Wesley Chu

The Walking Dead: Taifun


Скачать книгу

Windläufer lernte. Sie alle mussten sich der unvermeidlichen Tatsache stellen, dass sie früher oder später fallen und sich dem Feind anschließen würden. Die Frage war nur, ob sie auf eine gute Weise sterben würden.

      Wie Windmeister Hengyen oft sagte: »Wenn ihr Zeit damit verschwendet, euch über die Rechnung zu streiten, werdet ihr sie am Ende beide bezahlen.«

      Bo stemmte sich mit dem Rücken gegen die Tür und verschränkte die Finger ineinander. Er warf einen Blick auf die heranschlurfenden jiāngshī und seufzte. »So passiert das in meinen Albträumen auch immer. Pass gut auf meine xiăomèi auf.«

      Zhu stellte sich auf Bos Hände. »Es tut mir leid.«

      Bo zuckte mit den Schultern. »Schneide ein Glied ab, um den Körper zu retten. Töte einen Mann, um das Team zu retten. Opfere die Armee, um die Revolution der Lebenden zu retten.« Ein weiterer Slogan.

      Als Zhu von Bo hochgestemmt wurde, ging die Tür auf und beide Männer fielen um sich tretend und mit den Armen rudernd ins Innere. Elena schlug die Tür hinter ihnen zu und verriegelte sie wieder.

      Sie beugte sich besorgt über die beiden. »Alles in Ordnung? Seid ihr gebissen worden?«

      Zhu, der quer über Bo lag, rutschte von ihm. Er musste lachen, als ihn die Erleichterung überkam. Bo setzte sich auf und stimmte in das Gelächter ein.

      »Ich hätte eh nicht durch das Fenster gepasst«, sagte Zhu.

      Bo kicherte. »Ich weiß. Ich dachte, sie würden sich an mir satt essen und dich vergessen.«

      Das Stöhnen der jiāngshī, die mit ihren Fingernägeln über die Tür kratzten, klang lauter, als ihr Gelächter nachließ.

      Elena half beiden auf. »Wo sind wir? Zhu, woher kennst du diesen Ort?«

      Er antwortete nicht, sondern sah sich im Raum um, damit seine Augen sich an die Dunkelheit gewöhnten. Sie waren in einer großen Autowerkstatt. Zhu glaubte, die Umrisse eines Traktors zu erkennen, der ohne Räder auf einer Hebebühne stand. An der gegenüberliegenden Wand entdeckte er einen alten Lieferwagen. Kisten voller Autozubehör stapelten sich an der Rückwand. Die Luft roch muffig, was gut war. Normalerweise bedeutete das, dass ein Raum nicht von außen zugänglich war. Und er roch auch keine Toten. Vielleicht hatten sie dieses Mal wirklich Glück.

      Das war der Ort, an den er sich erinnerte. Von früher …

      Doch heute hatte sein Windteam einen Volltreffer gelandet. Er lief zu einem Regal und wühlte sich durch den Inhalt: eine Kiste mit Kühlmitteln, Lichterketten und eine Schublade mit Elektrowerkzeug. Er riss einen Karton auf und hob die Faust. »Öldosen.«

      Elenas Miene hellte sich auf. »Für die gibt es Extrapunkte!«

      Sie teilten sich auf und durchsuchten den nasskalten Raum. Dabei mussten sie den Wert eines Gegenstands und sein Gewicht abwägen. Die Reise nach Hause würde zwei oder drei Tage in Anspruch nehmen, also durften sie nicht zu gierig sein. Zhu bat Bo, sich den Lieferwagen anzusehen. Autoteile wurden dringend benötigt, deshalb würden sie für die viele Punkte bekommen. Er sagte Elena, sie solle Öldosen einpacken und unbeschädigte Scheinwerfer, während er selbst Ersatzteile und Elektrowerkzeug einsteckte. Einer der Mechaniker im Lichtblick hatte um eine Lichtmaschine für Motorräder gebeten. Elenas Blick glitt suchend über die Kisten. Sie hoffte, irgendein Schriftzeichen zu finden, das wenigstens entfernt mit dem für »Motorrad« verwandt war.

      Zhu und Bo nahmen alles mit, was wertvoll war und sich tragen ließ. Einige Schätze wie eine Kiste voller Autobatterien und einige volle Benzinkanister mussten sie jedoch wegen der Größe und des Gewichts stehen lassen. Seit das Stromnetz nicht mehr funktionierte, gab es eine große Nachfrage nach allem, mit dem sich Energie gewinnen ließ, doch die Kanister und Batterien konnten sie nicht bis zum Lichtblick tragen. Sie waren viel zu schwer. Andere Dinge, zum Beispiel Öldosen und Schraubenzieher, waren ihr Gewicht in Gold wert. Nicht dass Gold noch etwas wert gewesen wäre.

      Der Motor des Lieferwagens auf der anderen Seite der Werkstatt hustete einige Male und sprang an. Bo kletterte vom Fahrersitz und schloss triumphierend die Motorhaube. »Xiăodì, das Ding läuft noch. Ich habe nur eine neue Batterie eingesetzt. Es wäre eine Schande, den Motor auseinanderzunehmen. Können wir den nicht beladen und damit nach Hause fahren?«

      Zhu schüttelte den Kopf. »Das ist Wunschdenken. Wir würden damit nicht durch den Strom der jiāngshī kommen. Nimm nur mit, was du tragen kannst.«

      Bos Miene verdunkelte sich. »Na gut.« Er schaltete den Motor ab und verschwand hinter dem Lieferwagen.

      Zhu wollte gerade nach Elena sehen, als ein Schrei durch die Werkstatt gellte. Eines der Metallregale, die die Werkstatt unterteilten, fiel um und verteilte seinen Inhalt auf dem Boden. Bos Taschenlampe rollte durch die Werkstatt und ihr Lichtkegel zuckte über die Wände.

      Zhu richtete seine Taschenlampe auf die Quelle des Lärms. Bo war es irgendwie gelungen, gegen ein Regal zu laufen und es umzuwerfen. Nun saß er auf dem Hintern in einem der Zwischenräume und seine Füße zappelten in der Luft. Zhu blieb das Lachen jedoch im Hals stecken, als sich etwas knapp hinter Bo bewegte.

      Gutturales Stöhnen hallte durch die Werkstatt. Die Laderaumtüren des Lieferwagens schwangen auf und ein Strom jiāngshī ergoss sich auf den Boden wie Lemminge, die von einer Klippe sprangen. Ihre schwarzen Helme und die kegelförmigen Hüte verrieten, dass es sich um Polizisten und Bauern handelte.

      Ein in Kampfausrüstung gehüllter jiāngshī würde mit ihren primitiven Waffen nur schwer zu besiegen sein.

      Ein schon seit Langem toter Polizist und ein jiāngshī, der eine Lederschürze trug, kamen vom Boden hoch und schlurften auf Bo zu. Der Tritt des großen Mannes warf den Polizisten zurück, doch der Schürzenträger fiel auf ihn. Bo gelang es, ihn am Hals zu packen, sodass der jiāngshī ihn nicht beißen konnte, doch dessen Fingernägel gruben sich in sein Gesicht.

      Zhu griff rasch nach seinem mit Beute gefüllten Seesack und eilte zu seinem Freund. Elena erreichte ihn zuerst. Sie holte mit ihrem Speer aus und stieß ihn dem jiāngshī in den Hinterkopf. Zhu kam einen Moment später dazu und erledigte mit seiner Machete routiniert zwei Tote, während Elena Bo aufhalf. Er erstach eine jiāngshī, die ein Kleid trug, wäre aber beinahe über einen umgefallenen Stapel Reifen gestolpert.

      Elena und Bo zogen sich zur Tür zurück. Immer mehr jiāngshī versammelten sich in der Werkstatt.

      »Nein«, schrie Zhu. »Wir können nicht zurück in die Gasse.«

      Elena fuhr hektisch herum. »Anders kommen wir hier nicht raus.«

      Das stimmte. Abgesehen von der Werkstatttür gab es nur noch einen Ausgang in der gegenüberliegenden Wand, doch um den zu erreichen, hätten sie sich durch den ganzen Raum kämpfen müssen. Erneut knirschte Metall und ein weiteres Regal fiel um, dann schob sich die jiāngshī-Menge auch schon auf sie zu. Eines der Regale landete auf dem Traktor und drückte ihn von der Hebebühne. Er zerquetschte einige jiāngshī.

      Zhu sah nach oben. Unter der Decke gab es eine Reihe schmaler Fenster. Er zeigte darauf. »Da hoch. Wir klettern.«

      Er erstach einen jiāngshī, der Mechanikerkleidung trug, und rüttelte dann an dem Regal, das an dem Traktor lehnte.

      Er kletterte schnell hinauf und benutzte die Metallböden als Leiter. Einige Arme griffen durch die Öffnung nach seinem Bein. Ein kahlköpfiger jiāngshī, der als Großmutter Maribelles Ehemann hätte durchgehen können, biss in seinen Schuh. Zhu versuchte, den Großvater abzuschütteln, doch der ließ nicht locker, sondern knurrte wie ein Chongqing Dog. Dieser hatte Zähne und nagte sich rasch durch den Turnschuh. Zhu gab auf, zog den Fuß zurück und überließ dem Großvater den Schuh. Er kam an der Oberseite des Regals an und winkte den anderen zu. »Beeilt euch!«

      Elena gelangte als Erste zu ihm. Sie starrte auf die Lücke zwischen dem umgefallenen Regal und dem, das noch an der Wand unter den Fenstern stand. Sie schüttelte den Kopf. »Das schaffe ich nicht.«

      Zhu