ihn, wenn SpringBreak auf Tour waren. Mit seinem älteren Bruder waren sie alle zusammen essen gegangen, als er nach Florida gekommen war, wo sie ihre Zelte aufgeschlagen hatten. Und zum fünfzigsten Geburtstag seines Dads war die ganze Band eingeladen worden. Unter ihnen fünf war Jesse tatsächlich der Einzige mit einer normalen, interessierten Familie.
Einer von fünf.
Die Statistik sah demnach ziemlich bescheiden aus.
Während Dean die Flasche in seiner Hand hielt und verfolgte, wie Taylor irgendetwas an Stanley gewandt raunte, was er nicht verstand, überlegte er, wie seltsam es war, mit neunzehn Jahren zum ersten Mal in seinem Leben so etwas wie eine Familie zu haben. Für ihn waren Taylor, Cole, Zac und Jesse nicht nur seine Bandkollegen und Kumpels, sondern sie waren seine Brüder geworden. Das mochte verdammt kitschig und rührselig klingen, aber tatsächlich fühlte er sich den anderen vier so eng verbunden, als würde er sie schon ewig kennen.
Seit zwei Jahren waren sie ununterbrochen zusammen, bewohnten ein gemeinsames Haus, tourten miteinander und verbrachten ihre gesamte Zeit zusammen. Es war ein Wunder, dass noch keiner von ihnen Amok gelaufen war, weil es eigentlich eine absolute Zerreißprobe war, ständig aufeinander zu hocken. Aber die viele gemeinsame Zeit hatte sie nur stärker zusammengeschweißt.
Auf der Highschool hatte Dean einige Freunde und Kumpels gehabt, aber keinem von ihnen hatte er sich jemals so verbunden gefühlt. Für seine Bandkollegen würde er glatt durchs Feuer laufen, und er wusste, dass es ihnen nicht anders ging.
Als dieser schmierige Fernsehmoderator aus Frankreich Witze über Cole gerissen hatte, nachdem der bei einem Radiointerview in London einen peinlichen Spruch gebracht und demonstriert hatte, dass er keine Ahnung von Geografie besaß, hatten sie die Aufzeichnung der Sendung abgebrochen und dem Moderator zu verstehen gegeben, was sie von ihm hielten.
Als Zac Schwierigkeiten mit dem Freund eines Groupies bekommen hatte, nachdem er dem Groupie ein Autogramm auf dessen nackte Brüste gegeben hatte, war Dean zur Stelle gewesen, um den erzürnten Freund in seine Schranken zu weisen.
Und als Jesse völlig neben der Spur gewesen war, als er erfahren hatte, dass seine Katze gestorben war, während er durch Europa getourt war, hatten sie versucht, ihn aufzumuntern und ihn abzulenken.
Die Jungs waren für Dean Familie. Er vertraute ihnen rückhaltlos und konnte in ihrer Gegenwart er selbst sein. Deshalb war er auch auf die Idee gekommen, dass sie sich alle das Logo ihrer Band stechen lassen sollten. Für ihn bedeutete es Zugehörigkeit – etwas, was er zuvor nie richtig kennengelernt hatte.
„Gib mir einen Schluck“, bat Taylor ihn und riss ihn somit aus seinen Gedanken heraus.
Dean hob den Kopf und begutachtete das Werk des Tätowierers. Es fehlte nicht mehr viel und das Logo wäre abgeschlossen. „Alkohol und Tattoos vertragen sich nicht“, wies er Taylor zurecht und grinste breit. „Alkohol kann das Blut verdünnen.“ Demonstrativ ließ er die Flasche kreisen.
Sein Freund schnaubte abfällig. „Und was hältst du gerade in der Hand?“
„Einen ziemlich guten Wodka.“
„Irre ich mich oder wurdest du nicht auch gerade tätowiert?“
Dean zuckte mit den Schultern und stellte die Flasche auf dem Boden ab. „Ich bin schon Profi und vertrage sowieso mehr als du.“
Daraufhin sagte Taylor nichts, aber Dean konnte sich denken, was im Kopf seines Kumpels vor sich ging. Taylor war schließlich unter ihnen fünf dafür berüchtigt, den Vernünftigen zu spielen und sie alle darauf hinzuweisen, nicht zu viel zu trinken, vor Auftritten keinen zu heben und sich auf Aftershow-Partys nicht besinnungslos zu besaufen. Zwar wurde von Musikern erwartet, ab und zu über die Stränge zu schlagen, aber sie lebten in den Vereinigten Staaten, in denen man erst mit einundzwanzig Alkohol trinken durfte. Und keiner von ihnen war bereits einundzwanzig.
Die Plattenfirma wollte keine schlechte Presse mit ihrer Vorzeigeband haben. Das wurde Taylor nicht müde zu betonen.
Erst vor zwei Wochen waren sie heftig aneinandergeraten, als Dean mit einem monströsen Kater zu einer Autogrammstunde erschienen war, bei der auch Journalisten und Fotografen dabei gewesen waren. Vermutlich hatte man ihm angesehen, dass er sich hatte volllaufen lassen. Und bestimmt hatte man es auch gerochen. Taylor war ziemlich angepisst gewesen.
Normalerweise hätte Dean ihm sogar zugestimmt, dass es eine verdammt blöde Idee gewesen war, sich so sehr zu betrinken, dass er einen kompletten Filmriss riskiert und am nächsten Morgen das Hotelzimmer vollgekotzt hatte, bevor er zu jener Autogrammstunde aufgebrochen war.
Normalerweise ...
Aber Dean hasste es, wenn ihm jemand Vorschriften machte, der nicht seine Grandma war. Zurück im Hotel und noch während der Fahrt hatten sie sich so sehr angebrüllt, dass die anderen drei eingeschritten waren. Die Wände hatten gewackelt, bis Dean zähneknirschend versprochen hatte, sich alkoholtechnisch zurückzuhalten und maßvoll zu trinken.
In den letzten zwei Wochen hatte er kaum einen Tropfen angerührt. Das hatte er nicht etwa getan, weil er keine schlechte Presse riskieren wollte, sondern um Taylor zu beweisen, dass er kein Problem damit hatte, auf Alkohol zu verzichten. Der hatte während ihres Streits nämlich so getan, als hätte Dean ein Alkoholproblem, was absolut lächerlich war. Natürlich hatte er kein Alkoholproblem! Er trank einfach gerne einen Schluck, um zu feiern, um lockerer zu werden und um sich zu entspannen.
Das Leben als Musiker konnte dann und wann ziemlich anstrengend sein. Was war also falsch daran, sich abends gemütlich ein Bier oder ein paar Kurze zu genehmigen, um mit dem Stress klarzukommen? Und wenn es etwas zu feiern gab, dann sprach nichts dagegen, eine Flasche Champagner zu köpfen oder eine Wodkaflasche umherzugeben – so wie heute! Heute hatten sie nämlich erfahren, dass ihr aktuelles Album das bislang am häufigsten verkaufte Album des Jahres war. Wenn das kein Grund zum Feiern war, dann wusste er auch nicht weiter!
Abgesehen davon hatte Zac den Wodka besorgt. Und der war sogar noch ein Jahr jünger als Dean.
Daran erinnerte Dean seinen Kumpel jedoch nicht, während der zwischen ihm und der Wodkaflasche hin und her sah. Stattdessen reichte Dean sie ihm, auch wenn Taylor noch immer tätowiert wurde. Er wollte sich schließlich nicht nachsagen lassen, dass er auf dem besten Weg war, Alkoholiker zu werden, der seinen Stoff nicht teilen wollte.
Es mochte Menschen geben, die sich nicht im Griff hatten und süchtig wurden, aber er – Dean Prescott – gehörte ganz sicher nicht zu ihnen. Er war kein Schwächling.
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„Ich hoffe, Maggie hat ein anständiges Hotel für dich gebucht, Schatz.“
„Ja, Dad, das hat sie. Das Hotel ist wirklich erstklassig.“
„Bist du dir sicher? Die Hotelzimmer in dieser Stadt sind nach allem, was man hört, winzig. Wer glaubt, dass man in New York in einer Sardinenbüchse übernachten muss, sobald man sich ein Zimmer nimmt, hat noch nie Bekanntschaft mit den Hotels von Los Angeles gemacht. Dabei sollte man doch meinen, dass die Stadt groß genug ist, um anständige Hotels zu bauen.“
„Mein Hotelzimmer ist ungefähr zehnmal so groß wie mein Zimmer auf dem College. Und das musste ich mir mit einer Mitbewohnerin teilen. Ehrlich, Dad, das Zimmer ist wunderbar.“
Die Antwort ihres Dads bestand aus einem Brummen.
Sloane Thompson senkte den Blick auf den Teller vor sich und lächelte, während sie ein Stück der Burrata klein schnitt und in das aromatische Olivenöl tunkte, bevor sie die Gabel an den Mund führte. Sie liebte italienisches Essen, was vermutlich auf das Erbe ihrer Mutter zurückzuführen war, die schließlich gebürtige Mailänderin gewesen war. Auch wenn Sloane kein Wort Italienisch sprach und sich an ihre Mom kaum erinnern konnte, bildete sie sich gerne ein, das italienische Lebensgefühl im Blut zu haben. Ob das der Grund dafür war, dass sie Pizza und Pasta so sehr liebte, wusste sie nicht. Sie wusste jedoch, dass ihr Dad sie in dieses Restaurant eingeladen hatte, weil er ihre Vorliebe für die italienische Küche kannte. Und weil er sie