Roland Lazenby

Kobe Bryant


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tätig, bis er 1992 in Pension ging.

      Doch bevor Kobe bei Rines’ Team spielen konnte, musste Joe erst sicherstellen, dass sein Sohn dort auch der Star sein würde. Der Status eines Spielers wurde unter anderem an der Anzahl der Würfe, die er in einem einstündigen AAU-Spiel nehmen durfte, gemessen. Je mehr Würfe, desto besser die Chance, Interesse bei den Colleges zu wecken.

      „Joe und mein Vater unterhielten sich darüber, wie Kobe in einem für ihn geeigneten Umfeld spielen konnte“, erklärt Rines. „Es gibt einen Unterschied, ob du zwanzigmal wirfst oder nur fünfmal.“

      Kobe brauchte diese fünfzehn zusätzlichen Würfe für seine Entwicklung. Die Trainer und anderen Spieler müssten eben einsehen, dass Kobe an der Spitze der Hierarchie stand.

      Rines lernte sehr schnell, dass Bryant es hasste vom Feld genommen zu werden, genauso wie schon auf der Lower Merion. Der AAU-Coach erinnert sich, dass Bryant so extrem auf Auswechslungen reagierte, dass sich das Team im Endeffekt dazu entschloss, nur neun Spieler in der Mannschaft zu haben, um weitere Konflikte zu vermeiden. Doch selbst dann kam es nach jeder Auswechslung zu heftigen Konfrontationen.

      „Wir hatten nur neun Spieler, da wir versuchten Kobe drinnen zu lassen“, gab Rines 2015 in einem Interview zu. „Er liebte es zu spielen, wir wussten das. Wir wussten auch, dass wir nicht fünf Spieler austauschen konnten, wie es sonst üblich war, denn er wollte nicht runter vom Feld. Kobe war einfach Kobe. Er war ein Showman. Ich habe nie jemanden anderen gesehen, der so konzentriert war am Feld wie Kobe, wenn er auf seiner Bühne stand. Kein Nonsens, kein auf die leichte Schulter nehmen. Er machte kein freundliches Gesicht. Er zerstörte dich in jedem Viertel und zeigte keine Gnade. Es war ihm scheißegal.“

      „Er war ein reines Alphatier“, so Rines weiter. „Jedes Mal, wenn er auf dem Platz stand, war er das absolute Alphatier. So war er schon mit dreizehn, vierzehn und fünfzehn.“

      In seinem AAU-Team waren Bryants Proteste über seine Auswechslungen noch viel heftiger, wenn nicht sogar irrational, denn AAU-Teams waren eine Ansammlung der besten Spieler von verschiedenen Schulen, nicht nur von einer, wie der Lower Merion. Trotz aller Ärgernisse half die Verpflichtung eines Spielers wie Bryant, Rines’ Verein, der als Wochenendklinik begonnen hatte, weiter zu wachsen.

      „Wir holten einen Spieler von hier und einen von da, um das Team stärker zu machen“, erklärt Rines. „Nachdem wir dann besser waren, kamen andere auch zu uns, vor allem auch, weil jemand wie Kobe bei uns spielte. Kobe war wertvoll. Davor waren wir vielleicht ein zweitklassiges AAU-Team mit gerade einmal zwei oder drei Spielern in der Mannschaft, die bei den schlechteren Teams der Division I mitspielen hätten können. Mit Kobe hatten wir plötzlich ganz andere Möglichkeiten.“

      AAU-Turniere standen im Ruf, das Spiel in den Vordergrund zu stellen und weniger auf das Erlernen von Grundkompetenzen zu achten, doch der alte Rines wollte junge Talente entwickeln indem er sich auf die Grundlagen und regionale Bewerbe konzentrierte. Das Format erlaubte Rines Jr. sich seine ersten Sporen als Headcoach zu verdienen, während Rines Sr. ihm als älterer, erfahrener Assistent zur Seite stand.

      Kobe respektierte den älteren Rines und krachte bald mit dem jüngeren Headcoach zusammen.

      „Wir sind 25 Punkte vorne“, erinnert sich Rines an eines der ersten Spiele mit Kobe. „Er meinte, er hätte nicht gut genug gespielt, um sich eine Pause zu verdienen. Er wollte wieder aufs Feld. Wir stritten uns.“

      „Wechsle mich wieder ein“, schrie Kobe ihn an.

      „Nein“, antwortete Rines, „du spielst heute nicht mehr, nachdem du so mit mir geredet hast.“

      Und Jellybean war immer da, um seinen Sohn zu unterstützen.

      „Joe und ich gerieten auch schon einmal aneinander“, erzählt Rines. „Er hatte dieses typische Elternverhalten.“

      Die Eltern von AAU-Spielern waren bekannt dafür, recht aggressiv gegenüber den Coaches zu werden, wenn es um Spielzeit für ihre Kinder ging. AAU-Basketball war damals dazu da, dass Collegetrainer sich Spitzentalente ansehen konnten. Um gesehen zu werden, musste man natürlich spielen. Außerdem kostete es Geld, bei einem Team spielen zu dürfen. Die Eltern wollten, dass ihre Söhne auch etwas für ihr Geld bekamen. „Wenn Kobe und ich wieder einmal stritten, begann Joe auf Italienisch mit ihm zu reden“, sagt Rines über seine Streitereien mit Kobe. „Niemand von uns verstand, was er sagte, aber Kobe beruhigte sich wieder. Es muss aber auch gesagt werden, dass Kobe ein echtes Problem hatte, seine Wut zu kontrollieren.“

      Woher diese Wut stammte, blieb ein Geheimnis, doch ein Teil kam anscheinend von Bryants Unvermögen wie ein Elitespieler mit dem Ball umzugehen. Dennoch gab es so viel Gutes an seinem Spiel, das den Trainern gleich gefiel, wenn sie ihn zum ersten Mal im Einsatz sahen. Rines erinnert sich, als er Bryant das erste Mal bei einem Eliteturnier sah.

      „Es war in Delaware“, erzählt er. „Ich beobachtete ihn aufmerksam, ich kannte ihn damals noch nicht. Ich stand dort und sah ihn mir an. Da war dieser schlaksige 1,96 oder 1,98 m große Junge, der Jumpshots warf. Er war phänomenal, speziell da er bei den Zwölftklässlern mitspielte. Natürlich fehlte ihm damals die Physis, um sich unterm Korb gegen die anderen durchzusetzen, doch er hatte die Athletik und einen tollen Wurf.“

      An diesem Tag sah Rines nichts, das ihn glauben machte, dass er hier einen zukünftigen NBA-Spieler vor sich hatte. „Du konntest sehen, dass er einer der besseren Freshmen war, aufgrund seiner Größe und seiner Athletik“, sagt er.

      Er kam zum Schluss, dass Bryant ein sehr guter Highschoolspieler werden könnte.

      „Kobe war noch so jung und bereits so gut“, erklärt Rines. „Ballkünstler war er keiner. Doch in den Bereichen, wo er Aufholbedarf hatte, arbeitete er hart und entwickelte sich.“

      Je mehr Zeit er mit Bryant verbrachte, desto mehr sah er einen Teenager, der beinahe jede freie Minute mit Basketball verbrachte. „Am Morgen begann er sein Training mit den Profis im Bellevue Hotel und am Nachmittag ging es dann an der St. Joseph’s University auf die Laufbahn, samt Sprintfallschirm und Balltraining. Am Abend ging er dann ins jüdische Gemeindezentrum und trainierte dort allein weiter.“

      Die Spiele im Sommer waren eine Art Testlabor für ihn. Als mehr Geld in den Sport zu fließen begann, versuchten die Coaches in der AAU, Spitzenspieler für ihre Teams zu rekrutieren, was wiederum andere Topspieler anzog und das Interesse von Sportschuhherstellern und anderen Firmen weckte. Es stellte sich schnell heraus, dass Kobe die oberste Priorität in Rines’ Team war. „Wenn Kobe einen schlechten Wurf nahm, dann war es Teil seines Lernprozesses, um besser zu werden“, sagt Rines. „Wir mussten eben akzeptieren, wer er war und was er war.“

      „Er machte eine Phase durch, in der er wirklich ganz egoistisch spielte“, fügt Rines an. „Dann durchlief er eine Phase, in der er lernte zu dribbeln und wie man Crossovers macht, auch wenn er dabei den Ball sieben- oder achtmal hintereinander ins Seitenaus kickte, nur weil er einen bestimmten Move trainieren wollte. Wie soll man das coachen? Wenn er irgendetwas einstudieren wollte, dann tat er es, egal, was um ihn herum geschah. Am Ende sagte ich dann: ‚Was zum Teufel soll das? Können wir das Spiel bitte gewinnen? Lass uns erst das Spiel gewinnen, dann kannst du jeden verdammten Move ausprobieren, den du willst.‘ Denn ehe wir es uns versahen, waren wir 12, 14 oder 16 Punkte hinten, nur weil er an einem bestimmten Crossover-Move in einem AAU-Spiel arbeiten wollte.“

      Bryants Konzentration auf seine eigene Entwicklung schadete dem Team einige Male und entsprach ganz und gar nicht der Idee der AAU, denn die Spiele waren ja im Grunde eine Plattform für Spieler, sich den Spielerbeobachtern der Colleges zu präsentieren.

      „Die Spieler waren darauf angewiesen, dass Collegescouts zu den Spielen kamen“, erklärt Rines. „Aber wenn du ein Mitspieler bist, der darauf wartet einen Sprungwurf zu machen und Kobe sieht dich nicht oder spielt den Ball ins Aus, dann kommst du nicht auf die Anzahl der Würfe, die du haben solltest, nur weil jemand den Ball nicht passen wollte oder schlechte Entscheidungen traf. Das hat natürlich Auswirkungen auf beide, den Ballträger und den Werfer, denn die Scouts denken sich dann: Er ist gut, aber irgendetwas fehlt.“

      „Bryants