Thema in den vertraulichen Berichten. So auch, als es um den neuen Parteisitz geht, der auf Kosten des Landes errichtet werden soll. Ende der 1950er-Jahre steht nämlich eines der größten Hotels von Bozen zum Verkauf. Das Hotel Bristol, mitten im Zentrum von Bozen, in der Nähe zum Palais Widmann, dem damaligen Sitz der Quästur (Dienststelle der Staatspolizei) und heutigem Sitz der Landesregierung gelegen, erregt nicht nur die Aufmerksamkeit der Baulöwen. Das Hotel wird 1961 abgerissen. In mehreren geheimen Berichten geht es bereits zwei Jahre zuvor um die geplante Immobilienoperation. Am 29. September 1959 schickt der Generalkommandant der Carabinieri Luigi Lombardi zwei vertrauliche Informantenberichte an den Staatssekretär im Ministerratspräsidium Carlo Russo. In einem dieser Berichte heißt es:
Quästur Bozen (im Palais Widmann): Verdeckter Kanal ins UAR.
Die Südtiroler Landesregierung hat soeben die Verhandlungen zum Kauf des Hotels „Bristol“ in Bozen um die Summe von 100 Millionen Lire abgeschlossen. Das Hotel soll dem deutschen Kulturverein „Kulturheim“ als Sitz zugewiesen werden, dessen Präsident der SVP-Abgeordnete Karl Mitterdorfer ist. Der endgültige Kaufvertrag wird in den nächsten Tagen unterzeichnet werden.
Da die Leitung der SVP aus dem derzeitigen Sitz in der „Villa Brigl“ ausziehen muss, wird es als sicher angenommen, dass das Haus von ihr besetzt wird – auch aufgrund der Abmachungen, die bereits mit dem Verein „Kulturheim“ getroffen wurden. Die neue Ansiedelung der SVP würde damit auf Kosten des Landes gehen, mit vorhersehbaren negativen Reaktionen der öffentlichen Meinung.55
Für das Innenleben der SVP interessiert sich auch der Bozner Quästor, der periodisch Berichte an das Innenministerium nach Rom schickt. Der Polizeichef leitet diese Berichte mit dem Titel „Notizie dell’Alto Adige“ auch an den italienischen Außenminister und das UZC weiter. Die Berichte basieren auf Meldungen der Informanten der Bozner Quästur und drehen sich vor allem im Jubiläumsjahr 1959 um eine Art Radikalisierung der Volkspartei:
Schreiben von Quästor Giuseppe Testa alias „Schatten“: „Natürlich weiß keiner der beiden vom Annäherungsmanöver an den anderen.“
Die Situation in Südtirol wird immer verzwickter […] Die Propaganda wird vor allem unter den Jungen immer stärker und führt bei diesen zu einem aufgepeitschten Geisteszustand. Das merken jetzt auch die Spitzen der SVP. Manche von ihnen fürchten die Folgen ihrer Handlungen, auch weil sie um ihre Stellung und ihr Ansehen zittern und Angst haben, von diesen Jungen überrannt zu werden.
Sicherlich auf Nadeln sitzt deshalb Dr. Silvius Magnago, weil seine Technik – die man am besten mit dem Spruch aus dem Volksmund „Es allen recht machen zu wollen“ [Original: colpo alla botte e quello al cerchio] zusammenfassen kann – seit einiger Zeit von diesen aufbrausenden Jungen durchschaut wurde, die jetzt drohen, ihn als SVP-Obmann zu stürzen und auch als Landeshauptmann, was für ihn noch mehr zählt.56
Dass der Informant mit dieser Einschätzung eindeutig daneben liegt und Silvius Magnago noch drei Jahrzehnte lang Landeshauptmann bleiben wird, kann man zu diesem Zeitpunkt nicht wissen.
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