprach:

      »Zu sehr stellt ihr Tristanden nach

      Und fleißt euch aller seiner Noth.

      Er ist nun doch schon einmal todt

      Für euch und eure Erben;

      Nun wollt ihr ihn noch sterben

      Gar zu einem andern Mal.

      Nein, ihr Herrn von Cornewal,

      Ihr müßet selber dahin;

      Rathet mir nicht mehr auf