und ihren Besitz verwaltungsrechtlich Gebundenen Hand in Hand, um schließlich jene Universalherrschaft der Leiturgien und munera, die Vernichtung alles dessen, was man in den »klassischen« Zeiten des Altertums »Freiheit« genannt hatte, herbeizuführen, die für die sog. »Verfallszeiten« antiker Staaten charakteristisch ist. Die, für die Masse der Untertanen, so wohltätige Ordnung der Monarchie war eben der Tod der kapitalistischen Entwicklung und alles dessen, was auf ihr ruhte. Die Sklaverei als Trägerin kapitalistischen Erwerbes tritt dann weit zurück, die Neubildung privater mobiler Kapitalvermögen erlischt, da der Stimulus der Verwertungschancen unter das, bei der Konstitution des antiken Kapitals, unerläßliche Minimum sinkt, reglementierte und verwaltungsrechtlich gebundene, aber der privatrechtlichen Form nach »freie«, Arbeit tritt in den Vordergrund der ökonomischen Struktur. Wo überdies die Monarchie theokratischen Charakter annimmt, da kann sich auch der in solchen Fällen nie ausbleibende religiöse und staatsgesetzliche »Schutz der Schwachen« – wie es im Orient der Fall war – zu einer ziemlich festen Schranke kapitalistischer Menschenverwertung entwickeln. – Die Wirkungen auf dem Gebiet der Agrargeschichte sind bei diesem Entwicklungsprozeß stets: das Abschwellen der relativen Bedeutung der Kaufsklavenplantage, die Kleinpacht, speziell Teilpacht, als herrschende Form der Bodenbesitzverwertung, die fürstliche und die halbprivate, auf Konzession des Fürsten ruhende Rentengrundherrschaft als sozial und ökonomisch vorwaltende Besitzkategorie. –
Alles in allem findet also die Entfaltung des Kapitalismus im Altertum ihre vornehmsten Hemmnisse: 1. an der politischen Eigenart der antiken Gemeinwesen, wie soeben ausgeführt, 2. an der früher erörterten ökonomischen Eigenart der Antike, nämlich, um es zu rekapitulieren: an den Schranken der Marktproduktion infolge der verkehrstechnisch gegebenen Grenzen der (ökonomischen) Transportfähigkeit der Güter von und in das Binnenland, – an der, in der Sache liegenden, ökonomisch bedingten Labilität des Kapitalbestandes und der Kapitalbildung, – an der technischen Schranke der Ausnutzbarkeit von Sklavenarbeit im Großbetrieb, – endlich auch an den Schranken der »Rechenhaftigkeit«, welche in erster Linie gegeben sind durch die Unmöglichkeit strengen Kalkuls bei Verwendung von Sklavenarbeit. (Die an sich technisch keineswegs unentwickelte private Buchführung des Altertums ist teils Bankbuchführung, teils landwirtschaftliche Bestandesaufnahme und erweiterte Haushaltsrechnung: nur die erstere ist kaufmännischen Charakters; alles andere private Buchwesen ist, – soweit wir darüber etwas wissen –, verglichen mit dem späteren Mittelalter noch recht undifferenziert, wenn man den Maßstab kapitalistischer Rentabilitätskontrolle anlegt.) Die Sklaven-»Großbetriebe« des Altertums sind nicht durch sachliche Nötigung: die arbeitszerlegende und arbeitsvereinigende Produktionsweise, zusammengehalten, sondern rein persönlich: durch die zufällige Anhäufung von Menschenbesitz im Vermögen eines Einzelnen: dies ist der richtige Sinn der »Oiken«-Theorie. Daher bleibt aller »Großbetrieb« etwas so spezifisch Labiles. Der »Zöllner«, Kleinhandwerker, Kleinkrämer sind im Orient und im Hellenismus das letzte Wort der Geldwirtschaft, und gerade mit der zunehmenden Stabilität von Politik und Oekonomik des Okzidents und dem gleichzeitigen Rückgang der Kapitalbildung behaupten sie auch hier schließlich das Feld. Immer wieder kollabiert, gerade in den Perioden »gesättigter« Ordnung – die eben mit ökonomischer Stabilität identisch ist – der Flug des Kapitalismus. Der antike kapitalistische Unternehmer – wohl zu unterscheiden vom Kapitalrentner – ist in seiner sozialen Position, mit nur teilweiser Ausnahme gewisser Perioden der babylonischen, hellenistischen, der spätrepublikanischen und der frühkaiserlichen römischen Entwicklung, fast immer ziemlich prekär gestellt: Metöken und Freigelassene stellen in den klassischen Zeiten das Hauptkontingent. Der Gewerbetreibende ist auch (und gerade) im demokratischen Gemeinwesen oft amtsunfähig. Der politische Vollbürger ist dagegen, dem Ideal nach, »Nichtinteressent«, d.h. aber: Rentner oder doch dem Typus des Rentners nahestehend und in den »freien« Gemeinwesen immer vor allem (sozusagen) »übungspflichtiger Heeresreservist«. Der »Antichrematismus« der Staatstheorie des Altertums ist, dem Schwerpunkt nach wenigstens, nicht, jedenfalls entfernt nicht in dem Sinn und Maß wie der der mittelalterlichen Kirche, ethisch – durch die Antipathie gegen den unpersönlichen und deshalb der ethischen Normierung nicht zugänglichen Charakter rein »geschäftlicher« Beziehungen – bedingt, sondern in erster Linie politisch: 1. durch (s.Z. zu erörternde) Erwägungen der »Staatsraison«, daneben 2. durch die Ideale der Bürgergleichheit und der »Autarkie« der Polis und 3. sozial: als Bestandteil des Antibanausentums der herrschenden Rentnerklassen. Andererseits fehlte jede ethische Verklärung der Erwerbsarbeit, zu der sich nur im Kynismus und in dem hellenistischorientalischen Kleinbürgertum leise Ansätze finden. Die Stütze, welche die Rationalisierung und Oekonomisierung des Lebens an der wesentlich religiös motivierten »Berufsethik« der beginnenden Neuzeit fand, mangelte dem antiken »Wirtschaftsmenschen«. Er bleibt im Empfinden seines Milieus und in seinem eigenen ein »Krämer« und »Banause«. Daß der Schiffsbesitz, die Befrachtung von eigenen Schiffen mit eigenen Tauschobjekten und deren Absatz durch einen Bediensteten (wie sie die Könige, Tempel, Adligen der Seeufergebiete in der Frühzeit üben) und dann auch die sich daraus abzweigende ἐμπορία, d.h. die ursprünglich wohl sicher in commenda, dann auch ganz für eigene Rechnung erfolgende Befrachtung fremder Schiffe mit zusammengekauften oder kommissionsweise übernommenen Waren in den Seehandelsgebieten – übrigens stets mit Vorbehalten – für respektabel galt, da sie wesentlich diskontinuierliche Disposition über Kapitalbesitz war, nicht aber den Charakter des kontinuierlichen »Betriebes« an sich trug, ist natürlich keine Gegeninstanz. –
Die Staatswesen des Altertums, und gerade die »freien« Stadtstaaten, sind durchzogen von einer Fülle ständischer Differenzierungen der Bevölkerung und politisch bedingter Differenzierungen des Vermögens- (speziell des Boden- und des Erb-) Rechts, welche Quellen von Einnahmen aller Art, vor allem von Rentenbezügen, werden konnten und wurden. Zumal in den Demokratien – man denke an Athens Bürgerrechtspolitik – dominierte der kleinbürgerliche Renten- und »Nahrungs« standpunkt über alle anderen Interessen. Er wirkte, aus politischen Gründen, auch in den Monarchien, soweit nicht die dort allmächtigen fiskalischen Interessen ihn kreuzten. –
Die antike Agrargeschichte nun ist in ihrem Verlauf in die Peripetien der antiken Stadtgeschichte so eng verflochten, daß sie von ihnen isoliert kaum behandelt werden könnte. Namentlich sind uns nur ganz ausnahmsweise deutliche Nachrichten über die Verhältnisse derjenigen quantitativ ungeheuer überwiegenden Gebiete enthalten, welche nicht städtisch organisiert waren, und natürlich erst recht wenige über die in den städtischen Territorien der Stadt vorangehenden Zustände, vor allem fast keine solchen aus dem Munde der betreffenden Völker selbst. Die älteste jüdische Tradition, welche vor der städtischen Organisation der Nation redigiert sein muß, ist doch in einem Milieu entstanden, welches bereits eine Jahrhunderte alte Stadtkultur und Fremdherrschaft von Kulturvölkern erlebt hatte, und es bleibt ferner unfeststellbar, wie weit die nachweislich »ältesten« Partien später retouchiert sind. Für den Okzident, wo wir die Völker in weit primitiveren Stadien antreffen als die Aegypter und Babylonier, steht es dennoch kaum anders. Was z.B. eigentlich der »Gau« urwüchsig gewesen ist, welches die Sozialverfassung des »Dorfs« war, ehe die (später zu erwähnende) militärische Differenzierung begann, – dies ist aus den wenigen Notizen über die Verhältnisse dieser Institutionen in historischer Zeit, auch da, wo (wie etwa in Arkadien, Samnium, Persis) damals die Stadtverfassung fehlte, natürlich schon deshalb nicht zu erschließen, weil man nicht weiß, wie stark diese Zustände schon Produkt des Einflusses der unmittelbar benachbarten städtischen Gebiete sind. Vollends ist die Frage, in welche Zeit Institutionen wie z.B. die Phratrien, Phylen, Kurien, Tribus, endlich auch die »Geschlechter«, zurückreichen, offenbar nicht endgültig und zwingend zu erledigen: Denn dazu wäre eine eindeutige Antwort darauf nötig: ob speziell die (allgemein als besonders alt angesprochene »Phratrie« anderweit ethnographisch bekannten Typen sich einfügt oder nicht. Im letzteren Fall ist trotz aller gegenteiligen Erörterungen doch das Wahrscheinlichere, daß sie Produkt einer sekundären, militärisch bedingten, Entwicklung ist. – Von den Anschauungen, welche über den historischen Ausgangspunkt der antiken Sozialgeschichte