besser aussah.“
Ein Spieler wie der Elite Point Guard Shaheen Holloway konnte Bryants Schwächen schonungslos aufzeigen, was wiederum Kobe weiter darin bestärkte, diese Mankos zu eliminieren.
„Das Beste aber war, dass alle Teams gute Spieler hatten, da gab es keine einfachen Gegner. Das schlechteste Team hatte vielleicht sieben Division I Spieler“, so Rines.
Im Laufe der Saison identifizierten die Trainer ein Problem, welches immer wieder in Bryants Karriere auftauchen würde. „Viele seiner Probleme kamen daher, dass er zu viel nachdachte oder überanalysierte. Joe und ich hatten schon früher darüber gesprochen. Joe selbst war immer recht entspannt. Er sagte zu Kobe: ‚Denk nicht drüber nach, spiel einfach. Spiel einfach. Du bist hier, um dich zu verbessern. Wir sind nicht gekommen, damit du dich hysterisch aufführst.‘“
Natürlich war Joe immer anwesend, so wie schon sein Vater immer zu seinen Spielen gekommen war, mit dem Unterschied, dass Joe seine ganze Erfahrung nutzen konnte, Kobe durch die Tücken des Spiels zu geleiten und dabei das besonders ausgeprägte Selbstbewusstsein seines Sohnes nie anzukratzen. Normalerweise würden solche elterlichen Einmischungen zu heftigen Debatten führen, doch Joe Bryant war ein Meister der Subtilität. Pam hingegen, die selbst einen eisernen Willen besaß, schien sich von der AAU völlig fernzuhalten. Auch wenn Kobe für die Lower Merion spielte, blieb sie immer im Hintergrund und fokussierte ihre ganze Aufmerksamkeit auf die anderen Dinge in Kobes täglichem Leben.
Der noch junge und unerfahrene Rines sah sich immer wieder mit diesem eigenwilligen Teenager konfrontiert, der sich andauernd bei ihm über andere Spieler beschwerte, „Warum schreit mich der Typ an? Warum rempelt er mich an?“.
Es dauerte einige Zeit, bis Rines Bryant so weit hatte, dass dieser sich mit dem Konzept zurechtfand, dass es bei dem Spiel nicht darum ging, sich allein durchzudribbeln, so wie er es aus Italien gewohnt war. „Er brauchte sich nicht in drei oder vier Gegner hineindribbeln und festlaufen, wenn er sowieso wieder den Ball bekam. Es brauchte eine Weile, bis er begriff, dass er unser Go-to-Guy war.“
„Komm schon, du bist besser als das. Der Ball kommt sowieso zu dir“, sagte Rines ihm immer wieder.
Kaum hatten sie dann einige grundlegende Teamregeln etabliert, kam das nächste Problem auf Rines zu.
Die Gegner begannen eine sogenannte Box-and-One-Verteidigung zu spielen, bei der Bryants Mitspieler mittels Zonenverteidigung gedeckt und er von einem guten Verteidiger in Manndeckung genommen wurde. Das war nicht gerade üblich in einem AAU-Spiel, doch den anderen Coaches ging es darum zu gewinnen. „Einmal schafften wir es, ihn anzuspielen und sofort stellten die Gegner auf die Box-and-One-Verteidigung um“, sagt Rines. „Sie wollten zwar nicht, aber sie wollten gewinnen, denn es geht nur ums Gewinnen. Da muss ich Kobe echt loben. Ihm war das Ergebnis nicht so wichtig. Er kümmerte sich nur um seinen eigenen Fortschritt. Irgendwann ließ er sich dann auch vom Spiel ohne Ball überzeugen, denn er wusste ja, dass er den Ball wieder bekommen würde.“
„Ganz ehrlich, Bryants Egoismus muss man gesehen haben“, sagt Rines. „Das war schon bemerkenswert, aber er lieferte ab, das war zu respektieren.“
Der ganze Prozess verlangte den Bryants einiges ab, doch Joe wusste, dass sein Sohn noch viel zu lernen hatte, nämlich dass es sich auch auszahlte, wenn er seinen Willen den Bedürfnissen des Teams unterordnete.
„Das verrückte war, dass er in seinem zweiten Highschooljahr begann, sich darauf einzulassen. Wenn ich einen Spieler sah, der begann nachzulassen und nicht so gut war, wie er sein sollte beziehungsweise sein Potenzial nicht ausschöpfte, das er in meinen Augen hatte, dann puschte ich ihn, bis er es tat“, erzählt Rines.
Damals sah Rines aber keinen Basketballprofi in Kobe. Als er dann mehr mit Bryant arbeitete, revidierte er seine Meinung und schätzte ihn als einen top College-Prospect, jemanden den ein richtig gutes Collegeprogramm nehmen würde, wie etwa die University of North Carolina. Der junge Coach fühlte, wie sich langsam ein gegenseitiger Respekt zwischen ihm und seinem pflegeintensiven Spieler aufzubauen begann.
„Ich glaube, ich habe ihm die Latte so hoch gelegt, dass er mich einfach respektieren musste“, sagt Rines. „Er war wahrscheinlich der am härtesten arbeitende Basketballspieler, den es je gab. Er wollte es so sehr, mehr als jeder andere.“
Das wiederum brachte weitere Themen mit sich. Die Personen rund um Joe Bryant, seine Frau miteingeschlossen, hatten immer behauptet, dass Joe viel zu sehr auf Basketball fixiert war und fast nie aufhörte darüber zu reden. Doch Kobes Fixiertheit auf den Sport stellte alles Dagewesene in den Schatten.
„Wenn wir über Basketball sprachen, verstanden wir uns großartig“, sagt Rines über seine persönliche Beziehung zu Kobe. „Aber wie lange kann man über Basketball reden? Sein ganzes Leben drehte sich nur um den Ball.“
Die meisten Menschen, die mit Bryant durch Basketball zu tun hatten, wussten so gut wie nichts über sein Interesse an Rapmusik. Wenn man die Geschichten hört, wie viel Zeit er in sein Basketballtraining steckte, kann man sich schwer vorstellen, dass er überhaupt Zeit fand an Musik zu denken. Ein Reporter fragte Bryant in den ersten Jahren bei den Lakers über sein Leben außerhalb des Sports. Kobe antwortete darauf: „Basketball, es gibt nichts anderes.“
Wenn man nicht davon besessen ist, in einem Bereich perfekt sein zu müssen, mag diese Antwort lächerlich erscheinen und eine solche Mentalität nur der traurige Beweis eines nicht gerade lebenswerten Lebens sein. So mancher, der Kobe in seinen jungen Jahren sah, ist der Meinung, dass Kobe nie ein Leben hatte.
Rines wunderte sich immer über Bryants Versessenheit und seine anscheinend unerklärliche Wut.
„Die Wut kam wahrscheinlich davon, dass er versuchte ein ganz Großer zu sein und eine bestimmte Vision hatte, während seine Coaches Dinge bei ihm sahen, die er besser machen konnte. Kobe hatte immer Schwierigkeiten mit seinen Trainern, er ließ sich einfach nicht von anderen helfen. Er hatte seinen eigenen Weg, die Dinge zu tun, seinen eigenen Stil, seine eigene Philosophie“, sagt Rines.
So gesehen hatte das intensive Studium der Videos unterschiedlicher Basketballgrößen eine Art Wand aufgebaut. Wenn man die Videos von Magic Johnson und Michael Jordan bis ins kleinste Detail studiert und diese Spieler als seine Lehrer betrachtet, zusammen mit so einem Vater, einem ehemaligen Pro, was soll einem da ein kleiner Highschool- oder AAU-Coach noch Wichtiges beibringen können? Andere waren der Meinung, dass Joe Bryant einen fantastischen Job machte, einen so starrköpfigen Sohn in die richtigen Bahnen zu lenken.
„Wir hätten eine viel angenehmere Zeit haben können, als wir im Endeffekt hatten“, erinnert sich Rines an diesen ersten Sommer mit dem Jungstar, „doch irgendwie mussten wir die Zeit mit ihm einfach durchstehen.“
Die Familie
Jahre später musste Jermain Griffin lachen, als er die Geschichten hörte, wie sich Kobe Bryant im Elitebasketball anpasste. Nachdem er seinen Freund rappen und Highschoolbasketball spielen hatte sehen, lernte er Kobes Experimentierfreudigkeit schätzen. Er experimentierte mit allem, nicht nur mit Crossover-Moves, Reimen und Beats.
„Das ist, was Größe ausmacht: experimentieren“, meint Griffin. „Würden wir immer alles gleich machen und immer den gleichen Weg nehmen und auf das gleiche Resultat kommen, dann gäbe es keine Großen. Du musst Mut zur Veränderung zeigen, sonst wären wir ja alle Roboter.“
Experimentieren bedeutete natürlich auch austesten. Bryants Vater war sein erster großer Test, einer der sich über Jahre hinzog und sich in ihren immer physischer werdenden Eins-gegen-eins-Spielen widerspiegelte.
„Joe erzählte von diesen Spielen in der Auffahrt“, erinnert sich Gregg Downer. „Da flogen die Ellenbogen und da Kobe immer besser und besser wurde, gab’s schon mal die eine oder andere geplatzte Lippe. Das Ganze wurde immer härter und Joe war ungeschlagen. Dann wird Kobe fünfzehn und plötzlich besiegt er Joe. Das war wie eine Premierenparty. Joe sagte nur: ‚Das war’s damals. Ich spielte nicht mehr gegen ihn, da ich wusste, dass ich ihn nicht mehr besiegen konnte.‘“
„Als